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Jobsuche: Dumme Frage, nächste Frage!

Wer sich beruflich umorientiert, nach Studium oder Ausbildung auf Jobsuche ist oder eine betriebsbedingte Kündigung erhalten hat, findet sich plötzlich auf der „freien Wildbahn“ des Arbeitsmarkts wieder. Als wären Zukunftsängste, ständige Unsicherheit und eine gute Portion Verwirrung über die Situation nicht genug, gibt es da noch diese dämlichen Fragen und Kommentare aus dem Umfeld, die sich jeder sparen sollte.

 

„Was machst du nun eigentlich den ganzen Tag?“

Den Pizzaservice mit fünfminütigen Anfragen nerven, Serien gucken bis zum Umfallen, die Nächte durchtanzen und ansonsten Luftschlösser bauen. Was sollte man auch sonst als Arbeitssuchender tun? Ach, da war ja was … Bewerben! Je nach Branche und Arbeitsmarktsituation ist die Suche nach passenden Stellen und die Erstellung von Bewerbungsunterlagen nämlich ein Fulltime-Job, der mit jedem regulären Arbeitstag mithalten kann. Mindestens.

„Bewerbungen sind doch keine Arbeit!“

Nein, natürlich nicht. Es ist ja auch komplett unnötig, sich umfassend über die Arbeitgeber zu informieren, für die man in Zukunft seine wertvolle Lebenszeit einsetzen will. Und ein Standardanschreiben mit tausend Floskeln reicht doch, um einen Job zu bekommen. Nicht. Wer sich im Bewerbungsdschungel teilweise gegen hunderte Mitbewerberinnen und Mitbewerber durchsetzen will, muss investieren. Vor allem eine ganze Menge Zeit und Sorgfalt.

„Du hast ja jetzt so viel Zeit, könntest du vielleicht …?“

Das Paket aus der Postfiliale abholen, das Auto in die Werkstatt bringen, die Nichten und Neffen aus dem Kindergarten abholen, die Hecke stutzen, einen Kuchen für den Kita-Basar backen … Klar kann ich. Vorausgesetzt, diese Aufgaben lassen sich mit meinen verbinden, liegen auf der Strecke und ich bin darin nicht komplett untalentiert – wie zum Beispiel im Backen.

„Braucht das Kind wirklich Betreuung? Du bist doch zu Hause!“

Du hast ja so recht, besorgter Mitbürger … Menschen, die kurzzeitig keiner Erwerbstätigkeit nachgehen (können) und die so die Steuerkasse nicht unterstützen, sollten selbstverständlich sofort den Rechtsanspruch auf externe Kindertagesbetreuung verlieren. Wo käme man denn hin, wenn das deutsche Recht weiterhin für alle, auch für aktuell Jobsuchende, gelten würde? Und wenn all diese Suchenden durch die gewonnene (kinder-)freie Zeit tatsächlich eine neue Stelle fänden?

„Dann hast du ja jetzt endlich viel Freizeit.“

Klar, weil Arbeitssuchende sowieso nichts zu tun haben außer eine Stunde am Tag die Jobbörsen zu durchforsten. Das ist ein paradiesisch bequemes Leben im Schlaraffenland. Quasi Dauerurlaub. Nein, jetzt einmal ernsthaft – Jobsuche ist ein echter Job. In der Regel sind die meisten Jobbörsenbesucher übrigens nie gefragt worden, ob sie so viel „Freizeit“ überhaupt wollen.

„Dein Mann verdient doch genug, warum bleibst du nicht einfach zu Hause und sparst dir diesen Stress?“

Gute Frage – nicht. Weil ich nicht Jahre und eine Menge persönlichen Einsatz in eine umfassende Ausbildung, unbezahlte Praktika, nervenaufreibende Bewerbungsphasen und tatsächliche Lohnarbeit investiert habe, um jetzt beim kleinsten Hindernis alles hinzuschmeißen.

„Jetzt hast du endlich mal Zeit, was für dich selbst zu tun!“

Solche Dinge wie Friseurbesuche, die Ernährung auf „vegan“ umstellen, jeden Tag zum Wellnesstag machen, endlich mal die Wohnung neu dekorieren … Aber was, wenn ich viel lieber eine Jobzusage erhalten und in einem lichtdurchfluteten Büro mit Kunden und Kollegen telefonieren und guten Content für ein Unternehmen erstellen möchte?

„Um wieder einen Job zu bekommen, musst du …“

Nicht jeder Ratschlag ist automatisch unpassend, schlecht oder sonstwie am Ziel vorbeigeschossen. Im Gegenteil – manche sind sehr hilfreich. Einziges Manko an der Sache: Als Arbeitssuchender scheint man automatisch den Stempel „hilfsbedürftig“ zu bekommen und hat plötzlich selbst gar keine Ahnung mehr, wie das mit dem Bewerben und der Stellensuche geht. Zumindest in den Augen vieler Mitmenschen, die sich weiterhin über ihr volles Gehalt und einen unbefristeten Arbeitsvertrag freuen dürfen. Also: Vielen Dank für die Tipps – ich werde darüber nachdenken und sehen, was ich davon für meine Branche und meinen Lebensweg umsetzen kann.


„Du hättest einfach etwas anderes studieren/anfangen müssen!“

Hätte, hätte, Fahrradkette – und überhaupt: Es gibt keine Ausbildungen und Studienabschlüsse, die nichts wert sind. Natürlich kann man sich mit Ach, Krach, Lustlosigkeit, Burnout und Magengeschwür durch ein Studienfach quälen, an den man keinen Gefallen findet, um später einen „sicheren“ Job zu bekommen. Leider merken Kollegen, Kunden, Vorgesetzte und Personaler aber auch sehr schnell, ob man wirklich motiviert bei der Sache ist. Und wenn nicht? Kündigung und „hätte, hätte“ eben.

Arbeitssuchende schätzen Tipps und Impulse, die sie wirklich weiterbringen und auch zur Person und zum Berufsziel passen. Sie wissen meistens, was sie tun, wo sie hinwollen und wie sie dieses Ziel erreichen können – es braucht nur etwas Geduld, Ruhe und Zeit. Sie versinken auch in der Regel nicht im lethargischen Nichtstun und werden im Gegenteil fast alles dafür tun, um wieder eine passende Stelle zu finden und den Weg in die „Mitte der Gesellschaft“ einzuschlagen. Wenn man diese „Mitte“ heutzutage überhaupt dadurch definieren kann, dass Menschen einen linearen, lückenlosen, geregelten Lebenslauf und eine feste, mindestens durchschnittlich bezahlte Tätigkeit ausüben. Denn wer allein dieser engmaschigen Definition folgt, ist womöglich nicht mehr auf der Höhe der Zeit und hat die weltwirtschaftlichen Entwicklung der letzten Jahrzehnte komplett verschlafen. A propos Zeit – die ist für alle knapp. Deswegen gehe ich nun wieder an meine Hauptbeschäftigung: Bewerbungen schreiben.

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