Mit „Straight“ kommt das zweite Magazin auf den deutschen Markt, dass sich explizit an lesbische und queere Frauen richtet. Wir haben mit Mitgründerin Felicia Mutterer gesprochen.
Straight: für frauenliebende Frauen
Was interessiert lesbische Frauen und
was kann man tun, um sie sichtbarer zu machen? Das hat sich Felicia Mutterer
gefragt und mit ihrem Team von Tchakabum das Magazin Straight konzipiert, das am
22. Juli mit seiner ersten Ausgabe erscheint.
Warum das Magazin erst das zweite
auf dem deutschen Markt ist, das sich explizit an lesbische und queere Frauen richtet,
welche Themenschwerpunkte sie setzen, was in der aktuellen Debatte um die Ehe für alle schief
läuft und warum sie für die Frauenquote ist, hat uns Felicia erzählt.
Felicia, du hattest die Idee zu Straight.
Mit dem Magazin wollt ihr lesbische Frauen sichtbarer machen und eine
Identifikationsfläche schaffen. Wie wollt ihr das erreichen?
„Unser Schwerpunkt sind frauenliebende Frauen. Wir reden über ihren Sex, ihre Beziehungen und tauchen in
die Eigenheiten der Community ein. Wie läuft die Partnerinnensuche auf einem engen
Markt? Dazu nur ein Wort: ‚Verstrickung’. Natürlich können und wollen wir auch
ernsthaft und sprechen gesellschaftspolitische Herausforderungen an. In der
ersten Ausgabe geht es etwa darum, wie eine lesbische CDU-Politikerin mit ihrer
Partei klarkommt in Bezug auf die Ehe für alle oder wie Frauen mit ihrer
Homosexualität am Arbeitsplatz umgehen. Immerhin geht fast jede Zweite im
Berufsleben verschlossen damit um. Außerdem wollen wir mit unserem Layout und
unseren Bildern Frauen selbstbewusst und schön – wie sie sind – zeigen. Ein
ansprechendes Design und die dazugehörigen Fotos sind uns sehr wichtig.“
Welche Themen wird man bei euch auf
keinen Fall finden?
„Wir sind beweglich und offen.
Grundsätzlich sehe ich bei uns aber keinen Platz für Partybilder von gröhlenden
Frauen in Ballermannmanier und Beziehungsgeschichten zwischen Mann und Frau
ohne einen frauenliebenden Bezug.“
Unterscheiden sich die Interessen
von lesbischen und heterosexuellen Frauen? Ich würde erst einmal
denken, dass das nicht so ist.
„Frauen sind nicht so oder so, weil sie
Männer oder Frauen lieben. Viele Interessen sind die gleichen, da stimme ich dir zu. Aber es gibt eben auch Unterschiede in bestimmten Bereichen. Nehmen wir zum
Beispiel Beziehungs- und Sexthemen. Da ergeben sich für frauenliebende Frauen zum
Teil vollkommen andere Fragen, wie etwa zum Kinderwunsch. Hinzu kommt, dass frauenliebende
Frauen rechtlich als auch gesellschaftlich noch nicht die
Selbstverständlichkeit erreicht haben wie heterosexuelle Frauen. Für Männer
sexuell nicht erreichbar zu sein bringt nicht selten weitere Spannungsverhältnisse mit sich.“
Straight: So sieht das Cover der ersten Ausgabe aus.
Warum gibt es ein vielseitigeres
Magazinangebot für homosexuelle Männer als für homosexuelle Frauen?
„Schwule Männer sind erstens Männer,
gehören also zum bislang dominierenden Geschlecht. Zweitens sind sie als Zielgruppe
lukrativ, weil sie nachweislich mehr Geld zur Verfügung haben und
drittens sind sie sendungsbewusst und bereits selbstbewusster als
frauenliebende Frauen. Da können sich Frauen ein bisschen was abschauen.“
In der ersten Ausgabe wird auch das Thema
Ehe für alle behandelt. Wie nimmst du die öffentliche Diskussion darüber wahr?
„Mich erstaunen und erschrecken
Aussagen, die ein Lebensmodell als minderwertig erachten. Mich stört dabei die
offenkundige Arroganz in der Haltung, wie zum Beispiel von der CDU-Politikerin Erika Steinbach, die
einfach mal twittert: ‚allen militanten Homoaktivisten: Die Welt besteht nicht
nur aus ihrer Meinung! Meinungsfreiheit gilt für alle!’ Meines Erachtens haben
sie und andere hochmütige Menschen nicht verstanden, dass es hier um
Menschenrechte und Akzeptanz geht. Menschen, die gleichgeschlechtlich begehren,
haben keine Phase, keine Wahl und oft Identitätsfindungsprozesse hinter sich –
und Selbstverständlichkeit bedeutet für sie einen Segen, eine Erleichterung. Was
ich aber noch schlimmer finde: Dass es auf dieser Welt noch immer Ländern gibt,
in denen Homosexualität unter Strafe steht, sogar unter Todesstrafe. Das macht
mich traurig.“
Wie du bereits angesprochen hast, geht
es auch um lesbische Frauen am Arbeitsplatz. Was sind denn die größten Probleme
für sie in der gängigen, heteronorm geprägten Unternehmenskultur?
„Unternehmenskultur ist heteronorm, ja,
vor allem männlich geprägt. Für frauenliebende Frauen kann das in doppelter
Hinsicht zur Herausforderung werden: als weibliche Kollegin und als Lesbe. Da
gibt es unter Umständen noch die Stigmatisierung oben drauf.“
Was kann ein Unternehmen tun, um zu
einer Veränderung beizutragen?
„Viele Unternehmen engagieren sich in
ihren Diversityprojekten, zeigen sich als gayfreundlich, beispielsweise bei der
Sticks & Stones, der Karrieremesse für Schwule und Lesben. Da passiert schon
einiges. Wichtig ist: Klare Kante gegen homophobe Äußerungen im Unternehmen
zeigen, in der Führungsetage auf chauvinistische Sprüche verzichten und mehr
Frauen in Führungspositionen. Ich bin eine Befürworterin der Frauenquote.“
Es wird ja oft gesagt, dass für
die Gay-Community nun wirklich schon wahnsinnig viel erreicht ist und es kaum
mehr Vorbehalte und rechtliche Nachteile gibt. Was sagst du dazu?
„Ja, das stimmt. Wir sind schon weiter
als vor zehn Jahren, die Offenheit und die Selbstverständlichkeit sind gewachsen.
In Berlin oder Köln ist es scheinbar easy schwul oder lesbisch zu leben, da
kann man in den meisten Bezirken Händchen haltend durch die Straßen laufen. Dennoch
fürchte ich, dass es manchmal fast mehr ‚chic’ geworden ist, sich als
homo-tolerant zu geben, als dass es wirklich akzeptiert ist. Auch in Berlin
gibt es Übergriffe auf Homos. Und im ländlicheren Raum wird Homosexualität zwar
tolerant behandelt, aber es haftet eben auch immer dieses Stigma samt Klischee
an. Dabei ist es ganz wunderbar eine Frau zu lieben.“
Und zu guter Letzt: Welches Klischee
willst du über lesbische Frauen bitte nie wieder hören?
„Da muss was mit einem Mann schief
gelaufen sein.“
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