Fashion und Feminismus – zwei Dinge, die im klassischen Sinne nicht unbedingt zusammenpassen. Als Fashionbunny befinde ich mich schon lange im Zwiespalt und bin hin- und hergerissen zwischen meinen Ideologien auf der einen und meinen modischen Interessen auf der anderen Seite. Doch was passiert, wenn Feminismus plötzlich zum Trend wird und als Fashion Item plötzlich wie ein Pilz aus dem Boden schießt?
Ich weiß, dass Mode im klassischen Sinn nur selten etwas mit feministischen Überzeugungen zu tun hat. Ich weiß auch, dass fast alles, was ich in der Modewelt vergöttere, eigentlich meinem Kopf als Feministin widerspricht: Ich vergöttere Supermodels und verbringe nach dem Motto “Dolce far niente” endlos Zeit damit, mit einem Drink in der Hand meine Sammlung von Modebildbänden nach Fotos von Naomi, Claudia sowie Linda zu durchforsten und bekomme Herzrasen, wenn ich bisher unbekannte Aufnahmen von Kate Moss entdecke. Dabei ist mir völlig klar, welches falsche Ideal mit diesen Fotos verbunden ist: ewig jung aussehende, extrem schlanke Frauen, die weit davon entfernt sind, dem Durchschnitt zu entsprechen – eben zu schön und zu reich, um wahr zu sein. Ein Bild, dass in Modemagazinen propagiert, aber gleichzeitig nur von sehr wenigen erreicht wird. Ich bin auch überzeugt davon, dass diese Bilder (jungen) Frauen nicht gut tun. Immer wieder erwische ich mich dabei, über mehr Sport und weniger Süßkram nachzudenken und trauere der Zeit hinterher, in der ich mit exzessivem Tanztraining Modelmaße hatte. In diesen Momenten ist mein Selbstbewusstsein trotz aller Inspiration von #BodyPositivity genauso schnell futsch wie eben jene Modelmaße, nachdem ich mein Studium begonnen und mit dem Tanzen aufgehört habe.
Plötzlich ist Feminismus en vogue
Nun nehme ich seit einigen Monaten wahr, dass Feminismus im Mainstream der Mode angekommen ist. Auf dem Titel der Harper’s Bazaar Deutschland trägt Jennifer Lawrence ein weißes Shirt mit der Aufschrift “We should all be feminists” und die Chefredakteurin Kerstin Schneider freut sich auf das Empowerment der neuen Damenmode, welches sich durch “breitschultrige Silhouetten” bemerkbar macht. Auf der Straße sieht man immer häufiger Frauen mit feministischen Botschaften auf ihren Shirts und das Venussymbol wird als Tattootrend auserkoren.
Doch wie feministisch kann ein Modetrend sein, der kapitalistisch geprägt ist? Wie feministisch ist ein Shirt, das #BodyPositivity absolut zurecht propagiert, wenn es nachweislich in Sweatshops in Bangladesh hergestellt wurde und von Models beworben wird, die der weißen heteronormativen Norm entsprechen? Denn seien wir ehrlich, glänzende, gelackte Lippenstiftfarben sind nicht plötzlich wieder im Kommen, weil sie weibliche Macht und Stärke suggerieren, sondern weil ein neuer Trend her muss. Nachdem in den letzten Jahren matte Lippenstifte absoluter Trend waren, muss nun ein neues Bedürfnis her, damit wir uns neue Lippenstifte kaufen, die glänzen wie ein eingeöltes Hähnchen. Hier geht es schlichtweg nicht um Frauenpower, sondern um Gewinnorientierung durch neue Trends.
Empowerment bitte nur bis Größe 40
Nun ist auch das britische Label Karen Millen auf dem Feminismuszug aufgesprungen und wirbt mit der Kampagne #womenwhocan für starke Persönlichkeiten, die durch Ehrgeiz und geballte Frauenpower alles erreichen können. Um das scheinbar mühelos zu schaffen, gibt es auch ultimative Tipps für die Karriereoptimierung: “When your hair, make up, nails and lashes are done, you feel like you can do everything.” Klingt doch alles ganz einfach! Man hübscht sich auf, malt sich ein Gesicht und die Nägel an und schon kann man alles erreichen. Würde man hier einen Mann beraten, ginge es wahrscheinlich lediglich um die Bitte ein Deo zu benutzen und ein frisches Hemd zu tragen. Niemand käme auf die Idee, einen Mann mit möglichst hübschen Dingen zu auszustatten, um ihm mehr Selbstbewusstsein zum geben. Wir Frauen sind es, denen permanent eingeredet wird, dass sie größer, dünner, sportlicher, blonder oder was auch immer sein müssen, um erfolgreich, schön und akzeptiert zu werden.
Hinzu kommt an dieser Stelle noch, dass Karen Millen eine etwas “alternative” Zuordnung der Konfektionsgrößen hat. Laut Etikett gibt es die Kleider dort in den Größen 34 bis 44. Betritt man allerdings ein Geschäft des Labels, so wird man von der Verkäuferinnen schneller auf die “schmalen Schnitte” hingewiesen, als man das erste Kleid anfassen konnte. Weiter erfährt man, dass die Kleidung nunmal klein geschneidert sei, so dass man ein Teil grundsätzlich lieber zwei Größen größer mit in die Umkleidekabine nehmen sollte. Das heißt also einerseits, dass ein Kleid in Größe 34 den Maßen der Konfektionsgröße 30 (ja, richtig gelesen!) entspricht. Dementsprechend ist die 44 in Wahrheit eine 40 und an dieser Stelle hat man auch schon das Ende der Fahnenstange erreicht. Denn hat eine Frau etwas mehr als diese Maße auf den Rippen, wird sie in diesem Geschäft nicht fündig und wird kein einziges Teil finden, in das sie hineinpasst.
Für mich sieht das also wie folgt aus: Ich trage bei einer Größe von 1,78m Konfektionsgröße 40. Beim Betreten der Geschäfte werde ich immer darauf hingewiesen, dass ich mit meiner Figur für die Kleidung etwas zu “füllig” sein könnte. Ich solle also am besten Größe 44 probieren und schauen, ob es “vielleicht doch” passt. Mein Glück ist dann immer, dass die Kleider so gut sitzen, dass ich aussehe wie eine in Seide gehüllte Göttin. Zumindest fühle ich mich so, wenn mein kurviger Hintern in schmale Etuikleider verpackt ist. Aber abgesehen davon, dass ich diese Kleider liebe, ist die Botschaft fatal. Man wirbt mit “Empowerment”, was aber bei einer absoluten Durchschnittsgröße aufhört. Botschaft: Du darfst erfolgreich sein, aber bitte nur in dünn.
Diese Botschaft ist arrogant, gefährlich und verdient keinen Cent.