Foto: Unsplash - Fredrick Kearney Jr

Mansplaining: Erklär’s mir nochmal, Mann!

Was ist eigentlich dieses Mansplaining und warum genau rege ich mich über dieses Phänomen auf? Von nett gemeinten Erklärungsversuchen und platten Diskussionskulturen.

 

Zwischen nett und nervig

Im Laufe meines Lebens wurde mir von Männern schon vieles vielfach erklärt. Wie ich ein Bett zusammenbaue und dass ich dabei die Schrauben im Uhrzeigersinn eindrehen muss, legte mir kürzlich ein mir völlig fremder Bekannter einer Freundin nahe. Kann er ja nicht wissen, dass ich mit meinen 24 Jahren schon das ein oder andere Mal geschraubt habe. Ob ich auch wirklich sicher sei, dass ich die Nummer meiner Mutter nicht blockiert hätte, fragte der Verkäufer beim Telefonanbieter meiner Ma mit Nachdruck, als sie ihm erklärt, dass die SMS von ihrem luxemburgischen Handy nicht mehr an meine deutsche Nummer zugestellt werden. Warum das (bis heute) so ist, wusste der junge Mann offenbar auch nicht. Weil so eine kleine Runde Mansplaining aber immer noch besser als die Offenbarung dieser Tatsache ist, gab er das augenscheinliche Problem eben an die nächstbeste Person weiter – mich. „Gucken Sie lieber nochmal in Ruhe zuhause nach!“, sagte er und nickte mir ermutigend zu. Junge, die Liste meiner blockierten Nummern ist so lang wie meine Wimpern (das bedeutet sehr lange, nichts für ungut!) – ich weiß genau, was ich da tue. Außerdem: Technik? Kann ich trotz meiner Vagina. Und auch bei der letzten Party, die mich meinen Kopf noch immer mit einem wütenden „Boy bye!“ zur Seite werfen lässt, rief mir ein halbbekannter Typ mit erhöhtem Alkoholpegel drei Mal „Bullshit!“ ins Gesicht, nachdem meine Argumente zu einer Diskussion über Diversity in Hollywood nicht seine bisherige unkritische Lebensweise widerspiegelten. Und dann wäre da ja noch der Klassiker: Mann erklärt mir Fußball. Immer. Aus allen Richtungen: Abseits ist, wenn … Englische Woche ist, wenn … Das Team mit den roten Trikots schießt ins rechte Tor … Junge, halt doch einfach mal die Fresse. Bitte, danke.

Mansplaining, eine Zusammensetzung aus den Wörtern Man und Explaining, beschreibt dabei das Phänomen, mit dem Männer anderen Personen (oft Frauen) in herablassender Art die Welt zu erklären versuchen, als ob ihre Gesprächspartnerin diese nicht selbstständig wahrnehmen und verstehen würde. In einem Video, das vor einigen Monaten im Netz die Runde machte, können wir einen Haufen solcher Typen dabei beobachten, wie sie Frauen unterschiedlicher Positionen im Fernsehen wahlweise ihren eigenen Job oder ein anderes alltäglichen Mysterium verdeutlichen.

Aber die Geschlechter sind doch voll gleich und so!

Dass die Geschlechter gleich seien und Feminismus ein „wenig konstruktives“ Konstrukt sei, schmeissen mansplainende Menschen gerne mal in Diskussionsrunden. Und wenn alle gleich sind, kann es auch keine sexistische Erklärungskultur geben. Und wir sind ja eh alle gebildet und keine Sexisten. Niemals! 
Da würde ich jetzt auch einfach mal meine Bullshit-Karte zücken. Ganz ehrlich: Ich habe es so satt, dass irgendwelche dahergelaufenen Kerle andauernd versuchen, mir die Welt verständlicher zu machen. Da nimmt der Spruch „Tat es weh, als du vom Himmel gefallen bist?“ ganz andere Dimensionen an. Ich bin tatsächlich nicht vom Himmel gefallen und in den Jahren, die mein Leben bis heute so zählt, konnte ich doch schon einiges in Erfahrung bringen und erlernen. Ich habe lange Jahre die Schulbank gedrückt, Bücher gelesen, Sprachen gelernt, meinen zweiten Abschluss sehr gut in meine Tasche befördert und mache gerade meinen Master – ganz ohne die Pseudo-Expertise eines jungen oder alten Mannes. Und sogar wenn dem nicht so wäre: Ein Penis ist keine Garantie für einen Mehrwert, egal in welchem Sinne. Hört auf, uns Dinge zu erklären, wenn wir euch nicht danach fragen.
Ernste Aufforderung an alle Leser dieses Magazins: Setzt euch doch mal gechillt in euren Campingstuhl, schlagt die Beine übereinander und denkt über eure Diskussionskultur nach. Dass ihr Frauen für minderwertige Wesen haltet, wird kaum einem von euch in den Sinn kommen. Das will ich den Allermeisten von euch auch gar nicht vorwerfen. Aber hinterfragt doch mal in Ruhe und Selbstreflexion die Praktiken, die ihr möglicherweise an den Tag legt und versucht, die oben genannte Kritik ohne persönliche Kränkung und Verletzungen des männlichen Egos anzunehmen. Vielleicht findet ihr ja eine Lösung – ihr glaubt schließlich, so vieles besser zu wissen. Vielleicht hört ihr aber auch einfach auf, euren Penis bei jeder Diskussion symbolisch auf den Debattiertisch zu werfen. Und an alle mansplainenden Typen, die in den letzten Jahren bewusst oder unbewusst, wiederholt oder einmalig, versucht haben, mir das Gefühl zu vermitteln, ich sei dumm: Ich bin ziemlich klug. Get over it. Und: Fuck you. Boy, bye!

Dieser Artikel wurde zuvor auf dem Blog Flussperle veröffentlicht. 

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