Investment-Firmen mit Partnerinnen investieren häufiger in frauengeführte Unternehmen, zeigt eine aktuelle Studie. Das meiste Kapital fließt in Männer.
Frau in den USA gründen häufig
Die Tech-Branche steht für Innovation und Risikobereitschaft – Eigenschaften, die ausreichen sollten, um bisherige Strukturen der Wirtschaft auf den Kopf zu stellen. Doch eines findet sich hier ebenso: Geld zwischen Männern und Frauen wird ungleich verteilt. Eine Studie des Babson College hat einen weiteren Gender-Gap in der Startup-Landschaft festgestellt, doch es geht nicht um Gehälter, es geht um das Kapital, das Gründerinnen und Gründer für ihre Ideen bekommen.
In den Vereinigten Staaten ist der Gründergeist ausgeprägt: Etwa 13 Prozent der arbeitenden Bevölkerung waren 2013 dabei oder hatte bereits ein neues Unternehmen aufgebaut – mit elf Prozent Frauen und 16 Prozent Männern ist der Gender-Gap dabei vergleichsweise gering. Laut Daten der Small Business Administration sind zudem 36 Prozent der kleineren Unternehmen derzeit frauengeführt. Dass zu wenige Frauen gründen, ist also nicht das Problem in den USA.
Um die Verteilung von Venture Capital zwischen den Geschlechtern zu untersuchen, stellte die Studie vier Hauptfragen:
- Bemühen sich und erhalten Gründerinnen das Kapital, was sie benötigen, damit ihr Unternehmen wächst?
- Wie entwickeln sich die Startups von Frauen, nachdem sie Venture Capital erhalten?
- Welche Venture-Capital-Firmen investieren in Gründerinnen?
- Welche Frauen erhalten Venture Capital?
Wenige weibliche CEOs erhalten Kapital
Das Forschungsprojekt hat dazu knapp 7.000 Unternehmen untersucht, die zwischen 2011 und 2013 Investments von VCs erhalten haben. Im ersten Schritt schaute das Studienteam, ob es mindestens eine Frau im Führungsteam der Startups gab, die Funding erhielten. Für den untersuchten Zeitraum war dies bei 15 Prozent der Unternehmen der Fall, während es bei der Vorgängerstudie von 1999 nur fünf Prozent waren – ein entscheidender Fortschritt. Das Kapital kam sowohl als Seed, Early-Stage- und Later-Stage-Investment. Jedoch hatten nur 2,7 Prozent der finanzierten Startups auch eine weibliche CEO.
21 Prozent des insgesamt investierten Venture Capitals zwischen 2011 und 2013 floss in Unternehmen mit Frauen im Führungsteam. Startups mit weiblichem CEO erhielten jedoch nur magere drei Prozent der gesamten Investments – 1,5 Milliarden US Dollar von 50,8 Milliarden, die in diesen drei Jahren investiert wurden. Am häufigsten wurde dabei in Startups aus den Branchen Biotechnologie und Software investiert.
Partnerinnen in VC-Firmen entscheidend
Die Frauenquote in US-amerikanischen Venture-Capital-Firmen ist rückläufig. Während bei der ersten Untersuchung 1999 noch zehn Prozent der Partner in VC-Firmen weiblich waren, waren es bei der aktuellen Untersuchung nur noch sechs Prozent. Der Partnerinnen-Anteil hat jedoch eine signifikante Wirkung auf das Investment-Verhalten der Firmen: Die Wahrscheinlichkeit, dass in Unternehmen mit Frauen im Führungsteam investiert wird, verdoppelt sich, sobald die VC-Firma eine Partnerin im Managementteam hat. Bei Startups, die eine weibliche CEO haben, verdreifacht sie sich sogar.
Ältere Gründer-Studien haben Frauen nahegelegt, Investments proaktiver anzugehen, ihr Finanzwissen zu verbessern, größer zu träumen und im High-Tech-Bereich zu gründen. Ratschläge lauten außerdem oft, die eigenen Netzwerke zu vergrößern oder zu lernen, „wie Männer zu pitchen“ – was auch immer das heißen mag. Das Projektteam der Babson-Studie gibt an, dass Gründerinnen diesen Ratschlägen zu großen Teilen gefolgt sind und sie sich in der Herangehensweise, Investments zu erhalten, wenig von ihren Kollegen unterscheiden – dennoch verteilt sich das Kapital, das Gründerinnen und Gründer erhalten, weiterhin extrem ungleich.
Wenn es darum geht, die Zukunftsbranchen aufzubauen – sei es im Software-Bereich, in der Gesundheitsbranche oder im E-Commerce – reichen Ideen allein nicht. Ohne Investments erreichen die wenigsten Startups ein relevantes Wachstum. Alle Ermutigungen, die sich von Vorbildern wie Marissa Mayer oder Sheryl Sandberg an Frauen richten, laufen jedoch ins Leere, wenn Gründerinnen vom Kapital abgeschnitten sind. Den nächsten Technologieriesen können sie nur mit ausreichend Geld bauen.
Investmentprinzip: Ähnlichkeit
Doch warum erhalten Frauen so wenige Fundings? An zu wenig Selbstbewusstsein mangelt es Gründerinnen sicherlich nicht. Wer gründet, ist überzeugt von der eigenen Idee, bereit, für das Unternehmen durchs Feuer zu gehen und per se risikobereit. Vielleicht wiederholt sich jedoch auch hier das Ähnlichkeitsprinzip, dass schon bei Einstellungs- und Beförderungsprozessen greift und zu dem Phänomen der „Gläsernen Decke“ geführt hat.
Ein männliches Investoren-Team entdeckt somit weniger Ähnlichkeit in einem Gründerinnen-Team, es sieht in einer Frau seltener den nächsten Steve Jobs oder Marc Zuckerberg.
Zudem sind die Erfahrungswelten von Männern anders als die von Frauen. Ein guter Pitch kann diese Lücke nicht in jedem Fall schließen. Der Markt für Produkte, die vor allem weibliche Bedürfnisse bedienen, ist riesig – und wenig erschlossen. So wunderten sich erst Nutzerinnen in dieser Woche, warum die geplante Gesundheits-App von Apple alle möglichen Quantified-Self-Daten tracken kann, aber keinen Menstruationskalender enthält. Ein Markt, in den Apps wie Clue oder Groove erfolgreich vorgestoßen sind – mit Gründerinnen an Bord. Oder wie Courtney Martin für die New York Times schrieb: „Wenn Männer stillen könnten, wären Milchpumpen schon jetzt so elegant wie ein iPhone.“ Momentan sind sie jedoch eines: Hässlich, laut und unbequem – weit entfernt von einem Produkt, mit dem sich eine stillende Frau aus dem Haus wagenwürde, und damit gleichzeitig Werbung für es machen könnte.
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