Finnland und die Niederlande haben das Projekt „Bedingungsloses Grundeinkommen“ bereits gewagt. Nun ist Kanada an der Reihe. Woher kommt der Trend zum Experiment?
Probieren geht über Studieren
Das hat sich nun auch der kanadische Premierminister Justin Trudeau gedacht. In Ontario, Kanadas Bundesstaat mit der höchsten Bevölkerungsdichte, wird derzeit eine Testphase für das Projekt „Basic Income” geplant. Wie hoch der Betrag sein wird, den der kanadische Staat seinen Einwohnern monatlich zur Verfügung stellen wird, steht bisher noch nicht fest. In jedem Falle soll das Geld ausreichen, um in jedem Haushalt die anfallenden Kosten für Dinge wie Essen, Miete und Transportmittel abzudecken.
Finnland und Holland sind Trendsetter
In Finnland zahlt der Staat während seiner derzeitigen Testphase 800 Euro pro Person aus. In den Niederlanden, wo das Projekt bisher in einigen kleineren Städten wie Utrecht angelaufen ist, bekommen Menschen mit Anspruch auf Sozialhilfe über 1000 Euro vom Staat. In Finnland wie nun auch in Kanada ist die Auszahlung des Betrags allerdings weder an das Alter, Geschlecht oder sonstige Einkommen der Personen geknüpft.
Und was wird aus der Motivation?
Ein häufiges Gegenargument bei der Einführung des Grundeinkommens lautet, dass viele Menschen durch die finanzielle Sicherheit weniger Motivation gegenüber ihrer bisherigen Arbeit zeigen würden oder kaum noch einen Grund darin sehen würden, sich überhaupt auf einen Job zu bewerben.
Dass in vielen Fällen allerdings das genaue Gegenteil zutrifft, zeigten bereits Ergebnisse einer Studie aus dem Jahr 2013, in der Menschen aus der ärmeren Bevölkerungsschicht Ugandas mit gesichertem Grundeinkommen versorgt wurden. Diese Menschen waren, dank der finanziellen Absicherung, dazu bereit, längere Zeiten am Tag zu arbeiten und erzielten zudem bis zu 38 Prozent höhere Umsätze. Es macht nun einmal einen großen Unterschied, ob man arbeitet, weil man es muss oder ob man die Möglichkeit hat, eine Arbeit zu wählen, die man gerne tut.
Kanadas Bundesministerin für Familie und soziale Entwicklung, Jean-Yves Duclos, sieht dem geplanten Experiment positiv entgegen. Bereits im vergangenen Jahr hatte sie wiederholt deutlich gemacht, dass das Thema eine angemessene Diskussion verdient. Und auch im kanadischen Finanzministerium macht sich Zustimmung breit:
“As Ontario’s economy grows, the government remains committed to leaving no one behind. Maintaining an effective social safety net is one part of the government’s broader efforts to reduce poverty and ensure inclusion in communities and the economy.”
Eine neue alte Idee?
Im Übrigen gab es in den 70er Jahren schon einmal ein ähnliches Experiment zum Thema Grundeinkommen in Kanada. Damals zahlte die Stadt Dauphin über mehrere Jahre Geld an ihre ärmsten Einwohner. Im Zusammenhang mit einer wirtschaftlichen Flaute, die durch die Ölkrise ausgelöst wurde, stellte man das Projekt jedoch ohne eine öffentliche Auswertung ein.
Erst 2011 veröffentlichte die Soziologin Evelyn L. Forget eine Studie, die auf den damaligen Daten aus Dauphin beruhte. Ihrer Studie nach zu Folge, waren die Einwohner der Stadt in der Zeit des Projekts deutlich gesünder und insbesondere jüngere Menschen zeigten innerhalb des Zeitraums von 1974-1979 eine höhere Lern- und Ausbildungsmotivation.
In der Schweiz denkt man derzeit auch über eine Abstimmung zu dem Thema nach. Wie es scheint, hat sich nach längerem Zögern ein internationaler Trend zum Experiment entwickelt. In Deutschland sind bislang allerdings noch keine entsprechenden Testphasen geplant. Wie steht ihr zu dem Vorhaben in Kanada? Welche Vor- und Nachtteile könnte ein solches Projekt auf euren eigenen Arbeitsalltag haben? Wir sind gespannt auf eure Meinung!
Titelbild: beaumontpete – flickr – CC BY-ND 2.0
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