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Warum wir mehr weibliche Investoren brauchen

Es gibt wenig weibliche VCs, wenig weibliche Business Angels. Würde sich das ändern, gäbe es auch mehr Gründerinnen.

 

Die Startup-Welt ist noch immer männlich

Auf Startup-Konferenzen sieht man stets eine ganz klassische Geschlechterverteilung: 90 Prozent Männer, zehn Prozent Frauen. Konferenzveranstalter legen sich Quoten für die Sprecher auf, große Unternehmensberatungen forschen nach den Gründen für die Gründerinnenarmut. Nur etwa zehn Prozent der Startups werden von Frauen geschaffen.

Wenn es um Investoren geht, ist das Spiel das gleiche: Weibliche Business Angels oder Venture-Capital-Unternehmerinnen sind eine seltene Spezies. In der Forbes Midas Liste, die jährlich die Top 100 Investoren auszeichnet, gab es 2014 nur vier Frauen. Der klassische Risikokapitalgeber ist männlich.

Nun könnte man sagen, dass das kein Problem für die Produkte, Gründer oder Investments sein sollte. Investoren schauen auf Ideen, Teams und Märkte. Auf Skalierbarkeit. Dem war auch ich mir immer sicher. Und doch schauen männliche Risikokapitalgeber anders auf weibliche Themen.

Investments – macht es doch einen Unterschied?

Letztens erzählte mir eine Startup-Beraterin, die selbst bereits bei einigen Risikokapitalgebern gearbeitet hat, dass sie einmal selbst gründen wollte. Ihre Idee: Strumpfhosen im Abo. Als sie mit Investoren über die Idee sprach, winkten alle ab. Strumpfhosen seien ein Produkt von gestern. Wenig sexy. Alle Zahlen zum Markt überzeugten nicht, obwohl alle Fakten für das Produkt sprachen.

Gerade gestern saß ein weiblicher Business Angel bei uns am Tisch. Sie erzählte so leidenschaftlich von unserem Produkt wie meine Mitgründerin Susann und ich in Hochform.

Die Beispiele zeigen, dass es manchmal eben doch zählt, welches Geschlecht der Investor hat. Gerade in der Anfangsphase, wenn es noch keine Marktzahlen oder einen Proof-of-Concept gibt, müssen sich Investoren für das Thema leidenschaftlich begeistern und das geht nur, wenn sie das Produkt oder den Markt verstehen.

Es ist einfachste Psychologie: Wenn wir uns selbst mit dem Gegenüber oder der Idee identifizieren, die Idee vielleicht sogar ein Problem löst, das wir selbst haben, glauben wir stärker an den Erfolg.

Wir brauchen mehr Frauen, die sich trauen

Ein gutes Team und ein gutes Produkt wird Geld bekommen. Aber: Auch meine Mitgründerin Susann und ich haben für EDITION F mehr männliche Investoren gewonnen, als weibliche. Und manchmal war ein Umweg nötig. So konnten sich die meisten männlichen Business Angels, die wir für uns gewonnen haben, erst alles vorstellen, als sie mit ihrer besten Freundin oder Frau über die Idee sprachen. Und bei noch mehr Investoren machte es erst Klick, als wir online waren und Kunden für uns gewannen, die Zahlen für uns sprachen. Doch für viele wird EDITION F immer etwas bleiben, was sie nicht verstehen.

Doch wieso gibt es so wenig weibliche Investoren, wieso legen Frauen ihr Geld ungern im Hochrisiko-Investmentbereich an?

Acht von zehn Startups scheitern. Die besten Ideen muss man darüber hinaus als Venture Capitalist oder Business Angel selbst entdecken. Und das Netzwerk ist alles, was zählt, die Investoren-Landschaft ein kleiner Kosmos: Deals werden sich gegenseitig vorgestellt, zugeschoben, und am Ende wird oft co-investiert.

Und, das ist vielleicht der entscheidende Grund: Häufig werden Gründer Investoren, wenn sie erfolgreich ihre Firma verkauft haben. Und bisher es gibt nur wenige Frauen, die schon große Exits hatten.

Die besten Produkte für Frauen brauchen weibliche Investoren

Wie vorsichtig Frauen insgesamt bei der Geldanlage sind, belegt auch eine Umfrage des Marktforschungsinstituts Forsa. Demnach besitzen in Deutschland ein Fünftel der befragten Männer Aktien, aber nur etwa ein Zehntel der Frauen. Festgeldkonten dagegen sind bei Frauen beliebter als bei Männern.

Die Risikoaversion zieht sich weiter. Zwar haben Susann und ich es geschafft, mit unserer aktuellen Crowdinvesting-Kampagne die Durchschnittszahl der weiblichen Investoren im Vergleich zu anderen Crowdinvestings fast zu verdoppeln. Aber auch wenn unsere Nutzerschaft zu 75 Prozent aus Frauen besteht, die uns begeisterte Mails senden, investieren nur dir Wenigsten.

Das Internet wird stark von Frauen genutzt. Die besten Produkte für Frauen brauchen weibliche Investoren und weibliche Entscheiderinnen. Wir brauchen mehr Frauen, die sich trauen.

 

Hinweis: Dieser Artikel erschien im Rahmen von Noras Kolumne „Die Frauenversteherin“ zuerst im Handelsblatt.

 

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