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Nur Geduld reicht nicht: Sind junge Männer genauso sexistisch wie ihre Väter?

Die Männer der „Generation Y“ werden die ersten sein, die wahre Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau leben werden – zumindest würden wir gern daran glauben. Aber wie ticken Millennial-Männer wirklich, wenn es um Rollenklischees und Geschlechtergerechtigkeit geht?

 

Geht wirklich was voran in Sachen Gleichberechtigung?

Vereinbarkeit; echte Gleichberechtigung von Männern und Frauen; Sexismus, ungleiche Bezahlung von Männern und Frauen; sexuelle Gewalt gegen Frauen…. so viele Themen, die auch uns bei EDITION F immer wieder beschäftigen. Und immer, wenn man mal wieder verzweifeln will angesichts des Status Quo (immer noch arbeiten nach der Geburt eines Kindes die überwältigende Mehrheit der Mütter Teilzeit, während das nur ein Bruchteil der Männer tut; Frauen nehmen ein Jahr Elternzeit und das ist völlig normal, nimmt der Mann zwei Monate, jaulen die Chefs auf… und so weiter und so fort…), also jedenfalls: Wenn ich mal wieder am Status Quo zu verzweifeln drohe, dann sage ich mir manchmal im Trost: Ich gehöre zu der Generation, die diesen Status Quo hinterfragt, kritisiert, Forderungen stellt, ihn nicht länger hinnehmen will; und jene, die heute Anfang 20 sind oder noch Teenager, denke (oder hoffe ich) dann immer, bei denen wird es anders sein. Sie wachsen hinein in veränderte  Unternehmenskulturen, mit politischen Rahmenbedingungen, die es leichter machen werden, so wie in Schweden oder Dänemark für eine echte und selbstverständliche Gleichberechtigung von Männern und Frauen auf dem Arbeitsmarkt und in der Familie zu sorgen. Aber ist das wirklich so?

Auch in den USA gilt es gemeinhin als ausgemachte Sache, dass die männlichen Vertreter der „Generation Y“, also junge Männer zwischen 16 und 36, die ersten Vertreter ihres Geschlechts sein werden, die echte Gleichberechtigung von Männern und Frauen anerkennen und leben. In einem Text für Harvard Business Review listen die beiden Autoren diverse Studien auf, die die angeblich so moderne und aufgeklärte Sicht amerikanischer junger Männer auf die Geschlechterdebatte unterstreichen: Das Magazin „Time“ etwa sah 2013 voraus, dass die Millennials „uns alle retten“ werden, weil sie wie keine Generation zuvor Unterschiede, egal welche, akzeptieren würden. Laut „Atlantic“ hätten Millennials den „historisch bisher einzigartigen Gedanken, dass es keine vorgegebenen männlichen oder weiblichen Rollen in einer Gesellschaft gebe“. Und die „Huffington Post“ schrieb 2015, Millennial-Männer würden Frauen „aller Wahrscheinlichkeit nach“ als gleichberechtigt ansehen. So weit, so schön klingend.

Keine typisch weiblichen und männlichen Rollen mehr?

Wenn das alles so wäre, dann dürften wir davon ausgehen, dass Geschlechterdiskriminierung demnächst verschwunden sein  müsste – dann nämlich, wenn die Millennial-Männer in hohe Positionen in Wirtschaft, Wissenschaft und Politik gelangen und es einfach nur normal finden, wenn Frauen dasselbe tun. Aber, fragen die Autoren: Ist das wirklich so? Denken diese junge Männer wirklich, dass es keine typisch männlichen und weiblichen Rollen in einer Gesellschaft gibt? Nehmen sie Frauen als wirklich gleichberechtigt wahr?  Und die traurige Antwort ist, ihr ahnt es schon: Höchstwahrscheinlich Nein. Wär ja auch zu schön gewesen.

Im Februar 2016 veröffentlichte das „National Institute of Health“ eine Studie, die untersuchte, wie amerikanische Biologie-Studenten die Leistungen und die Intelligenz ihrer Kommilitonen einschätzten. Die Forscher fanden heraus, dass die männlichen Studenten die Leistungen ihrer männlichen Mitstudenten im Vergleich zu den weiblichen systematisch überbewerteten. Diese Fehleinschätzungen setzten sich während des Semesters fort, obwohl im Laufe der Zeit klar wurde, dass die Frauen die besseren Ergebnisse erzielten. In jedem Biologie-Kurs, den die Forscher untersuchten, wurde ein Mann als Kursbester eingeschätzt – auch dann, wenn eine Frau die bei weitem besseren Noten hatte. Im Vergleich dazu neigten die weiblichen Studenten nicht zu Fehleinschätzungen, sondern bewerteten ihre Kommilitonen unabhängig vom Geschlecht anhand ihrer Performance im Kurs. Das Fazit der Studienleiter: „Das eisige Klima für Frauen in der Wissenschaft wird sich womöglich nicht in nächster Zeit ändern.“

Gleichberechtigung im Arbeitsleben gewährleistet?

Und es geht weiter: Laut einer US-Umfrage aus dem Jahr 2014 haben jüngere Männer größere Schwierigkeiten als ältere, eine Frau als Chefin zu akzeptieren. Und laut einer Studie des Pew-Forschungszentrums aus dem Jahr 2013 stimmen Millennial-Frauen mit größerer Wahrscheinlich als ältere Frauen der Aussage zu, das Land müsse weiterhin Veränderungen vornehmen, um echte Gerechtigkeit im Arbeitsleben zu schaffen. Millennial-Männer wiederum waren die Gruppe, die am häufigsten der Aussage zustimmte, es sei bereits alles dafür getan worden, um Gleichberechtigung im Arbeitsleben zu gewährleisten.

Ein Hoffnungsschimmer ist das Ergebnis einer Umfrage aus dem Jahr 2014: Millennial-Männer stimmen öfter als Generation-X-Männer oder Babyboomer der Aussage zu, ihre Frauen würden später genauso Karriere machen wie sie, und weniger oft der Aussage, ihre Frauen würden sich hauptsächlich um die Kinderbetreuung kümmern. Und dieser Hoffnungsschimmer wird dann gleich wieder kaputtgemacht: Während drei Viertel der Millennial-Frauen davon ausgingen, dass ihre Karriere mindestens genau so wichtig sein werden wie die ihres Partners, ging die Hälfte der Millennial-Männer davon aus, dass ihre eigene Karriere Priorität haben werde. Eine ähnliche Kluft beim Thema Kinderbetreuung: Weniger als die Hälfte der Millennial-Frauen ging davon aus, dass sie später den Großteil der Kinderbetreuung übernehmen würden, aber zwei Drittel der Männer glaubten, ihre Frauen würden sich später mal hauptsächlich um die Kinder kümmern.

Alle zitierten Studien stammen aus den USA – doch leider gibt es nicht wirklich Grund für die Annahme, dass deutsche Millennial-Männer  anders ticken als die amerikanischen Dads. Man muss also immer wieder dran erinnern: Die in einer Gesellschaft verbreiteten Haltungen ändern sich nicht einfach von selbst – die etwas naive Annahme „in der nächsten oder übernächsten Generation wird sowas (Gleichberechtigung etc.) dann selbstverständlich sein“ – sie stimmt leider nicht. Einstellungen entstehen durch Vorbilder, die Mehrheitsmeinung hat einen nicht zu unterschätzenden Einfluss. Sondern Leute, die es anpacken, die Vorbilder sind, die Unternehmenskulturen ändern. Geschlechterstereotype werden nicht von selbst aussterben – Geduld allein wird nicht für Gleichberechtigung sorgen.

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