Die Illustration zeigt eine Person, die nachdenklich zur Seite blickt. Um sie herum schweben Bücher und Fragezeichen durch die Luft. Auf den Buchrücken sind Wörter wie "Klassismus", "Patriarchat", "Queer" zu lesen.
Illustration: Karo Oh | EDITION F

Sprichst du Feminismus? Glossar für mehr Verständnis

Was genau verstehen wir eigentlich unter dem Patriarchat? Wofür steht nochmal LGBTQIA*? Und was steckt hinter dem Begriff „Ableismus“? – Unser Glossar ist eine Einladung an alle, sich mit feministischen Begriffen auseinanderzusetzen, die Ausgrenzung und Diskriminierung benennen und zugleich ein Instrument sind, gegen sie anzukämpfen.

[Patriarchat] Der Begriff beschreibt eine Gesellschaftsordnung, die dem Mann eine bevorzugte Stellung einräumt. In diesem historisch entstandenen Herrschaftssystem werden Institutionen, soziale Beziehungen, Werte und Normen vorwiegend von Männern geprägt, kontrolliert und repräsentiert. Feministische Bewegungen nutzen den Begriff, um die Gesamtheit unterdrückender Geschlechterbeziehungen zulasten von Frauen und Menschen anderer Geschlechtsidentitäten, wie trans, intergeschlechtliche und nicht-binäre Personen, zu benennen.

[heteronormativ] Das Konzept der Heteronormativität kritisiert die gesellschaftliche Zweigeschlechterordnung und Entsprechung einer gesellschaftlichen Norm, in der die romantische Beziehung zwischen Mann und Frau als Regelfall dargestellt wird. Kritisiert werden dabei auch die Macht, die davon gegenüber anderen Geschlechtsidentitäten ausgeht, und die damit verbundenen Privilegien.

[cis / trans] Das lateinische Präfix „cis-“ kann mit „diesseits“ übersetzt werden. Es ist das Antonym von „trans-“, das so viel heißt wie „über“. Als trans bezeichnen sich Menschen, deren Geschlechtsidentität – im Gegensatz zu cis Menschen – nicht mit dem bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht übereinstimmt. „Cis“ wird genutzt, um dem Begriff „trans“ etwas gegenüberstellen zu können und damit zu vermeiden, dass heteronormativ lebende, cisgeschlechtliche Menschen als „Normalfall“ konstruiert werden.

[Gender] Die englische Sprache unterscheidet das biologische Geschlecht („sex“) vom sozialen Geschlecht („gender“). Für den Begriff Gender gibt es keine exakte deutsche Übersetzung, weshalb es als Lehnwort in den deutschen Sprachgebrauch aufgenommen wurde. Gender beschreibt in der Wissenschaft das sozial konstruierte Geschlecht, das sich in gesellschaftlich geprägten und individuell erlernten Geschlechterrollen zeigt und zu dem anerzogene Verhaltensweisen sowie soziale Konventionen gehören. Auf einer aktivistischen und persönlichen Ebene meint Gender die Geschlechtsidentität einer Person. Das Wort Geschlechtsidentität beschreibt die individuelle, persönliche Vorstellung des eigenen Geschlechts und der eigenen Geschlechterrolle.

[LGBTQIA*] Die Buchstabenkombination ist ein Akronym, also ein Wort bestehend aus den Anfangsbuchstaben anderer Begriffe. Das aus dem Englischen übernommene LGBTQIA steht für Menschen, die lesbisch, gay (homosexuell), bisexuell, trans, queer, inter*, asexuell sind. Das Sternchen am Ende ist ein Platzhalter für weitere Personengruppen, deren Geschlechtsidentität und/oder Sexualität ebenfalls von der vermeintlichen Norm abweichen.

[queer] Queere Menschen leben eine Vielfalt an sexuellen und romantischen Orientierungen und Geschlechtsidentitäten jenseits der cisgeschlechtlichen, heterosexuellen Norm. Jedoch verstehen sich nicht alle homosexuellen, bisexuellen oder lesbischen Menschen automatisch auch als queer. Vielmehr handelt es sich um eine politische Selbstbezeichnung, die aus jahrzehntelangem politischen Widerstand entstand.

[FLINTA] Das Akronym steht für: Frauen, Lesben, inter, nicht-binäre, trans und agender Personen, also Menschen, die in einer patriarchalen, heteronormativen Gesellschaft aufgrund ihrer geschlechtlichen Identität diskriminiert werden. Obwohl es bei „Lesben“ nicht um eine Geschlechtsidentität handelt, wird der Begriff aufgezählt, um die feministischen Errungenschaften lesbischer Frauen nicht unsichtbar zu machen. Intergeschlechtliche/inter Personen haben Merkmale beider binärer Geschlechter (Mann und Frau), was sowohl durch sekundäre Geschlechtsmerkmale wie Muskelmasse als auch durch primäre Geschlechtsmerkmale wie Geschlechtsorgane zum Ausdruck kommen kann. Inter* kann sich aber auch auf die Geschlechtsidentität einer Person beziehen, die Bezeichnung wird als Überbegriff genutzt, der alle intergeschlechtlichen Realitäten einschließen soll. Als nicht-binär bezeichnen sich Menschen, die sich außerhalb der binären Geschlechterordnung von „männlich“ und „weiblich“ verorten, möglicherweise irgendwo zwischen männlich und weiblich oder weder als männlich noch weiblich. Menschen, die agender sind, identifizieren sich mit keinem Geschlecht.

[Inklusion] Inklusion hat die gesellschaftliche Akzeptanz und gleichberechtigte Teilhabe in allen Lebensbereichen für alle Individuen zum Ziel. Bei Inklusion geht es um mehr als um die Integration von Menschen in eine bestehende Umwelt. Bei Inklusion soll sich niemand verändern müssen, um „hineinzupassen“. Inklusion geht von den Bedürfnissen des einzelnen Menschen aus und meint die barrierefreie Anpassung der jeweiligen Umgebung an die Person.

[Ableismus] Der Begriff setzt sich zusammen aus dem englischen Wort „able“ (deutsch: fähig) und „ismus“ (wie in Sexismus). Ableismus bezeichnet die strukturelle Diskriminierung und Abwertung behinderter und/oder chronisch kranker Menschen. Ableismus ist Teil von Behindertenfeindlichkeit, bezieht sich aber auch auf die Strukturen und Denkweisen dahinter.

[Klassismus] Beschreibt die Diskriminierung aufgrund der sozialen Herkunft oder der Klassenzugehörigkeit. Dabei werden Menschen, die wenig oder kein ökonomisches (bspw. Eigentum, Vermögen), kulturelles (bspw. Bildungsabschlüsse) oder soziales Kapital (bspw. Netzwerk an Kontakten) besitzen, abgewertet, ausgegrenzt und ausgebeutet.

[Schwarz] Die Großschreibung von „Schwarz“ ist ein Ausdruck der Sensibilität gegenüber den sprachlichen Herausforderungen im Umgang mit Rassismus. Dadurch soll kenntlich gemacht werden, dass es sich bei der Bezeichnung um eine selbstbestimmte Identität handelt und nicht um die rassistische Beschreibung einer Person. Mit „Schwarz“, genauso wie mit „Person of Color“, werden also keine Hautfarben beschrieben. Vielmehr handelt es sich dabei um politische Begriffe, die Rassismus und Machtverhältnisse in einer von weißen Menschen dominierten Gesellschaft benennen. Mehr dazu lest ihr in diesem EDITION F-Artikel von Natasha A. Kelly, von der auch diese Definition stammt.

[BIPoC] Das Akronym aus dem Englischen steht für Black, Indigenous, People of Color – eine politische Selbstbezeichnung für Schwarze, indigene und nicht weiße Menschen. Der Begriff BIPoC entstand aus dem Widerstand gegen diskriminierende Fremdbezeichnungen und ist ein Symbol für den Kampf gegen Unterdrückung und das Streben nach Gleichberechtigung. Manche Schwarzen und indigenen Menschen lehnen die kollektive Bezeichnung ab, da sich ihr soziokultureller und ökonomischer geschichtlicher Hintergrund – der von Kolonialismus, Sklaverei sowie von Rassismus geprägt ist – von dem anderer nicht weißer Menschen bzw. von Menschen of Color unterscheidet.

[Race] Ist ein Lehnwort aus dem Englischen, das oft fälschlich mit dem in einer rassistischen und eugenistischen Tradition stehenden Wort „Rasse“ übersetzt wird. Der Begriff „race“ hat im englischsprachigen Raum, besonders durch die US-amerikanische Bürgerrechtsbewegung, einen Bedeutungswandel vollzogen und verweist darauf, dass es zwar keine Menschenrassen gibt, aber sehr wohl Rassismus aufgrund einer Kategorisierung in vermeintliche „Rassen“.

[Intersektionalität] Intersektionalität ist ein soziologisches Konzept, das ermöglichen soll, Identität als vielschichtiges Konstrukt zu verstehen. Es beschreibt die Überschneidung mehrerer Diskriminierungsformen – wie bspw. Rassismus und Sexismus –, die eine Person erfahren kann. Erstmals verwendete die Schwarze US-amerikanische Juristin Kimberlé Crenshaw den Begriff, um die Schnittmengen und zeitgleichen Wirkungen unterschiedlicher Diskriminierungen sichtbar zu machen und zu analysieren. Mehr dazu lest ihr in diesem Artikel von Natasha A. Kelly.

[Misogynie] Der Begriff stammt aus dem Altgriechischen und setzt sich zusammen aus „misos“ für Hass und „gyne“ für Frau. Misogynie bedeutet also Frauenhass oder Frauenfeindlichkeit und kann als Ideologie- oder Glaubenssystem einer patriarchalen Gesellschaft bezeichnet werden. Misogynie geht nicht zwingend nur von Männern aus, auch Frauen oder Menschen anderer Geschlechtsidentitäten können die Ablehnung von Frauen aufgrund ihrer Sozialisierung in einer patriarchalen Gesellschaft verinnerlicht haben.

Quellen:

Wie heißt das nochmal? – Lexikon | Angry Cripples // Antidiskriminierungsstelle des Bundes // Antonio Amadeu Stiftung // Lexikon der Entwicklungspolitik | Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung // LSBTIQ-Lexikon |Bundeszentrale für politische Bildung // Landesbeauftrage für Menschen mit Behinderung // „Unlearn Patriarchy“ | Lisa Jaspers, Naomi Ryland, Silvie Horch (Hrsg.) (2022, Ullstein) // „Behindert und stolz“ | Luisa L’Audace (Eden Books, 2022) // Glossar Hä? Missy Magazine // „Schwarz. Deutsch. Weiblich“ (Piper Verlag, 2023) | Natasha A. Kelly // Queer-Lexikon //

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