Unsere Community-Autorin Kerstin verstand erst durch ihre Tochter so richtig, warum es wichtig ist, sich aktiv für Gleichberechtigung einzusetzen und wie viel noch zu tun ist.
Auf jeden Fall gleichberechtigt?
Ich hatte nie das Gefühl, benachteiligt zu werden, weil ich eine Frau bin. Ich habe studiert, immer alle Jobs bekommen, die ich wollte und dabei Karriere gemacht. Ich verdiente immer gut bis sehr gut, meistens mehr als meine Lebenspartner. Ähnliche Lebensläufe sah ich bei meinen Freundinnen. Ich hab mir keine Gedanken über Gleichberechtigung gemacht, und wenn, fand ich das Konzept angestaubt. Ich war gleichberechtigt, selbstverständlich.
Dann wurde ich Mutter. Mutter einer Tochter, die mich plötzlich mit Sätzen konfrontierte wie :
„Mama, das können wir nicht kaufen, das ist für Jungs!“
„Das hat einer der Jungs für mich gemacht, die können so etwas besser.“
„Aber wenn ich das anziehe, dann halten mich alle für einen Jungen.“
„Das hat einer der Jungs für mich gemacht, die können so etwas besser.“
Es war, als hätte sie mir die Augen geöffnet. Plötzlich sah ich die Stolpersteine im Weg meiner Tochter. Ich hörte hin, wenn Eltern von Klassenkameraden ihr erklärten, dass Mathematik halt den Mädels nicht so liegen würde. Ich beobachtete, wie sich Regalreihen aufteilen in Rosa und Blau, in Püppis, Einhörner, Beautyprodukte und in Konstruktion, Action und Weltrettung. Ich sah wie Jungs darin bestärkt wurden zu toben, wettzueifern, und sich die Knie aufzuschlagen und Mädchen darin nett zu sein, hübsch und bitte, bitte nicht so laut. War die Welt in der meine Tochter aufwachsen sollte noch gar nicht so weit, wie ich immer dachte? Dann sollte ich etwas dafür tun!
Ich will es bunt
Solches Schubladendenken führt uns in eine Welt, in der Unterschiede zu wichtig werden. In der es nur Schwarz und Weiß gibt, kein Grau oder Bunt. In der Jungs nicht gern tanzen dürfen und Mädchen nicht in der Nase bohren. Weil wir unseren Kindern suggerieren, dass es bestimmte Eigenschaften sind oder ihre Kleidung, die aus einem Jungen einen Jungen machen und aus einem Mädchen ein Mädchen, und nicht ihre Selbsteinschätzung oder Biologie.
All das hält uns gefangen hält in einer Welt, in der uns keine Wahl gelassen wird. In der es uns viel zu wenig stört oder nicht einmal mehr auffällt, dass es normal ist, wenn die Mutter zuhause bleibt, während der Vater in die Arbeit fährt. In der es meiner Tochter so gehen wird wie mir, die ich zwar mehr verdiente als meine Lebenspartner, aber weniger als männliche Kollegen. Meine Chefs mich für nett hielten, aber nicht für konkurrenzfähig, für sympathisch vielleicht, aber nicht für innovativ. In der Handwerker am liebsten mit meinem Mann sprechen – die Betreuer meiner Kinder aber immer mich anrufen.
Mädchen dürfen alles sein
Seit ich mich und meine Umgebung damit auseinander setze, auch auf meinen Blog darüber schreibe, höre ich immer öfter von anderen, die dadurch sehen, was ich sehe. Die jetzt bewusster mit ihren Töchtern und Söhnen sprechen. Deren Partner, die Väter ihrer Töchter, meine Blogtexte lesen… Ich höre wie mit meiner Tochter plötzlich anders gesprochen wird, meine Familie sie in ihrer Unabhängigkeit und ihrem Selbstbewusstsein stärkt, sehe wie der Opa ihr den Hammer in die Hand drückt und die Oma zu ihr sagt „Mädchen können alles machen, und lass dir von niemandem was anderes erzählen.“ Und sich keiner daran stört, dass sich mein Sohn die Fingernägel in denselben Farben lackieren lässt, wie seine Schwester.
Darum meine Botschaft an andere Frauen und Mütter: Macht keinen Unterschied, ob eurer Tochter eine bestimmte Farbe gefällt oder eurem Sohn. Urteilt nicht, wenn euer Sohn gerne mit Autos spielt und eure Tochter lieber mit Puppen und lasst andere nicht darüber urteilen, wenn es umgekehrt ist. Seht hin und schafft Bewusstsein. Ihr alleine ändert vielleicht nicht die ganze Welt. Aber ihr könnt die Welt eurer Töchter und Söhne ändern.
Dieser Artikel erschien zuerst auf Kerstins Blog „Die Königin tanzt“, sowie als Gastbeitrag auf Menerva Hammads Blog “Hotel Mama”, als Teil ihrer Serie #Eine für Alle.
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