Jede dritte Frau erleidet vor der zwölften Woche eine Fehlgeburt. Auch zwischen der zwölften und der zwanzigsten Woche gibt es viele Fehlgeburten. Den betroffenen Personen aber steht kein einziger Tag Mutterschutz zu. Unterschreibt und teilt jetzt den Offenen Brief „Gestaffelter Mutterschutz nach Fehlgeburten“!
Seit sich Natascha Sagorski politisch für einen gestaffelten Mutterschutz nach Fehlgeburten engagiert, erkennt sie immer wieder, wie weit hinten familienpolitische Themen auf der politischen Agenda stehen. „Viele politische Akteur*innen denken zu kurzsichtig und sehen nicht, welchen Stellenwert das Funktionieren von Familien für unsere Gesellschaft hat“, erklärt sie. Ein Problem sei, dass zu wenige Eltern – insbesondere Mütter – in politischer Verantwortung stehen. Je weniger eine Thematik Teil der eigenen Lebensrealität ist, desto geringer sei oft das Interesse daran. Deswegen plädiert Natascha Sagorski dafür, mehr Eltern und vor allem Mütter in politische Ämter und Parlamente zu bringen.
„Man kann sich nicht einfach vorstellen, was familienpolitisch in Deutschland heute alles falsch läuft, bis man anfängt, selbst eine Familie zu gründen.“
Ihre Erfahrungen als Schwangere und Mutter haben Natscha Sagorski politisiert und zu einer starken Verfechterin des gestaffelten Mutterschutzes gemacht. Nach einer Fehlgeburt sollte sie am nächsten Tag ohne Krankschreibung zurück ins Büro – eine Zumutung, die zeigt, wie wenig das Thema Fürsorge für Frauen in solch sensiblen Situationen gesellschaftlich verankert ist.
Nur durch medialen und öffentlichen Druck könne Veränderung bewirkt werden, sagt Natascha Sagorski. Wir müssen uns gemeinsam für eine Politik einsetzen, die Familien stärker in den Fokus rückt und den Schutz bietet, den sie verdienen.
Offener Brief an die Bundestagsfraktionen
Natascha Sagorski, die Gründerin der Initiative für den gestaffelten Mutterschutz nach Fehlgeburten, hat gemeinsam mit Prof. Jutta Allmendinger und weiteren namhaften Unterstützerinnen einen offenen Brief an die demokratischen Fraktionen des Bundestages geschickt. Darin fordern sie die Parteien auf, den Gesetzesentwurf für einen gestaffelten Mutterschutz nach Fehlgeburten noch vor Ende der Legislaturperiode zu verabschieden. Unterstützt wird der offene Brief von prominenten Erstunterzeichnerinnen aus Wissenschaft, Medizin, Kunst und Gesellschaft, darunter die Ärztin Prof. Mandy Mangler, Schauspielerin Marie Nasemann und Sänger Philipp Grütering von Deichkind. Der Brief wurde in den ersten Tagen bereits mehr als 4.000 mal unterschrieben.
Der offene Brief: „Die Zeit ist reif, die Zeit drängt“
In dem offenen Brief an die Vorsitzenden von SPD, CDU/CSU, Bündnis 90/Die Grünen, FDP und Die Linke warnt Sagorski davor, dass die AfD dieses wichtige Thema für den Wahlkampf instrumentalisieren könnte: „Lassen Sie es nicht zu, dass der gestaffelte Mutterschutz, der auf jahrelangem Engagement basiert, von einer Partei instrumentalisiert wird, die ihn für eigene Zwecke missbrauchen möchte.“ Die Unterzeichner*innen fordern die demokratischen Fraktionen auf, Verantwortung zu übernehmen und das Gesetz noch vor den Wahlen zu verabschieden: „Inhaltlich sind sich alle einig. Jetzt müssen die demokratischen Parteien zeigen, dass sie Politik für die Menschen machen – und nicht nur für den Wahlkampf.“
Jutta Allmendinger: „Man muss selbst kein Kind verloren haben, um sich vorstellen zu können, wie elend, ausgeliefert, leer und unendlich traurig man nach einer Fehl- oder Frühgeburt ist. Der eindringliche Satz von Margot Friedländer gilt auch hier: “Seid Mensch!”. Gebt dem großen Leid ein bisschen Zeit. Der Verlust wird immer bleiben, mit etwas Ruhe und einem kleinen Abstand lässt er sich aber besser verarbeiten.”
Fehlgeburten dürfen kein Tabuthema sein!
Jede dritte Frau in Deutschland verliert ihr Kind vor der 12. Schwangerschaftswoche (SSW). Und trotzdem bleibt das Thema Fehlgeburten ein gesellschaftliches Tabu. Frauen müssen oft unmittelbar nach dem Verlust wieder „funktionieren“, was zu erheblichen gesundheitlichen Folgen führen kann. Etwa 60 Prozent der Betroffenen entwickeln Depressionen, während das Gesundheitssystem durch lange Krankheitsausfälle stark belastet wird. Wenn eine Frau schwanger wird, stellt sich alles um, alles richtet sich neu aus, der Körper macht Platz für zwei. Es muss gesetzlich verankert sein, dass ein plötzlicher Verlust das Kindes ebenfalls Platz braucht.
„Eine Frau, die ihr Kind am letzten Tag der 23. Schwangerschaftswoche verliert, erhält 0 Tage Mutterschutz. Verliert sie ihr Kind 24 Stunden später, stehen ihr 18 Wochen Mutterschutz zu. Diese Grenze ist unfair und medizinisch sinnlos“, sagt Natascha Sagorski. Der Gesetzesentwurf sieht vor, dass Frauen nach einer Fehl- oder Totgeburt gestaffelten Mutterschutz erhalten, beginnend mit zwei Wochen ab der 12. SSW und dann aufbauend mit dem Fortschreiten der Schwangerschaft.
Die Initiative hat breite Unterstützung
Gesellschaftliche Organisationen, Krankenkassen und zahlreiche Politiker*innen befürworten die Reform. Laut Berechnungen von IKK e.V. liegen die zusätzlichen Kosten für die Umsetzung im niedrigen zweistelligen Millionenbereich – eine überschaubare Summe für eine Maßnahme, die immense Entlastung für die Betroffenen schaffen würde.
Der Offene Brief wird von folgenden Erstunterzeichner*innen getragen:
- Natascha Sagorski, Gründerin der Gesetzesinitiative für den gestaffelten Mutterschutz nach Fehlgeburten, Petentin, Autorin und Gründerin der NGO Familie sind alle
- Jutta Allmendinger, Professorin an der Humboldt Universität und der Freien Universität Berlin, Vorsitzende der wissenschaftlichen Kommission Niedersachsen, ehemalige Präsidentin des WZB
- Prof. Dr. med. Mandy Mangler, Chefärztin der Klinik für Geburtsmedizin, Vivantes Auguste-Viktoria-Klinikum
- Dr. Monika Arzberger, Vizepräsidentin des Katholischen Deutschen Frauenbund e.V
- Prof. Dr. Jörg Loth, Vorstandsvorsitzender IKK Südwest und Vertreter der IKK e.V.
- Marie Nasemann, Schauspielerin und Podcasterin
- Sebastian Tigges, Podcaster
- Philipp Grütering, Sänger (Deichkind)
- Isa Grütering, Autorin und Coach
- Anna Adamyan, Autorin und Influencerin
- Prof. Dr. med. Dr. h.c. Jalid Sehouli, Direktor der Klinik für Gynäkologie mit Zentrum für onkologische Chirurgie (CVK) und Klinik für Gynäkologie (CBF)
- Andrea Galle, Vorständin der mkk – meine Krankenkasse
- Claude de Demo, Schauspielerin Berliner Ensemble
- Nathalie Klüver, Autorin
- Kati Ernst, Unternehmerin
- Sandra Runge, Rechtsanwältin und Co-Gründerin der Initiale Pro Parents
- Isa Sonnenfeld, Unternehmerin und Podcasterin
- Susanne Mierau, Autorin
Die Initiative lädt die Öffentlichkeit dazu ein, den Offenen Brief auf openpetition.de zu unterschreiben und ein Zeichen für mehr Gerechtigkeit und Empathie zu setzen. Jutta Allmendinger findet deutliche Worte Richtung Politik: “Bitte unterschrieben Sie den offenen Brief ebenfalls und setzen sich ein für einen Referentenentwurf, der fraktionsweit ausgehandelt ist und verabschiedet werden muss – vor der nächsten Bundestagswahl.”
Weitere Infos: https://familiesindalle.de/#presse
Offener Brief „Gestaffelter Mutterschutz nach Fehlgeburten“
Wir rufen dazu auf, die Petition „Gestaffelter Mutterschutz nach Fehlgeburten“ zu unterschreiben. Unterzeichnet, teilt, bewegt gemeinsam Veränderung:
Wir fordern einen gestaffelten Mutterschutz für Frauen, die vor der 24. Schwangerschaftswoche eine Fehlgeburt erleiden. Aktuell steht Frauen nach Fehlgeburten, also Geburten, bei denen Babys keine Lebensmerkmale gezeigt haben, deren Gewicht weniger als 500 Gramm betrug, und die Geburt vor der 24. Schwangerschaftswoche erfolgte, kein Mutterschutz zu. Auch der Änderungsvorschlag der neuen Bundesregierung, der die 20. Schwangerschaftswoche als Grenze vorsieht, ist unzureichend. All den Frauen, die bereits in der 19. Woche oder früher eine Fehlgeburt hatten, steht weiterhin kein Mutterschutz zu. Das bedeutet, dass Frauen, die wochen- und monatelang ihr Kind unter dem Herzen getragen haben, weiterhin kein Anrecht auf Mutterschutz haben.
Eine Krankschreibung der Frauen nach einer Fehlgeburt liegt damit alleine im Ermessen des betreuenden Arztes / der betreuenden Ärztin und erfolgt nicht automatisch, sondern oft nur auf Nachfrage und Bitten. Dieser Umstand stellt nicht selten eine zusätzliche Belastung für die oftmals traumatisierten Frauen dar. Auch das psychologische Element, dass eine Frau, die ihr ungeborenes Kind verliert, nicht als Mutter (der Mutterschutz zusteht) gewertet wird, spielt für viele Frauen eine große Rolle.
Wir denken deswegen, dass ein Angebot des gestaffelten Mutterschutzes für Frauen nach Fehlgeburten ein großer Fortschritt wäre, der betroffenen Frauen Zeit gibt, das Erlebte zu verarbeiten und ihnen einen Schutz bietet, der ihnen zusteht.
Die Staffelung und Höhe des Mutterschutzes sollte von einer Expert*innenkommission erarbeitet werden. Der gestaffelte Mutterschutz sollte außerdem ein Schutzangebot des Staates sein und für die Frau nicht verpflichtend.
Begründung
Laut Informationen des deutschen Bundestags erleidet jede dritte Frau vor der zwölften Woche eine Fehlgeburt, und auch zwischen der zwölften und der zwanzigsten Woche finden leider noch viele Fehlgeburten statt. Nur steht diesen Frauen aktuell kein einziger Tag Mutterschutz zu. Es ist wichtig, einen Raum für diese Frauen zu schaffen, innerhalb dessen sie das Geschehene realisieren und sich sammeln können. Auch Organisatorisches, wie Bestattungen, psychologische Hilfe oder Arztbesuche und Krankschreibungen über den Mutterschutz hinaus, kann in dieser Zeit umgesetzt werden.