Foto: Gratisography/Ryan McGuire

12 Tipps für Frauen, die im Job durchstarten wollen

Frauen stehen mehr im Fokus und werden kritischer betrachtet und bewertet – Andrea Gutmann und Petra Seisl haben herausgefunden, auf was sie bei der Karriereplanung achten können.

 

Die Karriere
ganzheitlich betrachten

Es gibt klare Gründe, warum Frauen trotz vermeintlicher Förderung und Vereinbarkeitsmaßnahmen auf Karriere verzichten: Statt das Thema ganzheitlich anzupacken, dominieren in den meisten Unternehmen – wenn überhaupt – sporadische Einzelmaßnahmen oder viele der Maßnahmen gehen an den wahren Bedürfnissen vorbei.

Für unsere Studie „womenizing“ haben Petra Seisl und ich knapp 60 Expertinnen und Experten im deutschsprachigen Raum ausführlich befragt, warum der Frauenanteil im Management vergleichsweise gering ist. Die Auswertung der Gespräche sowie die Erfahrungen aus unserer Beratungstätigkeit mit Frauen (und Männern) aller Altersklassen zur beruflichen (Neu-)Orientierung bieten wichtige theoretische Erkenntnisse, aber vor allem auch ganz konkrete Handlungsempfehlungen – nämlich diese:

1. Es gibt ihn, den
Unterschied

Für alle, die einen
Unterschied im Verhalten von Männern und Frauen bestreiten wollen:
Es gibt ihn, den Unterschied, und diesem Unterschied sollten wir beachten, sowohl im eigenen Verhalten als auch in der
Führung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Auch die Bedürfnisse sind andere. Diese
Unterschiede sind oft stark stereotypisiert, aber dennoch existent:
Frauen sind teamfähiger, fürsorglicher, kreativer, mutiger,
realistischer, mehr inhaltlich und weniger karriereorientiert, keine
Netzwerker, schlecht im Selbstmarketing et cetera.

Wir sollten unser Wertesystem auf den Prüfstand stellen, und uns fragen: Was ist mir wichtig? Und dann
entsprechende Prioritäten setzen. Wenn die Karriere zum Beispiel an
oberster Stelle steht, ist unsere Aversion gegen Networking vielleicht
zu überdenken oder ein strategischer Lunch doch ab und an recht
hilfreich.

2. Es gibt keine
genderneutrale Beurteilung

Ob wir wollen oder nicht:
Unbewusst spielt das Geschlecht bei der Beurteilung eine Rolle, sei
es im Recruitment-Prozess oder bei der Beförderung und Bewertung von
Mitarbeitern und Führungskräften. Diese Differenzierung erfolgt
sowohl von Frauen als auch von Männern. Eine Studie hat zum Beispiel
belegt, dass bei der Bewertung von Leistungsträgern in Unternehmen
ein Großteil der Frauen unter anderem mit kritischen Kommentaren
bewertet wird, während dies bei den Männern kaum der Fall ist.
Frauen stehen mehr im Fokus, werden kritischer betrachtet und
bewertet. Wir sollten uns diese Tatsache bewusst machen, und unsere
eigene Wahrnehmung und die der anderen dafür schärfen.

3. Prüfen an wen man sich bindet – Ist das Unternehmen ein ‚Womenizer‘?

Damit ist gemeint, dass wir neben Themen wie Jobinhalt, Gehalt, Umfeld et cetera auch darauf
achten können, ob das Unternehmen in den Feldern Diversity und /oder
Gender aktiv ist oder nicht; gibt es nach außen kommunizierte
Absichtserklärungen der Unternehmensleitung zu diesen Themen? Gibt
es (verbindliche) Zielvorgaben, werden Zahlen offengelegt, gibt es
weibliche Vorbilder? Was für Familienmodelle leben die männlichen
Führungskräfte? Man kann aber auch folgende Aspekte analysieren:

Gibt es dort mehr
als nur eine Vorzeigefrau im Management, der Geschäftsführung, im
Vorstand, im Aufsichtsrat? (idealerweise sollte der Frauenanteil
bei einem Drittel liegen, solche Unternehmen findet man jedoch
gerade im MINT-Umfeld selten.)

Stammen diese Frauen
aus dem eigenen Unternehmen? (Oder wurden sie vornehmlich extern
rekrutiert – das würde eher auf fehlende interne Förderung
hindeuten?)

Füllen diese Frauen
diese Position bereits seit Längerem aus?

Wenn man diese Fragen mit
ja beantworten kann, dann scheinen man ein Unternehmen gefunden zu
haben, in dem auch Frauen vorankommen und Karriere machen können.

Und übrigens:
Vereinbarkeitsmaßnahmen alleine bedeuten nicht, dass Frauen
gefördert werden. Viele Unternehmen sind und geben sich mittlerweile
familienfreundlich, das heißt aber nicht, dass weibliche Karrieren
befördert werden.

4. Nicht die Wichtigkeit eines (männlichen) Mäzens unterschätzen

Fragt man erfolgreiche
Top-Managerinnen nach ihrem Erfolgsgeheimnis, kommt immer wieder das
Argument: Ich hatte männliche Mentoren, die mich auf dem Weg
unterstützt und gefördert haben!

Viele Top-Führungsebenen
in den meisten Branchen sind noch immer männlich besetzt, das heißt,
Entscheidungen auch über Karrieren werden von diesen Männern
getroffen. Nachwuchsförderung ist gerade vor dem Hintergrund der
demografischen Entwicklung auch für diese Männer ein wichtiges
Thema und Frauenförderung ist ‚en vogue‘ – das kann man auch als
Frau aktiv nutzen! Und besser noch: Je mehr Förderer und Mentoren man gewinnt, umso besser (auch unternehmensübergreifend).

5. Prüfen an wen man sich gebunden hat – ist das Unternehmen ein ‚Womenizer‘?

Werden Frauen nur
gefördert, also zum Beispiel in Form von Coachings oder
Nachwuchs-Programmen, oder bekommen sie auch tatsächlich die
verantwortungsvollen Positionen? Ist das Thema Frauenförderung
nachhaltig und ernst gemeint und wird es von oben aber auch vom
Mittelmanagement ernst genommen? Gibt es Zielvorgaben, sind diese an
variable Vergütung geknüpft? Werden intern weibliche Talente aktiv
gesucht und gefördert (oder extern rekrutiert)? Es gibt aber
auch Unternehmen, die erfolgreich Frauen fördern, ohne dass sie
dieses eine Thema in den Vordergrund stellen. Das ist dann eine Frage
der generellen Unternehmenskultur, des Führungsstils und der
Nachwuchsförderung. Je moderner, fortschrittlicher hier das
Unternehmen ist, umso besser. 
Denn Studien zeigen,
dass Unternehmen mit ganzheitlichen Personalentwicklungsansätzen
und modernen Führungskulturen mehr Erfolge bei der Frauenförderung
aufweisen.

Und übrigens, man sollte auch auf folgenden Aspekt schauen: Welches Rollenmodell leben die
erfolgreichen Manager in dem Unternehmen? Sind deren Frauen selbst
beruflich aktiv und erfolgreich? Wenn nicht, dann dürfte auch deren
Rollenverständnis eher klassisch geprägt sein. Und das kann hinderlich sein. Muss es aber natürlich nicht.

6. Anforderungen an
Führungs- oder Aufstiegspositionen nicht zu ernst nehmen!

Jede von uns hat schon
ein Zimmer beziehungsweise eine Wohnung gesucht – meist trifft
dabei nur ein Bruchteil dessen zu, was in der Anzeige über die
potenziellen vier Wände beschrieben wurde, und man würde auch
sicher nicht davon ausgehen, dass die Anzeige 1:1 die Realität
widerspiegelt. Warum also sollte das bei Ausschreibungen für
Führungspositionen anders sein? Frauen jedoch nehmen diese
Anforderungen zu ernst, beziehungsweise ernster als ihre männlichen
Kollegen und glauben, sich nur bei 120-prozentiger Deckung für die
Stelle bewerben zu können.

Damit zusammenhängend
noch ein paar weitere Empfehlungen:

Man muss sich selbst ins Spiel bringen (also nicht darauf warten, angesprochen zu werden
– Männer machen das auch nicht). Und zwar: auch bei
„nur“ 70-prozentiger Eignung.
Und im
Erstgespräch müssen auch nicht gleich fehlende Erfahrungen oder fehlende
Kompetenzen angesprochen werden.

Dazu gehört auch, dass man  eigene Anforderungen definiert und diese
einfordert; denn oft geht mehr, als man denkt, zum Beispiel Home Office, Vier-Tage-Woche et cetera.

Last but not least: Wir alle sollten uns von Anforderungen, die an eine Führungsposition
gestellt werden, nicht abschrecken lassen: Ich denke da an Eigenschaften wie
Aggressivität, Dominanz und Karrierebewusstsein. Das sind
Charakterzüge, die viele davon abhalten, in höhere
Führungsebenen aufsteigen zu wollen. Dabei haben wir bewusst hier den
Ausdruck ‚Aggressivität‘ verwendet, der bei Frauen manchmal negativer ankommt als bei Männern. Wir könnten genauso gut von
Durchsetzungsfähigkeit und Überzeugungskraft sprechen….

7. Vorsicht bei
Teilzeit!

Teilzeit ist immer noch
zu oft mit Karrieresackgassen verbunden. Führungspositionen
in Teilzeit gibt es kaum, das ist immer noch die
Ausnahme. Aber gleichzeitig ist im deutschsprachigen Raum Teilzeit
viel bedeutsamer als anderswo, weil man als Frau glaubt, so die
Anforderungen an Job und an die Elternsein besser erfüllen zu
können. Innerhalb der EU ist Deutschland mit 18,5 Stunden
durchschnittlicher Arbeitszeit bei Teilzeitbeschäftigten das
absolute Schlusslicht. Anderswo, beispielsweise in Frankreich, ist
Teilzeit per se negativ behaftet, insbesondere bei qualifizierten
Jobs. Unternehmen haben dort Schwierigkeiten, gute Position in
‚Nicht-Vollzeit‘ zu besetzen. Mit Teilzeit meinen wir hier übrigens insbesondere die
50-Prozent-Stellen oder noch weniger…Karrieren mit um die 80
Prozent sind durchaus möglich.

8. Die Rolle der Frau
in der Gesellschaft macht uns das Leben schwer

Manche Anforderungen sind noch immer antiquiert. Das
hat zur Folge, dass Frauen, die Kinder haben und arbeiten, einem sehr
hohen Druck ausgesetzt sind. Es hilft sich frühzeitig mit dieser Thematik
auseinander zu setzen und sie zu brechen. Fangen wir bei uns, in unserem Unternehmen und nicht zuletzt auch bei unserem Partner an.

9. Richtige Partnerwahl

Ergebnis
der aktuellen Shell-Jugendstudie: Das 80-40-Problem: 80 Prozent der
jungen Frauen wollen später Karriere machen und Kinder bekommen,
aber nur 40 Prozent der jungen Männer würden das
unterstützen…aktuell wird in Österreich beispielsweise in weniger
als fünf Prozent der Familien die Kinderbetreuung partnerschaftlich
aufgeteilt. Der Scheidepunkt in der ungleichen Verteilung von
Erwerbs- und Familienarbeit hin zu antiquierten Rollenbildern liegt
bei der Geburt des ersten Kindes. Junge Frauen, die das nicht wollen,
müssen sich einen Partner suchen, der ihren Lebensentwurf mitträgt,
auch wenn dieser zum Zeitpunkt der Partnerwahl meist noch nicht
relevant ist.

10. Authentisch bleiben!

Weibliche
Führungskompetenzen werden promotet, männliche Führungskompetenzen
befördert. Klingt klischeehaft, aber es ist etwas wahres dran. Anforderungsprofile für Managementpositionen beschreiben
nach wie oft Führungskompetenzen, die wir eher Männern zuordnen. Das hat zu
Folge, dass Frauen weniger zugetraut wird und deren Führungsverhalten
auch kritischer bewertet wird. Authentisch zu bleiben hilft. Auf keinen fall sollte man sich verbiegen und den
Führungsstil an den vorherrschenden und vermeintlich
erfolgreichen Führungsstil anpassen.

11. Vorstellungen und Zielen treu bleiben!

Frauen
ändern ihre Karrierewünsche im Laufe ihrer Karriere: Beim
Berufseinstieg ist noch kein Geschlechterunterschied erkennbar,
später schon; u
nter den Berufseinsteigerinnen glauben 27
Prozent, dass sie die höchsten Hierarchiestufen im Unternehmen
erreichen können. In der mittleren Karrierephase sinkt dieser Wert
um nahezu die Hälfte, während er bei Männern stabil bleibt.

12. Der ersönliche Werte-Check

Es lohnt sich das Wertegefüge regelmäßig auf den Prüfstand zu stellen.
Diese Werte werden idealerweise auch in unserer beruflichen Tätigkeit
erfüllt, können aber durchaus auch in der Freizeit und Familie
einen Stellenwert finden. Wichtig ist, dass wir nicht daran
vorbeileben. Das erzeugt Frust und Unzufriedenheit. Studien belegen,
dass bei Frauen früher oder später in ihrem Leben unabhängig vom
Familienstatus die Sinnfrage eine Rolle spielt.

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