Was können wir gegen den Hass von Rechts tun? Mit diesem Thema beschäftigte sich das Barcamp Frauen in Berlin und sprach darüber auch mit der Publizistin Carolin Emcke.
Was tun gegen Hass?
Das „Barcamp Frauen“ bringt seit sieben Jahren jedes Frühjahr Menschen zusammen, die in einem selbstgestalteten Konferenzprogramm über vielfältige feministische Fragestellungen nachdenken. Thematisch hatte das ehrenamtliche Organisationsteam, das von der Friedrich-Ebert-Stiftung unterstützt wird, in diesem Jahr den Vormarsch der Rechtspopulisten in Europa in den Fokus gestellt, um gemeinsam über Strategien gegen Rechts zu diskutieren. Etwa 300 Teilnehmerinnen und Teilnehmer kamen am vergangenen Samstag in die Berliner Kalkscheune. Neben vielen Workshops war auch die Publizistin Carolin Emcke beim Barcamp für einen Talk zu Gast. Die Journalistin hat im vergangenen Jahr den Friedenspreis des deutschen Buchhandels erhalten und zuletzt das Buch „Gegen den Hass“ veröffentlicht. Mit den Gästen des Barcamps sprach Emcke über den Anstieg von Hass und möglichen Gegenstrategien, denn dieses Thema treibt aktuell insbesondere Frauen um, die sehr viel seltener Rechtspopulisten wählen, überdurchschnittlich häufig in der Hilfe für Geflüchtete engagiert sind und Angriffen im Netz besonders häufig ausgesetzt sind. Aus Carolin Emckes Sicht hat es Hass in der BRD schon immer gegeben, die neue Qualität mache sie an der neu hinzugekommenen „Schamlosigkeit“ fest, mit der Hassreden aktuell verbreitet würden.
Als eine der zentralen Gegenstrategien erklärte Emcke vor allem die Solidarität über die eigene soziale Gruppe hinaus: Heterosexuelle Menschen müssten für die Rechte homosexueller Menschen einstehen, Nicht-Muslime sich gegen die Diskriminierung von Musliminnen und Muslimen einsetzen. Zudem sei es wichtig, die Herabsetzung anderer anzuerkennen und nicht kleinzureden oder zu verschweigen. Deutlich machte sie das am Beispiel Frauenfeindlichkeit, indem sie sagte: „Frauenfeindlichkeit ist nicht nur Hate-Speech, sondern auch zu sagen: ,Es gibt ja gar keine Diskriminierung mehr.‘“
Carolin Emcke erklärte die Aufmerksamkeit für Rechtspopulisten damit, dass der aktuelle Diskurs ihnen sehr viel Raum zugestehe und beispielsweise der Begriff der „Sorge“ als „Schutzschild für Rassismus“ benutzt würde. Beim Rassismus jedoch gäbe es oft nichts zu „versachlichen oder erklären“, denn manche Menschen seien einfach rassistisch.
Eigene Themen statt Reaktionen auf Rechte
Emcke plädierte dafür, den öffentlichen Diskurs aktiv zu gestalten: „Wir müssen unsere eigenen Fragen stellen und nicht nur auf das reagieren, was die Rechten von sich geben.” Die Strategie der Rechtspopulisten und auch Hate-Speech im Internet sind aus Sicht der Autorin darauf ausgerichtet, anderen Menschen die Energie zu rauben, sie würden außerdem von eine „Engführung der Wirklichkeit“ leben. Wer also etwas gegen den Rechtsruck tun wolle, müsse eine Vielfalt von Narrativen entwickeln und darüber nachdenken, worüber man eigentlich selbst sprechen wolle.
Damit das gelinge, bräuchte es wieder mehr Räume, in denen demokratische Willensbildung stattfinden und angstfrei gesprochen werden könne. Emcke kritisierte dabei deutlich die Talkshows im deutschen Fernsehen, bei denen sie keine Absicht erkennen könnte, sich mit gesellschaftliche Themen auseinanderzusetzen und Lösungen zu entwickeln. Ihr Appell an die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Barcamps lautete, Orte wie diese Veranstaltung zu nutzen und nicht zu denken, man tue zu wenig oder könne nichts verändern: „Nur weil die anderen laut sind, sind sie nicht mehr.“
Carolin Emcke ist mit ihrem Buch „Gegen den Hass“ weiterhin auf Lesetour. Lesungstermine findet ihr auf der Website des S. Fischer Verlags. In Berlin liest sie das nächste Mal am 5. April in der Böll-Stiftung.
Wenn ihr euch mehr Eindrücke über das Barcamp Frauen verschaffen wollt, könnt ihr hier die Fotos der diesjährigen Veranstaltung sehen und euch mit dem Team auf Facebook vernetzen, um über den nächsten Termin informiert zu werden.
Ein voller Workshop-Raum beim Barcamp Frauen. Dort werden Themen wie Sexarbeit, Pränataldiagnostik, Antisemitismus und all die anderen Themen, die Teilnehmer_innen selbst für das Programm vorschlagen aus feministischer Perspektive diskutiert. (Foto: Anne Koch)
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