Was verstehen wir unter dem „Patriarchat“? Wofür steht nochmal „LGBTQIA*“? Was bedeutet eigentlich „heteronormativ“? Und was steckt hinter dem Begriff „Ableismus“? – In unserem Feminismus-Glossar erklären und definieren wir Begriffe rund um Gleichberechtigung.
Ein Ziel des Feminismus ist es, Barrieren abzubauen und Brücken zu bilden. Dazu wollen wir mit unserem Glossar einen kleinen Beitrag leisten. Die hier gesammelten Begriffe spielen eine zentrale Rolle in der Diskussion über gesellschaftliche Vielfalt und Gerechtigkeit, sind jedoch nicht allen Menschen gleichermaßen vertraut. Das Glossar ist außerdem eine Einladung an alle, sich mit feministischen Begriffen auseinanderzusetzen, die Ausgrenzung und Diskriminierung benennen und zugleich ein Instrument sind, gegen sie anzukämpfen.
[Ableismus] Der Begriff setzt sich zusammen aus dem englischen Wort „able“ (deutsch: fähig) und „ismus“ (wie in Sexismus). Ableismus bezeichnet die strukturelle Diskriminierung und Abwertung behinderter und/oder chronisch kranker Menschen. Ableismus ist Teil von Behindertenfeindlichkeit, bezieht sich aber auch auf die Strukturen und Denkweisen dahinter.
[agender/ageschlechtlich] Menschen, die agender/ageschlechtlich sind, haben kein Geschlecht oder fühlen sich keinem Geschlecht zugehörig.
[Ally] Personen, die marginalisierte und diskriminierte Menschen oder Gruppen aktiv unterstützen, ohne Teil der jeweiligen Gruppe zu sein und sich für deren Belange einsetzen.
[anti-emanzipatorisch/Antifeminismus] Antifeministisch oder anti-emanzipatorisch sind soziale Bewegungen oder gesellschaftliche Strömungen, die sich organisiert gegen Feminismus stellen. Antifeminismus richtet sich gegen feministische Anliegen und lehnt die Gleichstellung der Geschlechter sowie Sichtbarkeit, Anerkennung und Selbstbestimmung von Frauen und marginalisierten Gruppen ab. „Bei Antifeminismus geht es nicht um banale Meinungsverschiedenheiten oder unterschiedliche Weltanschauungen. Vielmehr geht es um Diskursverschiebung hin zu Menschenfeindlichkeiten und gewaltvollen Aussagen, die letztlich bestimmte Menschengruppen abwerten“, schreibt das Gunda-Werner-Institut über das Phänomen. Antifeminismus könne in zugespitzter Form außerdem den Weg für Gewalttaten und Hassverbrechen ebnen und habe ein beachtliches Radikalisierungspotenzial, online wie analog.
[Anti-muslimischer Rassismus] ist eine Form des Rassismus, die sich spezifisch gegen Muslim*innen richtet und gegen Menschen, die als Muslim*innen wahrgenommen werden, wie beispielsweise Menschen, die auch mit Begriffen wie „Araber*in“, „Türk*in“, „Migrant*in“ und „Ausländer*in“ bedacht werden. Teilweise wird diese Art von Diskriminierung auch Islamophobie genannt, allerdings ist „Phobie“ ein medizinischer Begriff für Furcht und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit geht weit über Angst hinaus.
[Antirassismus] beschreibt Ansätze und Aktionen, die zum Ziel haben, rassistische Strukturen und Verhältnisse zu bekämpfen oder zu beseitigen.
[Antisemitismus] bezeichnet verschiedene Formen von Judenhass oder Judenfeindlichkeit, der von der Antike bis in die Gegenwart reicht. Genauer gesagt ist Antisemitismus die Zuschreibung von Eigenschaften und Stereotypen, die über das faktische Jüdischsein hinausgehen, eine Weltanschauung, die die Existenz von Juden*Jüdinnen als Ursache aller Probleme darstellt. Im Gegensatz zu Rassismus konstruiert Antisemitismus sein Feindbild nicht nur als unterlegen oder minderwertig, sondern auch als übermächtig und überzivilisiert. Der Zentralrat der Juden in Deutschland empfiehlt die Definition von Antisemitismus der Internationalen Allianz zum Holocaustgedenken (IHRA): „Antisemitismus ist eine bestimmte Wahrnehmung von Jüdinnen und Juden, die sich als Hass gegenüber Jüdinnen und Juden ausdrücken kann. Der Antisemitismus richtet sich in Wort oder Tat gegen jüdische oder nichtjüdische Einzelpersonen und/oder deren Eigentum sowie gegen jüdische Gemeindeinstitutionen oder religiöse Einrichtungen.“ Die Bundesregierung orientiert sich außerdem an folgender Erweiterung: „Darüber hinaus kann auch der Staat Israel, der dabei als jüdisches Kollektiv verstanden wird, Ziel solcher Angriffe sein.“
[Autoritär] Totalitär und diktatorisch. Autoritäre Menschen zeichnen sich durch ein starkes Überlegenheitsgefühl, einen überzogenen Machtanspruch und aktives Unterwerfen von Schwächeren aus und fördern Unfreiheit und Intoleranz. Autoritäre Regime sind antidemokratisch und schränken die politische Teilhabe und Interessenvielfalt ein.
[BIPoC/Person of Color] Das Akronym aus dem Englischen steht für Black, Indigenous, People of Color – eine politische Selbstbezeichnung für Schwarze, indigene und nicht-weiße Menschen. Der Begriff BIPoC entstand aus dem Widerstand gegen diskriminierende Fremdbezeichnungen und ist ein Symbol für den Kampf gegen Unterdrückung und das Streben nach Gleichberechtigung. Manche Schwarzen und indigenen Menschen lehnen die kollektive Bezeichnung ab, da sich ihr soziokultureller und ökonomischer geschichtlicher Hintergrund – der von Kolonialismus, Sklaverei sowie von Rassismus geprägt ist – von dem anderer nicht weißer Menschen bzw. von Menschen of Color unterscheidet.
[Binarität/binär] Binär ist ein System, das zweiteilig ist – also in dem es nur zwei Zustände gibt. Die Binarität beschreibt im Kontext von Geschlecht die Zweigeschlechtlichkeit – die Annahme, dass es nur die zwei Geschlechter, Mann und Frau, gibt und dass diese eindeutig voneinander zu trennen sind.
[Care-Arbeit, auch Sorgearbeit genannt] Care-Arbeit beschreibt unbezahlte Tätigkeiten des Sich-Kümmerns. Dazu zählen Kinderbetreuung und Altenpflege, familiäre Unterstützung, häusliche Pflege und Hilfe unter Freund*innen. Historisch und bis heute wird diese Arbeit übermäßig von Frauen geleistet, und zwar gesellschaftlich als notwendig angesehen, aber trotzdem nicht bezahlt und als Selbstverständlichkeit gefordert. Im globalen Norden wird diese Arbeit heute immer mehr auf Frauen of Color verteilt.
[cis/trans] Das lateinische Präfix „cis-“ kann mit „diesseits“ übersetzt werden. Es ist das Antonym von „trans-“, das so viel heißt wie „über“. Als trans bezeichnen sich Menschen, deren Geschlechtsidentität – im Gegensatz zu cis Menschen – nicht mit dem bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht übereinstimmt. „Cis“ wird genutzt, um dem Begriff „trans“ etwas gegenüberstellen zu können und damit zu vermeiden, dass heteronormativ lebende, cisgeschlechtliche Menschen als „Normalfall“ konstruiert werden. Sowohl cis als auch trans werden als Adjektiv benutzt, korrekt wäre also: trans Frau und nicht Transfrau.
[Colorism/light-skinned, dark-skinned] „Colorism ist eine rassistisch geprägte Körperpolitik. Sie bewertet Körper gemessen an einer erfundenen, idealisierten und durchgesetzten weißen Norm und platziert sie in einer Hierarchie. Colorism wirkt als Wertesystem, in dem Hellsein höher bewertet und gesellschaftlich belohnt wird. Helle Hautschattierung gilt als wünschenswert und schön. Eine dunkle Schattierung gilt als hässlich“, erklärt die Schwarze Wissenschaftlerin Maischa-Maureen Auma in diesem EDITION F Interview. Oft werden die Begriffe light-skinned und dark-skinned benutzt für Personen mit jeweils hellerer oder dunklerer Hautschattierung. Wann eine Person als light-skinned oder dark-skinned gilt, ist immer vom Kontext abhängig. Dark-skinned Schwarze Menschen sind aufgrund von Colorism also noch stärker von Rassismus betroffen und medial weit weniger sichtbar als light-skinned Schwarze Personen. Colorism kommt nicht nur in Bezug auf Schwarze Personen vor, sondern bspw. auch bei Menschen mit dunkleren oder helleren Hauttönen in Südasien oder im arabischen Raum.
[Deadname] Wenn trans Personen sich einen neuen Namen geben, legen sie ihren alten Namen, der ihnen meist bei der Geburt gegeben wurde, ab. Mit dem Deadname, dem abgelegten Namen, angesprochen zu werden, ist für viele trans Personen sehr verletzend. Das Deadnaming oder Deadnamen passiert manchmal unabsichtlich, wird aber auch absichtlich als eine Form der Gewalt verwendet, wenn jemand den Namen und das Geschlecht einer Person nicht anerkennt.
[Diaspora] Der Begriff kommt aus dem Griechischen und bedeutet eigentlich Zerstreuung. „Diaspora“ beschreibt eine Gruppe von Menschen, die ihre Heimat unfreiwillig verließ, über mehrere Orte verstreut wurde und in dem Gebiet dann als Minderheit lebt. Ursprünglich bezog sich der Begriff vor allem auf die jüdische Diaspora. Mittlerweile wird der Begriff immer häufiger verwendet für migrantische Menschen und ihre Nachfahren, die sich durch eine gemeinsame Nationalität, ethnische Zugehörigkeit, Religion oder Kultur verbunden fühlen.
[Emanzipation/emanzipiert] Der Begriff wird grundsätzlich genutzt, um Personen und Gruppen zu beschreiben, die sich aus der Unterdrückung befreien. Die Feministische Emanzipation wird als Befreiungskampf vom Patriarchat verstanden. Der Begriff war besonders relevant während der zweiten Welle des Feminismus. Die Emanzipation zeigte sich dort durch die Schaffung der Unabhängigkeit vom Ehemann und der gesellschaftlichen Normen zur Rolle der Frau.
[Femizid] Der Begriff Femizid wurde von der feministischen Aktivistin und Soziologin Diana E. H. Russell entwickelt. Sie definierte Femizid als die Tötung weiblicher Personen aufgrund ihres Geschlechts, wobei Männer die Täter sind. Russell bezieht sich dabei auf die Tötung weiblicher Personen, die auf misogyne Einstellungen oder sexistische Erwartungen der Täter zurückzuführen ist – Tötungen also, bei denen das Geschlecht der Opfer nicht zufällig weiblich ist. In einigen Ländern gibt es eigene Strafbestände für Femizide.
[FLINTA] Das Akronym steht für: Frauen, Lesben, inter, nicht-binäre, trans und agender Personen, also Menschen, die in einer patriarchalen, heteronormativen Gesellschaft aufgrund ihrer geschlechtlichen Identität diskriminiert werden. Obwohl „Lesbe“ keine Geschlechtsidentität ist, wird der Begriff aufgezählt, um die feministischen Errungenschaften lesbischer Frauen sichtbar zu machen. „Lesbisch“ wird zwar in erster Linie als sexuelle Orientierung und nicht als Geschlecht betrachtet, allerdings gibt es auch hier Ausnahmen. Manche verstehen sich beispielsweise als nicht-binär und lesbisch, andere sagen, dass das Leben als Frau stark durch die Beziehung zu Männern geprägt wird und sich Lesbisch-Sein deshalb für sie wie etwas anderes als Frau-Sein anfühlt. Das ist ein gutes Beispiel dafür, dass sexuelle Orientierung und Geschlecht einen Bezug zueinander haben können.
[Gender, Geschlechtsidentität] Die englische Sprache unterscheidet das biologische Geschlecht („sex“) vom sozialen Geschlecht („gender“). Für den Begriff Gender gibt es keine exakte deutsche Übersetzung, weshalb es als Lehnwort in den deutschen Sprachgebrauch aufgenommen wurde. Gender beschreibt in der Wissenschaft das sozial konstruierte Geschlecht, das sich in gesellschaftlich geprägten und individuell erlernten Geschlechterrollen zeigt und zu dem anerzogene Verhaltensweisen sowie soziale Konventionen gehören. Auf einer aktivistischen und persönlichen Ebene meint Gender die Geschlechtsidentität einer Person. Das Wort Geschlechtsidentität beschreibt die individuelle, persönliche Vorstellung des eigenen Geschlechts und der eigenen Geschlechterrolle.
[heteronormativ] Das Konzept der Heteronormativität kritisiert die gesellschaftliche Zweigeschlechterordnung und Entsprechung einer gesellschaftlichen Norm, in der die romantische Beziehung zwischen Mann und Frau als Regelfall dargestellt wird. Kritisiert werden dabei auch die Macht, die davon gegenüber anderen Geschlechtsidentitäten ausgeht, und die damit verbundenen Privilegien.
[Inklusion] Inklusion hat die gesellschaftliche Akzeptanz und gleichberechtigte Teilhabe in allen Lebensbereichen für alle Individuen zum Ziel. Bei Inklusion geht es um mehr als um die Integration von Menschen in eine bestehende Umwelt. Bei Inklusion soll sich niemand verändern müssen, um „hineinzupassen“. Inklusion geht von den Bedürfnissen des einzelnen Menschen aus und meint die barrierefreie Anpassung der jeweiligen Umgebung an die Person.
[inter, intergeschlechtlich] Intergeschlechtliche/inter Personen haben Merkmale beider binären Geschlechter (Mann und Frau), was sowohl durch sekundäre Geschlechtsmerkmale wie Muskelmasse als auch durch primäre Geschlechtsmerkmale wie die Geschlechtsorgane zum Ausdruck kommen kann. Inter* kann sich aber auch auf die Geschlechtsidentität einer Person beziehen, die Bezeichnung wird als Überbegriff genutzt, der alle intergeschlechtlichen Realitäten einschließen soll.
[internalisiert] Im soziologischen Gebrauch bedeutet Internalisierung die Übernahme von Normen und Verhaltensweisen, die die soziale Umwelt vom Individuum verlangt. Darunter fallen auch Formen und Ausprägungen systematischer Diskriminierung. Zum Beispiel lernen Kinder, Homosexualität abzuwerten, bevor sie überhaupt lernen, was Homosexualität ist. Das führt gesamtgesellschaftlich zu subtiler Diskriminierung, die genauso verletzend sein kann wie offene Gewalt.
[Intersektionalität] Intersektionalität ist ein soziologisches Konzept, das ermöglichen soll, Identität als vielschichtiges Konstrukt zu verstehen. Es beschreibt die Überschneidung mehrerer Diskriminierungsformen – wie bspw. Rassismus und Sexismus –, die eine Person erfahren kann. Erstmals verwendete die Schwarze US-amerikanische Juristin Kimberlé Crenshaw den Begriff, um die Schnittmengen und zeitgleichen Wirkungen unterschiedlicher Diskriminierungen sichtbar zu machen und zu analysieren. Mehr dazu liest du in diesem Artikel von Natasha A. Kelly.
[Islamismus] Ideologien und Bewegungen, die zum Ziel haben, im Namen des Islams eine allein religiös legitimierte Gesellschafts- und Staatsordnung zu errichten. Der Islamismus will den Islam institutionell verankern und steht im Widerspruch zu demokratischen Grundsätzen.
[Klassismus] beschreibt die Diskriminierung aufgrund der sozialen Herkunft oder des sozialen Status. Dabei werden Menschen, die wenig oder kein ökonomisches (bspw. Eigentum, Vermögen), kulturelles (bspw. Bildungsabschlüsse) oder soziales Kapital (bspw. Netzwerk an Kontakten) besitzen, abgewertet, ausgegrenzt und ausgebeutet.
[Klimakterium] Die Wechseljahre werden auch Klimakterium genannt. Das Wort kommt aus dem Griechischen und bedeutet so viel wie Stufenleiter. In ihrem Buch „Die gereizte Frau“ plädiert die Autorin Miriam Stein dafür, den Begriff Wechseljahre durch Klimakterium zu ersetzen, da dieser „im Gegensatz zur ‚Menopause‘ oder den ‚Wechseljahren‘ nicht von über 300 Jahren Mythen und Missverständnissen geprägt“ sei.
[LGBTQIA*] Die Buchstabenkombination ist ein Akronym, also ein Wort bestehend aus den Anfangsbuchstaben anderer Begriffe. Das aus dem Englischen übernommene LGBTQIA steht für Menschen, die lesbisch, gay (homosexuell), bisexuell, trans, queer, inter, asexuell sind. Das Sternchen am Ende ist ein Platzhalter für weitere Personengruppen, deren Geschlechtsidentität und/oder Sexualität ebenfalls von der vermeintlichen Norm abweichen.
[Marginalisierung] Der Begriff kommt vom lateinischen „margo“ und heißt übersetzt „Rand“. Durch Marginalisierung werden demnach Bevölkerungsgruppen an den „Rand der Gesellschaft“ gedrängt, sie findet also in einem Machtgefüge statt. Durch Marginalisierung wird die wirtschaftliche, kulturelle und politische Teilhabe der betreffenden Gruppen eingeschränkt.
[Mehrheitsgesellschaft] beschreibt in erster Linie das Machtverhältnis in einem Land. Deshalb spricht man heute oft auch von der „Dominanzgesellschaft“, da „Mehrheit“ oft gar nicht per se zutrifft. Die „Mehrheitsgesellschaft“ bezeichnet den Teil einer Gesellschaft, der aufgrund seiner Machtposition eine vermeintliche kulturelle Norm definiert und repräsentiert und der gesellschaftlich wichtige Positionen besetzt und den Diskurs bestimmt. Um abzubilden, dass die gesellschaftlichen Verhältnisse nicht immer eine Frage von Mehrheit oder Minderheit sind, sondern eben von Dominanz, werden oft auch die Begriffe „minorisiert“ oder „marginalisiert“ verwendet.
[MeToo-Bewegung] Der Hashtag #metoo ist auf die Aktivistin Tarana Burke zurückzuführen, die ihn bereits 2006 verwendete, um auf sexualisierten Missbrauch an afroamerikanischen Frauen aufmerksam zu machen. 2017 ging #metoo viral, nachdem in der „New York Times“ ein Artikel erschien, in dem Film-Produzent Harvey Weinstein sexualisierte Belästigung vorgeworfen wurde. Die Schauspielerin Melissa Milano rief unter #metoo Frauen dazu auf, ihre Erfahrungen mit sexualisierten Übergriffen und Missbrauch auf Social Media zu teilen.
[Migrationshintergrund] Der in Deutschland gebräuchlichen Definition des statistischen Bundesamtes folgend hat eine Person „Migrationshintergrund“, „wenn sie selbst oder mindestens ein Elternteil die deutsche Staatsangehörigkeit nicht durch Geburt besitzt“. Durch Zuhilfenahme dieser Kategorie können die gesellschaftliche Stellung, strukturelle Benachteiligung und Barrieren sowie Diskriminierung von Menschen sichtbar gemacht und dokumentiert werden. Die Verwendung des Begriffs „Migrationshintergrund“ außerhalb statistischer Betrachtung gilt als umstritten, da dieser in Deutschland geborene und aufgewachsene Kinder von Zugewanderten als „anders“ und damit „nicht richtig zugehörig“ markiere.
[Misogynie] Der Begriff stammt aus dem Altgriechischen und setzt sich zusammen aus „misos“ für Hass und „gyne“ für Frau. Misogynie bedeutet also Frauenhass oder Frauenfeindlichkeit und kann als Ideologie- oder Glaubenssystem einer patriarchalen Gesellschaft bezeichnet werden. Misogynie geht nicht zwingend nur von Männern aus, auch Frauen oder Menschen anderer Geschlechtsidentitäten können die Ablehnung von Frauen aufgrund ihrer Sozialisierung in einer patriarchalen Gesellschaft verinnerlicht haben.
[mixed] Der Begriff wird von Menschen, die weiße und Schwarze Eltern oder Großeltern haben, als Selbstbezeichnung verwendet. „Mixed“ Personen können indirekt von weißen Privilegien, bspw. durch einen Elternteil, oder eigenen light-skin Privilegien profitieren. „Mixed“ darf keinesfalls als Synonym zu dem in rassistischer Kontinuität stehenden Wort „Mischling“ verwendet werden, das auf Rassentheorie beruht und dem Tierreich entnommen wurde.
[Monogamie] Der Begriff beschreibt eine Beziehungsform, bei der eine Person nur mit einer anderen Person statt mit mehreren eine romantische oder sexuelle Beziehung oder Ehe eingeht. Dieser Umstand ist eine gesellschaftliche Norm, die auch durch die Ehe durchgesetzt wird. Mehr als eine*n Partner*in zu haben (Polygamie), ist in der Regel gesellschaftlich verpönt.
[Neurodivergenz] Menschen, die neurobiologische Unterschiede aufweisen, die außerhalb der Norm liegen, werden als neurodivergent bezeichnet. Neurodivergenz ist ein Spektrum, in dem beispielsweise Autismus, ADHS oder Dyskalkulie eingeordnet werden. Personen, die nicht neurodivergent sind, nennt man neurotypisch, also neurobiologisch innerhalb der sogenannten Norm.
[Neurosexismus] Neurosexismus basiert auf der Annahme, dass es grundlegende Unterschiede zwischen Gehirnen von Männern und Frauen gibt, die die Unterlegenheit von Frauen vermeintlich erklären. Bestimmte Stereotype haben sich leider etabliert – etwa dass Männer logischer seien und Frauen empathischer. Solche Stereotype werden immer wieder missbraucht, um bspw. zu rechtfertigen, dass weniger Frauen in Führungspositionen vertreten sind.
[nicht-binär] Als nicht-binär bezeichnen sich Menschen, die sich außerhalb der binären Geschlechterordnung von „männlich“ und „weiblich“ verorten, möglicherweise abseits von männlich und weiblich, teilweise oder gleichzeitig männlich und weiblich oder auch ganz abseits von jeglichem Konzept von Geschlecht.
[Othering] Der Begriff stammt aus dem Englischen, „other“ bedeutet auf Deutsch „ander(e)s“. Othering kann als „Anders-Machen“ übersetzt werden – bedeutet also, dass man eine Gruppe zum „Anderen“ macht und sie so abwertet. Diese andere Gruppe wird als Gegenbild, als ein „Ihr“, zu einem nicht näherbestimmten „Wir“ konstruiert. Das „Wir“ und damit auch man selbst wird damit aufgewertet. Othering bedeutet damit auch eine hierarchische Unterscheidung.
[Patriarchat] Der Begriff beschreibt eine Gesellschaftsordnung, die dem Mann eine bevorzugte Stellung einräumt. In diesem historisch entstandenen Herrschaftssystem werden Institutionen, soziale Beziehungen, Werte und Normen vorwiegend von Männern geprägt, kontrolliert und repräsentiert. Feministische Bewegungen nutzen den Begriff, um die Gesamtheit unterdrückender Geschlechterbeziehungen zulasten von Frauen und Menschen anderer Geschlechtsidentitäten, wie trans, intergeschlechtlichen und nicht-binären Personen, zu benennen.
[Privileg] beschreibt unfaire und unverdiente Vorteile oder Vorrechte, die durch soziale Ungleichheit entstehen. Privilegien sind zum Beispiel die Abwesenheit von Armut, die Nicht-Betroffenheit von bestimmten Diskriminierungsformen oder Zugänge zu gesellschaftlichen, wirtschaftlichen oder politischen Bereichen, die nicht alle Menschen gleichermaßen haben.
[queer] Queere Menschen leben eine Vielfalt an sexuellen und romantischen Orientierungen und Geschlechtsidentitäten jenseits der cisgeschlechtlichen, heterosexuellen Norm. Jedoch verstehen sich nicht alle homosexuellen, bisexuellen oder lesbischen Menschen automatisch auch als queer. Vielmehr handelt es sich um eine politische Selbstbezeichnung, die aus jahrzehntelangem politischem Widerstand entstand.
[Rassismus] Die Antonio Amadeu Stiftung definiert Rassismus als Ideologie, die Menschen aufgrund ihres Äußeren, ihres Namens, ihrer (vermeintlichen) Kultur, Herkunft oder Religion abwertet. In Deutschland betrifft Rassismus Menschen, die als „nicht-deutsch“, also vermeintlich nicht wirklich zugehörig angesehen werden. „Wenn Menschen nicht nach ihren individuellen Fähigkeiten und Eigenschaften oder danach, was sie persönlich tun, sondern als Teil einer vermeintlich homogenen Gruppe beurteilt und abgewertet werden, dann ist das Rassismus. Mit dieser Ideologie werden ungleichwertige soziale und ökonomische Lebensverhältnisse, Ausschlüsse von Menschen oder sogar Gewalt gerechtfertigt“, schreibt die Stiftung. Rassismus beruht auf realen Machtunterschieden, die auf einer Einteilung von Menschen nach äußerlichen oder (vermeintlich) kulturellen Merkmalen in „Wir“ und „Andere“ beruht. Die „Anderen“ werden dabei als weniger wert oder weniger gut als das „Wir“ eingestuft.
[Race] Ist ein Lehnwort aus dem Englischen, das oft fälschlich mit dem in einer rassistischen und eugenistischen Tradition stehenden Wort „Rasse“ übersetzt wird. Der Begriff „race“ hat im englischsprachigen Raum, besonders durch die US-amerikanische Bürgerrechtsbewegung, einen Bedeutungswandel vollzogen und verweist darauf, dass es zwar keine Menschenrassen gibt, aber sehr wohl Rassismus aufgrund einer Kategorisierung in vermeintliche „Rassen“.
[Schwarz] Die Großschreibung von „Schwarz“ ist ein Ausdruck der Sensibilität gegenüber den sprachlichen Herausforderungen im Umgang mit Rassismus. Dadurch soll kenntlich gemacht werden, dass es sich bei der Bezeichnung um eine selbstbestimmte Identität handelt und nicht um die rassistische Beschreibung einer Person. Mit „Schwarz“, genauso wie mit „Person of Color“, werden also keine Hautfarben beschrieben. Vielmehr handelt es sich dabei um politische Begriffe, die Rassismus und Machtverhältnisse in einer von weißen Menschen dominierten Gesellschaft benennen. Mehr dazu lest ihr in diesem EDITION F-Artikel von Natasha A. Kelly, von der auch diese Definition stammt.
[Safer Spaces] Zunächst wurde lange der Begriff „Safe Space“ benutzt. Wir sprechen aber nicht mehr von Safe Spaces, da solche herzustellen kaum möglich bzw. schwer garantiert werden kann. Safer Spaces, also sicherere Räume, zielen darauf ab, Räume zu schaffen, in denen wenig bis keine Diskriminierung und Gewalt stattfinden, ohne zu ignorieren, dass sie stattfinden können. Damit gibt es auch Mechanismen, um mit Diskriminierung umzugehen, wenn sie stattfindet.
[Sexualisierte Gewalt/Belästigung] Sexualisierte Übergriffe in jeglicher Form, die das sexuelle Selbstbestimmungsrecht des Menschen verletzen. Sexualisierte Gewalt ist eine Form der Machtausübung und findet deshalb oft in Abhängigkeitsverhältnissen statt. Dazu gehören Vergewaltigungen, sexualisierte Berührungen, aufdringliche Blicke, das Zusenden von Nachrichten und Bildern mit sexuellem Inhalt und mehr.
[Shoa] Aus dem Hebräischen übersetzt bedeutet Shoa, auch Schoah geschrieben, „Untergang“ oder „Katastrophe“. Der Begriff bezeichnet den Völkermord an Juden*Jüdinnen während des Nationalsozialismus.
[Sozialisation] beschreibt die Wechselwirkung und den Lernprozess zwischen einem Menschen und seiner Umwelt bzw. der Gesellschaft. Der Mensch passt sich an die Umwelt an und verinnerlicht soziale Werte, Normen und Regeln, prägt aber auch die Gesellschaft durch sein Verhalten. Durch diese Wechselwirkung entstehen soziale Rollen wie Mann oder Frau.
[Stereotyp] Ein positives oder negatives Vorstellungsbild einer Person, das auf ihre Zugehörigkeit zu einer Gruppe zurückzuführen ist. Stereotype existieren nicht nur für Minderheiten und entstehen teilweise unbewusst und automatisch – sie können auch positiv gemeint sein. Damit sind sie klar zu unterscheiden von einem Klischee oder Vorurteil.
[Stigma] Der Begriff kommt aus dem Altgriechischen und bedeutet „Brandmal“. Dabei ist das Stigma nicht das eigentliche Merkmal, sondern entwickelt sich auf Basis von oft äußerlich erkennbaren Merkmalen von stigmatisierten Personen und Gruppen. Merkmale wie eine Behinderung oder eine Religionszugehörigkeit werden negativ bewertet, größtenteils über dieses Merkmal wahrgenommen und so marginalisiert.
[they/them] They, them und theirs sind englische Personalpronomen. Sie werden in der 3. Person plural wie das deutsche „sie, ihnen, ihrer“ verwendet, sind aber auch eine personenbezogene geschlechtsneutrale Version der 3. Person Singular neben he, she und it. Die Pronomen werden schon seit Jahrhunderten verwendet, um über Personen zu sprechen, deren Geschlecht man nicht kennt, werden seit kürzerer Zeit aber auch von meist nicht-binären Personen als persönliche Pronomen genutzt – zunächst im Englischen, aber auch im Deutschen, da der deutschen Sprache offiziell ein solches Pronomen fehlt. Beispiel: Ich gebe them einen Apfel und they isst ihn.
[Token/Tokenismus] Der Begriff wurde in den 1970er Jahren von der Soziologin Rosabeth Moss Kanter geprägt. Sie beschrieb damit, wie Unternehmen Frauen symbolisch als „Token“ einstellten, um potenzielle Kritik in Bezug auf Diskriminierung zu entkräften. Das Phänomen lässt sich auf viele marginalisierte Gruppen anwenden und beschränkt sich nicht nur auf Unternehmen. Auch zum Beispiel der eine „Schwarze Freund“, der erwähnt wird, um sich selbst von einem Rassismusvorwurf freizusprechen, wird zum Token. Tokenismus entwertet die betroffenen Personen als Individuum und reduziert sie auf eine Kategorie.
[triggern] Das Wort stammt eigentlich aus der Psychologie und beschreibt dort einen Auslöser – einen Reiz, der einen Flashback auslöst. Im Internet wurden „Trigger-Warnungen“ zunächst benutzt, um Menschen vor potenziell (re)traumatisierenden Inhalten zu warnen. Mittlerweile wurde der Begriff zunehmend entfremdet und wird vor allem benutzt, um sich über Menschen lustig zu machen, die Diskriminierung anprangern. „Das hat dich jetzt bestimmt getriggert!“
[weiß] Die Kursivschreibung von „weiß“ verweist auf die Bedeutung des Wortes als sozialpolitische Analysekategorie, die es ermöglicht, die gesellschaftliche Norm sichtbar zu machen. Dadurch soll angezeigt werden, dass „weiß“ weder die reelle Hautfarbe noch biologische Eigenschaften einer Person beschreibt, sondern eine dominante und privilegierte Position innerhalb eines rassistischen Machtsystems. Weißsein ist ein Identitätskonzept, das meist unausgesprochen und unbenannt bleibt, da es als Norm und Zentrum von Perspektiven gilt.
[Whataboutism] ist eine rhetorische Ablenkungstaktik, um von unliebsamen Themen, fehlenden Argumenten und Unwissenheit abzulenken. Zum Beispiel, wenn innerhalb einer Diskussion das Gegenüber auf ein Argument mit einer Gegenfrage antwortet, ohne auf das eigentliche Argument einzugehen, um so den Fokus auf ein ganz anderes Thema zu lenken.
[woke] Woke sein bedeutet „wachsam“ sein für Diskriminierung und Missstand und wird heutzutage meist abwertend gegen Menschen verwendet, die sich aktivistisch engagieren. Der Begriff stammt aus der afroamerikanischen Bewegung und wurde mit der Black Lives Matter-Bewegung in den USA und international seit 2014 wieder genutzt. „Stay woke“ sollte auf den Straßen vor Polizeigewalt warnen. Heutzutage ist der Begriff vor allem ein rechter Kampfbegriff, der zum Beispiel gegen das Gendern verwendet wird.
[Xenophobie, Fremdenfeindlichkeit] Xenophobie bedeutet wörtlich übersetzt „Fremdenangst“. Vorsicht gegenüber „Fremden“ wird biologisch gesehen als Schutzreflex verstanden. Xenophobie bzw. Fremdenfeindlichkeit zeigt sich aber vor allem in einer ablehnenden Haltung und Abwertung gegenüber Menschen, die als fremd wahrgenommen werden, wie Ausländer*innen oder solche, die als Ausländer*innen wahrgenommen werden. Fälschlicherweise wird Rassismus oft als Synonym dazu verstanden und verwendet. Im Gegensatz zu Rassismus basiert die Fremdenfeindlichkeit grundsätzlich nicht auf biologischen Merkmalen und der „Rassentheorie“. Weiße Menschen leiden bspw. nicht unter Rassismus, können aber auch ausgegrenzt werden. Rassismus und Fremdenfeindlichkeit treten dennoch sehr häufig in Verbindung miteinander auf.
Quellen:
Amadeu Antonio Stiftung: Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit // Amadeu Antonio Stiftung: Was ist Rassismus? // Angry Cripples: Lexikon // Antidiskriminierungsstelle des Bundes // Antisemitismusbeauftragter // Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung: Lexikon // Bundesverband Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe (bff): Tötung von Frauen. Merkmale und Tatsachen. Femizid // Bundeszentrale für politische Bildung: Das Politlexikon // Bundeszentrale für politische Bildung: LSBTIQ-Lexikon // Bundeszentrale für politische Bildung: Die Widersprüche verstehen. Antifeminismus, Postfeminismus, Neoliberalismus // Duden: Diaspora // Gunda Werner Institut: Gefahr Antifeminismus // Informations- und Dokumentationszentrum für Rassismus e.V.: Glossar // Inklumat: Glossar // International Organization for Migration (UN Migration) Deutschland // Jaspers, Lisa et al. (Hrsg.): Unlearn Patriarchy // Kelly, Natascha A.: Schwarz. Deutsch. Weiblich. // Kivvon: Fremdenfeindlichkeit, das Gleiche wie Rassismus? // Landesbeauftragte für Menschen mit Behinderung, Berlin // L’Audace, Luisa: Behindert und Stolz // Missy Magazine: Glossar // Projekt 100% Mensch: Lexikon. Internalisierung // Queer Lexikon // Rosa Mag // Spiegel // Vielfalt. Mediathek: Othering // Zentralrat der Juden: International Holocaust Remembrance Alliance