Um den ganz großen Erfolg ging es ihr zu Beginn nicht. Und doch machte Sophia Amoruso einen kleinen Ebay-Shop zu einem millionenschweren Unternehmen. Wie?
Millionenidee
Wie macht man aus einem Hobby ein Millionen-Business, das mit insgesamt 49 Millionen US-Dollar von Investoren wie dem bekannten Venture Capital-Unternehmen Index Ventures finanziert ist? Erster Impuls: Marketing studieren, eine erfolgsorientierte Idee entwickeln und einen perfekten Businessplan aufstellen. Die unkonventionellere Variante: Eine Idee entwickeln, auf die man vertraut, dem eigenen Angstgefühl einen Riegel vorschieben und einfach machen. Sophia Amoruso hat sich für Letzteres entschieden und ist mit dieser Strategie sowie einem ausgeprägten Gespür für Mode sehr erfolgreich geworden. Der erste Verkauf der Gründerin und CEO des Vintage-Shops Nasty Gal hatte allerdings noch recht wenig mit Mode zu tun. Denn den Grundstein für ihre außergewöhnliche E-Commerce-Karriere legte der Verkauf eines gestohlenen Buches. So jedenfalls eine Anekdote, die über sie erzählt wird. Der Literatur hat sie sich jetzt erneut zugewandt. Diesmal allerdings gänzlich anders: Sie hat selbst ein Buch geschrieben. Über sich, über den Erfolg und was es dazu braucht, sich selbstständig zu machen. Titel: #Girlboss. Aber wie kam es dazu?
Eigenes Business statt Aushilfsjob
Es ist wohl kaum ein Zufall, dass Sophia Amoruso nicht nur eine ziemlich erfolgreiche Frau ist, sondern auch weitestgehend angstfrei scheint. Mit gerade einmal 30 Jahren ist sie eine Entrepreneurin, die in kürzester Zeit ein 100 Millionen US-Dollar-Unternehmen aufgebaut hat, das mehr als 300 Mitarbeiter beschäftigt. Und das ohne je eine Studium beendet oder auch nur mit dem kleinen Zeh in akademisches Marketingwissen getippt zu haben. Stattdessen hat sie nach einer nicht ganz so glorreichen Schullaufbahn Sandwiches belegt oder am Empfang einer Kunstakademie gesessen. Kontakte hatte sie keine, dafür einen guten Stil und den Mut, dem eigenen Bauchgefühl zu vertrauen. Zusammengenommen war der Weg zum Verkauf von Vintage-Mode auf Ebay nicht mehr weit, und im Jahr 2006 stellte Amoruso ihre erste, selektierte Auswahl online. Sie kaufte in ihrem Umfeld auf gut Glück Designer-Stücke imVintage-Stil und verkaufte zunächst als Powerseller auf Ebay 25 Stücke pro Woche. Zwei Jahre später launchte sie Nasty Gal als eigenen Shop. Den Namen entlehnte sie einem Album von Stil- und Funkikone Betty Davis, die sie als „patron saint of badass women“ beschreibt. Scheint zu stimmen. Heute ist der Shop jedenfalls längst zu einer weltweit bekannten Marke geworden – und Amoruso ohne Frage zu einem Girlboss.
Wann beginnt das Scheitern?
Klingt nach dem Prototyp einer Self-Made-Millionärin? Definitiv. Bis ins Jahr 2011, in welchem Nasty Gal bereits rund 30 Millionen US-Dollar umsetzte, arbeitete die Unternehmerin ohne Finanzierung von außen und einem Marketing, das ausschließlich auf Posts in sozialen Netzwerken basierte. Als Erfolgsgeheimnisse nennt die Unternehmerin jede Menge harte Arbeit und den Glauben an sich selbst. Zugeben, keine ganz so geheimen Geheimtipps.
Doch nur im Alleingang und ohne jedes Hindernis hat auch Amoruso es nicht geschafft. So erzählte sie in einem Interview mit der Huffington Post, wie ihr der Boden unter den Füßen wegbrach, als ihr erster COO nach einigen Monaten das noch junge Unternehmen verließ. Aber, so ihr lapidares wie handfestes Mantra für solche Situationen: „I was ok bevor this, I will be ok after this.“
Über den Respekt, den ihr die Position als CEO zunächst einflößte, schreibt sie in ihrem Buch: „I felt like a fraud for a long time, as if there were no way in hell I was qualified.“ Rückschläge und Zweifel nicht gleich als Scheitern zu begreifen, ist sicherlich der wichtigere Tipp, den man von der Unternehmerin übernehmen kann. Ebenso wie im Alltag oder bei verspäteten Karma-Retourkutschen den Humor zu bewahren. Kürzlich twitterte Amoruso von ihrer Lesereise: „True story: In the back after a #Girlboss event and hear a bang on the window. Kids press a sing to a window that reads: We stole your book!.“ Mit der jüngst gegründeten #Girlboss-Foundation macht sie auf dem Karma-Konto sicher wieder einiges gut.
Sie wurde ins Leben gerufen, um etwas vom eigenen Erfolg zurück zu geben und junge Unternehmer aus der Kreativ-Szene mit einer finanziellen Förderung bei der Gründung oder der Umsetzung eines Projekts zu unterstützen.
Erfolg beginnt außerhalb der Comfortzone
Der Werdegang von Sophia Amoruso klingt eigentlich ein bisschen zu gut und ein bisschen zu sehr nach American Dream, um wahr zu sein. Eine schöne, junge Frau wird von der Tellerwäscherin zur Millionärin. Letztlich geht die Geschichte der Nasty Gal-Gründerin aber über die Disney-Pointe hinaus. Sie erzählt davon, sich nicht vor seinen eigenen Ideen zu scheuen und loszulegen, ganz gleich wie die Umstände sind. Vom Vertrauen in sich selbst und davon, die Angst vor dem Ungewissen hinter sich zu lassen. Du bist nicht die Erste? Du bist nicht die Beste? Egal, leg los! Klingt jetzt auch nur wieder nur nach Disney? Am Ende bleibt: Wer nicht über die Fragen hinauskommt, ob die eigene Qualifikation, das Netzwerk oder das Geld ausreichen, um seinen Traum umzusetzen, der wird seine Ideen nicht verwirklichen. Sondern sich vor lauter Furcht vor der eigenen Courage immer wieder in Ausreden verlieren. Auch wenn es sich zweifelsohne um Fragen handelt, die gestellt werden müssen, sollte man sich mit dem Gedanken anfreunden, dass sich finale Antworten meist erst dann geben lassen, wenn der Sprung ins kalte Wasser schon gewagt wurde. Alles was davor steht, beginnt mit der Idee davon, selbst jemand zu sein, der etwas gestalten kann. Eine Illusion, die mit Mut Wirklichkeit werden kann.