Jemima ist das Enfant terrible unter den Frauen in der Serie „Girls“. Aber während sie als Jessa wahnsinnig selbstbewusst erscheint, musste sie das im wahren Leben erst lernen.
Wie schaffe ich es, mich zu mögen?
Jemima Kirke, vielen besser bekannt als Jessa Johansson aus der Serie „Girls“, hat Refinery 29 ein Interview gegeben, in dem sie ganz offen ihr Verhältnis zu ihrem Körper beschreibt. Das erzählt ganz grundsätzlich etwas darüber, wie viele Frauen, ganz gleich wie viel sie auf die Waage bringen oder wie attraktiv sie anderen erscheinen, mit ihrem Körper hadern.
Eine der vielen Stärken der Serie „Girls“ und auch das, was sie für viele so kontrovers macht, ist die Art und Weise, wie die Hauptdarstellerin und Serienentwicklerin Lena Dunham ihren und auch die Körper der anderen Frauen zeigt. Denn hier wird nicht ausgeleuchtet, gedoubelt oder sich ab Konfektionsgröße 38 nicht mehr für die Hotpants entschieden, sondern die Frauen so gezeigt, wie sie eben sind. Dass das immer wieder für einen Aufschrei sorgt, macht deutlich, wie verkorkst die Sicht vieler auf Körperbilder geworden ist. Was nicht durch einen Filter gelaufen oder besser noch: Gar nicht erst gezeigt wird, muss so makellos wie möglich sein. Was aber bedeutet in dem Zusammenhang überhaupt makellos?
Cellulite geht gar nicht!
Sind Falten und Dellen wirklich etwas, das versteckt werden sollte? Denn Fakt ist: Jede Frau hat welche. Alle Frauen haben, je nach Alter und Veranlagung, Hautmerkmale, durch die sie von einer angeblichen „Makellosigkeit” abweichen. Und wir wissen alle, was die Stigmatisierung eines eigentlich völlig normalen Körpers mit uns macht.
Jemima etwa erzählt im Interview davon, wie sie von Männern immer wieder hört: „Warum muss ich mir das ansehen?“ Und sie entgegnet: „Was bedeutet denn müssen? Das klingt, als sei es eine Bestrafung“. Und leider ist wohl vielen die Realität dermaßen verrutscht, dass sie es tatsächlich als solche empfinden.
Umso wichtiger ist es, dass Dunham sich nicht davor scheut, Körper so zu zeigen, wie sie sind. Und zwar in jeder Lebenslage. Und wie herrlich ist es, dass es gerade die, der aus dieser verschobenen gesellschaftlichen Sicht wohl die meisten Makel zugeschrieben werden könnten, sich am wenigsten darum schert: Lena Dunham selbst. Aber auch Jemima scheint nicht nur in der Serie, sondern auch auf den vielen Red-Carpet-Bildern mit sich und ihrem Körper vollkommen im Einklang. Dass das nur eine Seite der Medaille sein kann, ließ sich leider schon vor dem Interview erahnen. Denn: Nein, niemand lebt auf einer Insel und kaum eine Frau ist vor Anfeindungen – denn anders kann man es kaum nennen – ihrem Körper gegenüber gefeit.
Foto: Lena Dunham | Instagram
Schauspiel versus Realität
Doch was in der Serie und bei öffentlichen Auftritten entspannt wirkt, sieht in der Realität eben auch anders aus. Und so erzählte Kirke nun ganz offen von den Problemen, die auch sie hat, allen „Schaut-her-ich-bin-zufrieden-mit-mir-Bildern“ zum Trotz. Dass auch sie nicht in einer Blase lebt, sondern sich mit der Erwartungshaltung einer Öffentlichkeit auseinandersetzt. Und die ist besonders in dieser glitschig-glatten Hollywood-Welt nun mal sehr hoch. So hat auch sie sich nach der Geburt ihres Kindes gewünscht, wieder schlank und fit zu sein, während sie sich gleichzeitig unwohl mit diesen Gedanken fühlte.
Schließlich wären viele von uns doch gerne die selbstbewussten Frauen, die wir manchmal aus Selbstschutz nur vorgeben zu sein. Doch statt abzumagern oder sich unrealistische Körperziele zu setzen, wollte Jemima, wie sie es formulierte, die fitteste Version ihrer selbst werden. Schöner kann man sportliche Motivation wohl kaum angehen, denn ein fitter, gesunder Körper ist nicht vom Gewicht abhängig.
Woher kommt der Körperwahn?
Aber es ist ja nicht nur „die Gesellschaft“, die uns in unserer Körperwahrnehmung prägt, für viele sind es auch Erfahrungen aus der Kindheit. So auch bei Jemima Kirke, die von einer Mutter erzählt, die wusste, dass ihr Teenager-Mädchen dünner sein wollte und sie darin bestärkte, statt der Tochter einfach zu sagen, dass sie wunderschön ist, wie sie ist. Nicht aus Bosheit, sondern weil sie Jemima in ihren Zielen unterstützen wollte. Ein Zwiespalt, den sicher einige Mütter und Töchter kennen.
Jetzt ist Jemima selbst Mutter und merkt, wie schwer es ist, das anders zu handhaben – und doch hat sie eine Strategie gefunden. Und die lautet: Erstens, den Kindern keine Essensverbote auferlegen, sondern zusätzlich auf eine gesunde Ernährung zu achten und zweitens ein Gebot an sich selbst: „Ich finde es wichtig, dass Frauen in der Umgebung von Kindern, ganz gleich, ob es ihre eigenen sind oder nicht, nicht darüber sprechen, dass sie sich selbst nicht mögen.“ Und genau das ist wahrscheinlich die gesündeste und simpelste Art, Kinder gar nicht erst mit einem Druck dem eigenen Körper gegenüber zu konfrontieren. Nämlich, indem man ihnen vorlebt, dass es anders geht.
Was tun an Tagen, an denen man sich selbst nicht mag?
Und wenn sie selbst doch mal wieder in Ungnädigkeit mit sich und ihrem Körper verfällt, dann hat sie auch dafür eine Strategie: Sie schaut sich selbst einfach mal wieder ganz bewusst an, schaut auf alle die Dinge, die sie ausmachen und zu Jemima machen und macht sich selbst klar, wie attraktiv dieser Körper ist. Und genau so, sagt sie, schaue sie auch auf andere Frauen. Was sie da dann sieht, das teile sie dann auch mit ihren Freundinnen. Und sie sage das nicht einfach nur, damit ihre Freundinnen sich gut fühlen könnten, sondern weil sie es ganz ehrlich so meint.
Ganz gleich wie man es am Ende für sich handhabt: Wir sollten alle eine Strategie finden, die uns dazu bringt, endlich ganz selbstverständlich mit uns selbst umgehen zu können. Und den eigenen Körper irgendwann endlich so zu feiern, wie er ist.
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