Einen eigenen Food-Markt gründen, wie macht man das eigentlich? Das haben wir Stefanie Witt gefragt – denn die Eventmanagerin hat mit „The Green Market“ den ersten veganen Lifestyle-Markt Berlins hochgezogen.
Ich habe die Menschen davon überzeugt, dass die Stadt reif ist für
diesen Markt
Sich durch ein breites Angebot schlemmen, Freunde treffen, neue
Produkte ausprobieren und sich inspirieren lassen: Food-Märkte boomen. Und das
ist ja auch nicht verwunderlich, schließlich ist Genuss gerade einfach ein Riesenthema. Aber nicht nur Genuss im allgemeinen, sondern auch der bewusste
Genuss, Nachhaltigkeit und faire Produkte finden ein immer breiteres Publikum. Dabei allen voran das Thema vegane Ernährung. Und weil es eigentlich
schon alles gab, außer diesen einen Markt, der sich genau auf diese
Ernährungsform konzentriert, hat sich Stefanie Witt gedacht: Dann mache ich den
eben.
Die Eventmanagerin, die sich auch selbst vegan ernährt, hat mit „The
Green Market“ im Jahr 2014 einen Food-Markt gegründet, auf dem vegane
Produkte, von Essen über Mode bis hin zu Kosmetik, angeboten werden. Und das mit
Erfolg. Aber wie geht man eigentlich so eine Gründung eines Marktes an, wie
finanziert man sein Konzept und wie findet man Aussteller, die zu den eigenen
Überzeugungen passen? Genau das haben wir Stefanie Witt gefragt.
Stefanie, du hast den veganen Lifestyle-Markt „The Green Market” ins
Leben gerufen. Wie kommt man auf die Idee, einen Markt zu gründen? Und kam dir
nie in den Sinn: Das ist ein viel zu großes Projekt für mich!
„Ich arbeite schon lange in der
Eventbranche. Seit Mai 2014 lebe ich vegan und habe im folgenden August mit der
Recherche für das Projekt ,Berlins erster vegan-vegetarischer Weihnachtsmarkt’ begonnen. Im November fand er dann auf dem Gelände der Arena Berlin statt und
war ein voller Erfolg. Es kamen viele Leute, die sehr interessiert waren – was
mir zeigte, dass es an der Zeit ist für einen 100 Prozent veganen Markt, mit dem
Fokus auf Essen, Mode, Kosmetik, kombiniert mit Koch-Workshops und Live-Acts.
Mit dem Markt möchte ich den Menschen in angenehmer Umgebung zeigen, wie leicht
und locker eine solche Umstellung sein kann, ohne sie zu missionieren.“
Was hat dich denn persönlich von der
veganen Ernährungsform überzeugt?
„Mein Freund lebt seit fünf Jahren vegan
und als ich dann die Dokumentation „Gabel statt Skalpell“ gesehen hatte, hat
mein vorheriger Lebensstil kein Sinn mehr für mich gemacht. Ich litt unter Epilepsie und bin aus gesundheitlichen Gründen vegan
geworden, um meine Krankheit mithilfe einer vollwertigen veganen Ernährung zu
heilen. Später habe ich das Buch ,Peace Food’ von Rüdiger Dahlke gelesen und
danach war mir klar: Es geht um noch viel mehr als nur die Gesundheit. Nach
sechs Monaten gesunder und vollwertiger veganer Ernährung habe ich selbständig
meine Medizindosis runtergesetzt, nach drei Monaten nahm ich keine Medizin mehr
und bekam bis jetzt keinen epileptischen Anfall mehr. Das soll bitte keiner
nachmachen. Ich habe das für mich selber entschieden. Seitdem lebe ich ohne
Medizin und ohne Krankheit. Im Anschluss schaute ich mir die Dokumentation ,Cowspiracy’ an und wusste, ich mache das für die Gesundheit, die Umwelt und
für die Tiere.“
Wie geht man so eine Gründung eigentlich an? Also, welchen Schritt sollte man zuerst machen, wenn man einen solchen Markt organisieren möchte?
„Als erstes bin ich in die veganen
Restaurants, Cafés und Shops gegangen, deren Produkte ich kenne und von denen ich überzeugt bin. Dort habe ich die Besitzer dann direkt angesprochen und
gefragt, ob sie nicht Lust und Zeit hätten, ihre Produkte auf meinem Markt zu
verkaufen. Danach habe ich viel recherchiert und Feedback gesammelt, um
herauszufinden, mit wem ich zusammenarbeiten möchte. Als das Konzept fertig
war, habe ich es potenziellen Medienpartnern und auch Arena Berlin vorgestellt,
um sie davon zu überzeugen, dass Berlin reif für so einen Markt ist. Die Stadt
ist ja quasi das Paradies für Veganer!“
Wie hast du den ersten Markt finanziert? Hattest du Eigenkapital
oder hast du auch mit Krediten gearbeitet – und falls ja, wie schnell konntest
du die Bank von dem Konzept überzeugen?
„Beides. Ich habe Eigenkapital investiert
und nachdem ich den Drei-Jahres-Businessplan und das Konzept fertig hatte, habe
ich mich bei einer Wirtschaftsbank um einen Kredit beworben – und ihn bekommen.“
Ich kann nur erahnen, wie hoch der organisatorische Aufwand ist. Wie
groß ist das Team, das dich unterstützt?
„Mit gerade einmal 19
Anbietern hat alles sehr klein angefangen. Zur Winter-Edition 2015 waren es
dann schon ganze 55! Das Team an sich
ist nicht groß. Ich habe eine Projektassistenz und dann zum Event viele Helfer
vor Ort. Ansonsten mache ich von der Promotion über die Auswahl der Anbieter
bis hin zur Buchung des Programms und der kompletten Logistik alles allein.
Aber
jetzt, da der Markt wächst, kann auch das Team wachsen und ich suche Verstärkung
in verschiedenen Bereichen.“
Mittlerweile dürften die Anbieter ja sicher auch von alleine auf
dich zukommen. Wie kann man sich diesen Prozess vorstellen?
„Das stimmt. Mittlerweile sind wir so
etabliert und uns kennen so viele Menschen, dass wir jede Menge Anfragen per
E-Mail erhalten. Da suchen wir uns dann die interessantesten Anbieter raus,
laden sie zu uns ins Büro ein oder besuchen sie in ihrem Restaurant und Café, um
ihr Produkt zu testen. Manche schicken uns auch etwas zu. Ich gehe aber auch
fast jedes Wochenende auf Märkte und suche nach etwas Neuem oder Freunde sagen
mir Bescheid, wenn sie eine Neueröffnung oder Ähnliches mitbekommen. Mir ist es vor allem wichtig, die Menschen dahinter kennenzulernen und
unabhängige Anbieter aus der veganen Szene zu unterstützen.“
Gründen ist nie leicht. Kannst du heute bereits von den Einnahmen
leben, die du dort machst?
„Ja, nach einem Jahr kann ich so langsam
davon leben.“
Gibt es etwas, das dich nervt rund um die Organisation des Marktes?
„Das Nervigste ist eigentlich, dass manche Menschen keine Ahnung davon haben, wie viel Aufwand hinter so einem Markt steckt. Wir versuchen es so zu organisieren und zu gestalten, dass sich jeder willkommen und wohlfühlt und dann gibt es doch immer wieder jene, die bestimmte Dinge kritisieren. Das finden wir ja grundsätzlich gut, aber nicht, wenn sie sich nichts erklären lassen und eigentlich nur meckern wollen. Das kann sehr niederschmetternd sein.“
Und was ist das Schönste?
„Da gibt es so Einiges:
Die Produkte zu
testen und Anbieter auszuwählen, die Menschen dahinter kennenzulernen und ihnen
mit dem Markt auch einen Startschuss geben zu können. Es ist auch sehr schön zu
sehen, wenn alte und junge Nicht-Veganer zu unserem Markt kommen und nicht fassen
können, dass der Cupcake oder der Donut auch ohne Ei und Butter so gut
schmecken kann und von der guten Auswahl und Qualität der Produkte positiv
überrascht sind.“
Der nächste Green Market soll im Frühjahr stattfinden, sobald ein genauer Termin stattfindet, findet ihr ihn hier.
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