Die Blogfabrik in Berlin will mehr sein als nur ein Coworking Space für Mikro-Unternehmer – denn hier soll eine Win-Win-Situation für beide Seiten entstehen. Wie das gehen soll, hat uns Projektmanagerin Maria Ebbinghaus erzählt.
Die Blogfabrik: ein
Arbeitsplatz, der mit Kreativität bezahlt wird
Man könnte meinen, Coworking Spaces gäbe es
in Berlin wirklich zur Genüge. Doch das war für die Macher der Blogfabrik kein
Grund, nicht noch einen weiteren zu schaffen. Schließlich wollen sie das Ganze
etwas anders aufziehen.
Dafür, dass auch die Berliner Szene und die
Digitalgemeinde möglichst schnell von ihrem neuen Ort für Kreative erfährt, sorgten sie schon vor
der offiziellen Eröffnung mit der Recruitierung von aufmerksamkeitsstarken
Bloggern, Instagramern und Youtubern, wie Christine Neder von Lilies Dairy oder
Frank Schröder. Das ging auf – und war nicht nur gut für die Pressearbeit,
sondern auch für den eigenen Content. Denn bezahlt wird der Arbeitsplatz nicht
mit Geld, sondern mit Inhalten für das hauseigene Magazin „Daily Bread Mag“.
Was für ein Geschäftsmodell dahintersteckt, wie die Arbeit in diesem losen und
doch festen Team vor Ort funktioniert und wen sie gerne noch mit im Boot
hätten, das hat uns Projektleiterin Maria Ebbinghaus erzählt.
In der Blogfabrik arbeiten die unterschiedlichsten Blogger
und Medienschaffende zusammen, ihr seid aber kein klassischer Coworking-Space,
sondern arbeitet mit dem Content, der hier entsteht. Kannst du das
Geschäftsmodell in ein paar Sätzen erklären?
„Das ist gar nicht so schwer: Wir sind Deutschlands erster
Coworking-Space, in dem kein Geld
fließt, sondern in dem die Teilnehmer ihren Schreibtisch mit Inhalten bezahlen.
Diese Inhalte werden in Form von Artikeln auf unserem gemeinsamen Portal
‚Daily Bread Mag’ veröffentlicht. Das Magazin reflektiert den Digitalen Wandel
unserer Gesellschaft aus unterschiedlichen persönlichen Perspektiven und ist
auch das Kreativ-Portfolio der Blogfabrik. Die Content Creators präsentieren
sich dort mit ihrem Wissen als Experten, welches wir gerne an Interessenten
weitervermitteln.“
Auch wenn alle in einem gewissen Maße zusammenarbeiten, gibt
es keine Hierarchien oder feste Arbeitszeiten. Geht das für euch auf? Oder gibt
es doch versteckte Regeln?
„Nein. Es gibt eine Hausordnung und bestimmte
Kommunikationswege, auf die wir uns gemeinsam geeinigt haben. Jeden Dienstag
treffen wir uns alle zu einem Jour Fixe und informieren die Blogfabrikanten
über News, Events und Kundenanfragen. Auch Speed-Datings zum Kennenlernen neuer
Teilnehmer und Redaktionssitzungen finden an diesem Tag statt. So versuchen wir
alle ganz unkompliziert im Loop zu halten.“
Das sind die aktuellen Blogfabrikanten. Bild: Christoph Neumann.
Wer in der Blogfabrik sitzt, produziert also für sich und für
das Daily Bread Mag. Kommen die Leute zu euch, weil sie so einen
günstigen Arbeitsplatz, weil sie ein Netzwerk und Sicherheiten haben können – oder was
erwarten sie sich von der Arbeit mit euch?
„In vielen Vorgesprächen haben wir während der Aufbauphase
der Blogfabrik herausgefunden, was sich die Medienschaffenden von ihrem
Arbeitsplatz wünschen. Dabei war schnell klar, dass vor allem der
professionelle Austausch mit Gleichgesinnten wichtig ist. Natürlich ist ein
bezahlbarer oder sogar kostenloser Schreibtisch für junge Unternehmer attraktiv
und entlastend. Wir konnten aber abseits von den finanziellen Vorteilen und dem
Netzwerkgedanken auch den Wunsch wecken, etwas Gemeinsames zu schaffen. Das
macht uns sehr happy. Die ersten Jobs konnten mittlerweile schon an unser
Netzwerk weitergereicht werden, sodass wir hoffentlich zum Wachstum der
einzelnen Projekte beitragen. Das haben wir uns fest vorgenommen.“
Arbeiten für sich alleine – und das im Team. Bild: Christoph Neumann.
Die Unternehmensgruppe Melo hat in die Blogfabrik investiert.
Kann das Unternehmen auch auf die produzierte Inhalte zugreifen – und
falls ja, wie nutzen sie diese für sich?
„Die Inhalte werden ausschließlich für das
‚Daily Bread Mag’
produziert. Und nur dafür hat Melo als Magazininhaber bestimmte Nutzungsrechte.
Als Tochter von Melo geht es uns mit der Blogfabrik darum, von den Expertisen
der Blogfabrikanten zu lernen, sodass wir gemeinsam traditionelle Unternehmen
bei ihrem Übergang ins Digitale beraten und ihnen Hilfestellung geben können.
Der Pressevertrieb von Melo bringt hauptsächlich physischen Content in Form von
Zeitungen und Zeitschriften in die Kioske, Flughäfen und Special Places. Wir
überlegen uns natürlich auch, wie dieses Geschäft digital weiterzuentwickeln
ist. Dafür hauptverantwortlich ist Daniel Gruber, der in Berlin unser Project
Lead ist, und gleichzeitig in der Organisationsentwicklung bei Melo schaut, wo
es in Zukunft für das Mutterschiff hingeht.“
Um in und für die Blogfabrik zu arbeiten, muss man sich
bewerben. Nach welchen Kriterien sucht ihr aus und warum sollten sich bereits
erfolgreiche Kreative bei euch bewerben?
„Jeder Content-Schaffende kann sich über unser Webformular
bewerben. Unser Chefredakteur Claudio Rimmele sucht hier die spannenden
Medienproduzenten aus, die vorzugsweise das Themenspektrum unseres Magazins
bereichern sollen. Wir halten dabei ausschließlich Ausschau nach Teamplayern,
die auch gerne etwas von sich an andere abgeben. Claudio würde jetzt von einem
Orchideengarten statt einer Massenplantage sprechen, denn Reichweite ist für
uns tatsächlich sekundär. Wir wollen interessante Menschen, die gerne ihr
Wissen teilen. Unser Claim heißt: ‚Empowering Content Creators’ das gilt für
Newcomer, als auch für etablierte Content Creators.“
In der Küche wird gemeinsam gekocht und sich ausgetauscht. Bild: Christoph Neumann.
Was bietet die Infrastruktur den bei euch Arbeitenden? Ich
habe etwa ein Fotostudio gesehen.
„Neben dem voll ausgestattetem Fotostudio kannst du dich auf
unseren Videoschnittplatz oder unseren Konfi für deine Kundentermine einbuchen.
Unsere Küche versorgt dich mit leckerem Kaffee, deine Pakete werden liebevoll
angenommen und auf deinen Platz gebracht. Bei Steuer-, Rechts-, PR,- und
Personalfragen beraten wir dich gerne und bieten intern Workshops zu Themen wie
beispielsweise SEO und WordPress an. Der Event-Space und die Küche können für
eigene Events genutzt werden, darum kümmert sich liebevoll unser
Feel-Good-Office-Manager Danilo Sierra.“
Habt ihr schon eine Idee davon, wie ihr die Blogfabrik rentabel machen wollt?
„Ja und Nein. Schon vor der offiziellen Eröffnung gingen
Anfragen bei uns ein. Für unseren ersten Kunden Google beziehungsweise Youtube
haben wir ein Konzept für die Berliner Fashion Week erstellt, um Youtuber dort
besser zu integrieren und ihnen die Möglichkeit zu geben, interessanteren
Content zu erstellen. Für den neuen Ford GT, der letzte Woche durch Berlin
rollte, durften sich einige unserer Blogger eine kleine Kampagne ausdenken,
Boesner Berlin haben wir bei der Nutzung von Facebook beraten. Uns
interessieren vor allem die Synergieeffekte, die hier vor Ort unter den Leuten
entstehen. Die Wege sind kurz und so können wir sehr flexibel und schnell mit
den unterschiedlichsten Herausforderungen umgehen, die an uns herangetragen
werden. Wenn sich zum Beispiel traditionelle Unternehmen mit einem Umstieg in
die digitale Welt schwer tun, sind wir dafür genau die richtigen
Ansprechpartner. Wir haben offenen Antennen für die neuesten Entwicklungen und
wollen in der Blogfabrik digitale Kompetenz und Wissen bündeln, aber vor allem
auch weitergeben.“
Wenn ihr es euch aussuchen könntet: Was wären absolute
Wunschkandidaten für die Blogfabrik?
„Ich persönlich bin großer Fan des Social Media Watchblogs.
Ich schätze deren Arbeit wirklich sehr und freue mich täglich über ihren Newsletter. Wunschkandidaten im Allgemeinen sind Blogfabrikanten, die sich ins
Team integrieren, mit dem Magazin identifizieren und tolle Beiträge schreiben.
Es geht darum, dass Leute bei uns mitmachen wollen und weniger darum, dass wir
Leute vom Projekt überzeugen oder gar akquirieren. Mit so vielen spannenden
Blogs und Unternehmern aus so unterschiedlichen Themenfeldern zu arbeiten,
macht diesen Ort so besonders und einzigartig.“
So funktioniert das in der Blogfabrik. Bild: Simon Schnellmann.
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