Foto: Mashup Communications

„Gründerin sein ist allein noch keine gute Geschichte“

Warum aus der weiblichen Gründerinnenrolle als langfristige Story nicht viel herauszuholen ist.

 

„PR für Gründerinnen“ gibt es nicht – aber ein paar Tipps

Als Geschäftsführerin einer PR-Agentur für digitale Unternehmen treffe ich häufig auf weibliche Gründerinnen, die mit ihrem Startup groß in der Presse herauskommen wollen. Wenn ich es mit meinem Einstieg in die Startup- und PR-Welt vor acht Jahren vergleiche, steigt der Anteil der Gründerinnen erfreulicherweise immer mehr. Ein Großteil unserer Kundinnen kommt zu Beginn auch mit der Frage auf uns zu, ob die Tatsache, dass sie als Frau ein Unternehmen gegründet haben, Ausschlag auf unsere PR-Strategie gibt. Die Antwort auf diese Frage ist vielschichtig. Aus meiner Erfahrung heraus gibt es aber einige Argumente, die ich regelmäßig wiederhole und hiermit gerne zur Debatte stellen möchte:

1. „Gründerin sein“ ist noch keine Story

Wir begegnen häufig Frauen, die beim Kennenlern- oder Kickoff-Meeting die Idee äußern, ihre weibliche Gründerrolle auch als ein Alleinstellungsmerkmal für die PR zu nutzen. Und wir hören diese Idee öfter, als sich jede einzelne dieser Gründerinnen denken kann. Auch wenn wir noch weit weg von gleichen Verhältnissen sind, eine absolute Ausnahme sind Startups unter weiblicher Führung jedoch schon lange nicht mehr. Zum großen Teil ist die Entscheidung, welche PR-Strategie wir wählen, vor allem abhängig vom Produkt, dem Marktumfeld und der öffentlichen Wahrnehmung eines Themas. Die Tatsache, ob es von einem Mann oder einer Frau gegründet wurde, hat weniger Einfluss, als man denkt. Sicherlich gibt es hier und da Möglichkeiten, das Thema zu bespielen, wenn es sich anbietet. Zum Beispiel, wenn es Themenspecials oder Interviewreihen über Gründerinnen in bestimmten Medien gibt. Aus der weiblichen Gründerinnenrolle ist aber als langfristige Story allein nicht viel herauszuholen, wenn spannende Hürden, die man als Gründerin überwinden musste, besondere Expertise oder eine einzigartige Produktidee fehlen.

2. Wenn Gründerinnen über Gründerinnen sprechen

Bleiben wir beispielhaft bei den besagten Themenspecials über weibliche Unternehmer. Diese sind eigentlich ganz nett gemeint, wollen sie doch die Aufmerksamkeit auf das Thema generell lenken und Frauen ins Rampenlicht rücken. Jedoch haben sie einen großen Makel beziehungsweise Stolperstein, über den sich Gründerinnen auch in anderen Interviewsituationen bewusst sein sollten. „Wie ist das so als weibliche Gründerin?“ – Zu häufig lenken diese oder ähnliche Fragen von einer ganz entscheidenden Tatsache ab. Personality PR sollte nur ein Mittel zum Zweck sein um ein Produkt oder ein Unternehmen bekannter zu machen. Die Meta-Ebene ist verlockend fürs Ego, hilft aber nicht viel fürs Branding der eigenen Unternehmung. Daher sollten sich Gründerinnen gute Strategien und Formulierungen überlegen, mit denen sie schnell wieder zum Kern der Sache, nämlich ihrem Produkt und ihrer Expertise, kommen. Gleichzeitig schwingt hier ein Appell an Redaktionen mit, neben dem guten Willen auch die richtigen Fragen zu stellen und eine größere Vielfalt an Gesprächspartnern zu suchen, auch wenn’s mal kein Themenspecial ist.

3. Dream-Teams statt Quotenfrau

Auf Events, zu denen Frauen als Speaker eingeladen werden, bei Statement-Anfragen für redaktionelle Artikel oder sonstigen PR-Bühnen: Häufig hat man als Gründerin – aus eigener Erfahrung heraus – ab und zu noch das Gefühl, als Quotenfrau hinzugezogen zu werden. Zum Glück immer seltener, aber zu häufig sind Frauen dennoch unterrepräsentiert. Auf dem langen Weg dahin, dass wir hoffentlich irgendwann nicht mehr über Gender-Unterschiede in der Wirtschaft sprechen müssen – auch wenn das für mich heißt, ein PR-Thema weniger bespielen zu können – muss gezeigt werden, dass Frauen bereits erfolgreich gründen und führen, und das ganz selbstverständlich. Damit noch mehr Beispiele und Vorbilder ins Rampenlicht kommen, sollten Gründerinnen, die bereits gute PR machen und haben, auch andere Gründerinnen auf den Radar holen, ob Veranstalter oder Redakteure darum gebeten haben oder nicht.

4. Seid ihr selbst

Was nach dem ersten Kapitel aus jedem Selbstverwirklichungsratgeber klingt, ist dennoch ein Aspekt, bei dem sich manch eine weibliche Gründerin selbst Steine in den Weg legt. Sicherlich gibt es viele gute Ratschläge, wie man sich als Frau präsentieren sollte, um nach außen hin ernster genommen zu werden, vom Lächeln über die Frisur, Kleidung oder Körperhaltung. Wenn Gestik und Mimik die eigene Souveränität unterstreichen, ist das eine große Hilfe. Wenn Pressefotos aber mit einer Optik erstellt werden, die der eigenen Persönlichkeit widersprechen, bin ich nicht mehr bei diesen Ratschlägen, die zudem häufig implizieren, sich „männlicher“ zu geben: Mit zurückgesteckten Haaren, strengem Scheitel und fehlendem Lächeln. Zu wem es passt, bestens. Aber die öffentliche Wahrnehmung, dass man als Unternehmerin damit ernster genommen wird, ist eine Wahrnehmung, die man auch ändern kann. Das gleiche gilt für Events oder andere öffentliche Anlässe. Zieht an, worin ihr euch wohl fühlt, versprüht euer Charisma, erzählt kluge Sachen und pitcht euer Startup – gegebenenfalls auch auf andere Art und Weise als Männer.

Mehr auf EDITION F

Was macht Gründerinnen erfolgreich? Weiterlesen

Das Gründerinnen-Manifest: Wo sind all die Digital-Gründerinnen? Weiterlesen

Das Startup-Sausage-Fest: Gründerinnen? Fehlanzeige. Weiterlesen
 

Anzeige