Foto: Noveaux

Julia Akra-Laurien: „Tiere sollten nicht für Mode leiden“

Räucherstäbchen und Hanfpullover? Ach Quatsch, wie sich veganer Lebensstil heute wirklich gestaltet, zeigt Julia Akra-Laurien mit Noveaux.

 

Absage an das Bullshit-Bingo

Spätestens seit Attila Hildmann haben wir doch alle das Gefühl, ein Impulsreferat über veganen Lebensstil aus dem Ärmel schütteln zu können. Und doch kommen wir selten über Sojamilch und Mandeltofu hinaus. Wie viel mehr zu einem veganen Leben gehört und vor allem, wie bunt und vielfältig das aussehen kann, zeigt das neue Magazin Noveaux. Entwickelt wurde der neue Titel von Julia Akra-Laurien, die seit zwei Jahren selbst vegan lebt und endlich mit gängigen Klischees und Berührungsängsten aufräumen will. Uns hat sie erzählt, warum es gar nicht mehr so schwer ist vegan zu leben, bei welchen Materialien besonders viel Leid in Kauf genommen wird und von welchen Phrasen aus dem „Veganer Bullshit-Bingo“ sie besonders genervt ist.

Julia, du hast das Magazin quasi im Alleingang entwickelt und umgesetzt. Was war dein Antrieb und was die größten Hürden?

„Verrückt war, dass ich noch nie vorher bei einem Magazin oder in einer Redaktion gearbeitet habe und die gängigen Abläufe nicht kannte. Das musste ich mir alles im Learning-by-doing-Verfahren aneignen. Zudem musste ich meine Bank von meinem Vorhaben überzeugen, um an einen Kredit zu kommen und brauchte fähige Leute, die an Noveaux mitarbeiten. Die zwei Shootings komplett allein zu organisieren war wirklich hart. Zum Glück hat mir die Agentur M&C Saatchi beim konzeptionellen Teil geholfen. Die größte Herausforderung war jedoch, das alles halbtags mit Kleinkind zu wuppen. Aber meine Motivation ist groß genug, um mit allem fertig zu werden: Ich möchte unbedingt etwas ändern. Ich möchte dazu beitragen, dass weniger Tiere für Mode leiden müssen, denn es gibt wirklich so viele Alternativen. Und das, ohne Abstriche machen zu müssen. Das möchte ich gerne zeigen und ein Umdenken erwirken.“

Die Auseinandersetzung mit veganem Essen ist ein großes Thema, vegane Mode dürfte jedoch bei vielen noch ein Fragezeichen hervorrufen. Auf was ist dabei neben Leder zu achten?

„Mein Hauptproblem ist die Verwendung von Pelz. Ich habe mit der Produktion intensiv während meiner ersten Anti-Pelz-Kampagne für Animals’ Liberty auseinandergesetzt – das war wirklich extrem schlimm. Aber auch Leder, Wolle, Seide, Daunen sind noch gängige Materialien, deren Verwendung großes Leid bedeutet. Dabei gibt es wirklich tolle neue Fasern, wie etwa Bambusseide, die echter Seide in nichts nachsteht. Was ist das Problem an Seide? Die Raupen werden in ihren Kokons lebendig gekocht, damit der Seidenfaden in einem Stück verwendet werden kann.“

Noch reden wir von einer Nische, so dass die Kleidung weder einfach noch günstig zu bekommen ist. Wie idealistisch muss man sein, um neben der Ernährung auch den Kleiderschrank vegan zu halten?

„Natürlich gehört ein Stück Idealismus dazu, aber es ist wirklich gar nicht so schwierig. Neben Onlineshops, die überall hin liefern, gibt es bereits in Großstädten Stores wie DearGoods oder Avesu, die rein vegane und faire Kleidung anbieten. Auf der Ethical Fashion Show waren dieses Jahr auch Einkäufer von großen Modehäusern unterwegs, was hoffen lässt, dass die grüne Mode bald Einzug in den Mainstream findet. Und dann wird es immer leichter.“

Zum Thema Businessmode: Was trägst du gerne und von wem, wenn du einen wichtigen beruflichen Termin hast?

„Ich verlass mich da gern auf meinen Cardigan vom Berliner Label Format. Dann habe ich eine tolle schwarze Bluse, gekauft im Homage Store. Die haben da viele nachhaltige Labels. An Schuhen trage ich momentan gerne Chelsea Boots von Novacas.“

Da du selber seit zwei Jahren vegan lebst, hast du sicherlich einen Tipp für ein schnelles Gericht für den Office-Alltag!

„Ich liebe Avocado-Brot – einfach Brotschreiben mit Avocado belegen, Salz & Pfeffer drauf, fertig. Und wenn was von der Avocado übrig bleibt, einfach aufessen. Macht satt und ist sehr gesund.“

Treffen Veganer und Nicht-Veganer aufeinander, kommt es gerne mal zu Diskussionen. Welches Vorurteil begegnet dir dabei immer wieder und sollte dringend entkräftet werden?

„Ein leidiges Thema! Dazu nehme ich gern als Beispiel den „Witz“: „Woran erkennt man einen Veganer? Keine Sorge, er wird es dir sofort erzählen.“ Das stimmt so einfach nicht mehr. Ich persönlich finde es viel unangenehmer, dass die Leute, sobald sie mitbekommen was ich mache, sofort anfangen, sich für ihren Lebensstil zu rechtfertigen – ungefragt. Und das mit allen Phrasen, die man aus dem „Veganer Bullshit Bingo“ kennt – „nur selten Fleisch, und dann auch nur Bio“.“

 

Die erste Ausgabe des Noveaux Magazins ist im März 2015 erschienen. Ab und an findet ihr auch Artikels des Magazins bei uns – mehr gibt’s bei Facebook oder am besten im Abo des Heftes.

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