Väter wollen mehr Zeit für ihre Familie, doch Unternehmen gehen häufig von traditionellen Familienmodellen aus und lehnen ihren Wunsch nach Flexibilität doppelt so häufig ab wie den von Frauen. Wie lässt sich das ändern?
Wie Kinder auf Karrieren wirken
Kinder zu bekommen, verändert den Arbeitsalltag, so wie man
ihn vorher gekannt hat: Individuell nimmt man den Tag im Job anders wahr, weil
die Nacht kurz war oder man selbst wieder mal einen Virus aus der Kita bekommen
hat. Vielleicht verändert sich auch die Stimmung im Team, wenn eine Kollegin
oder ein Kollege mit dem kranken Kind öfter Zuhause bleiben muss oder nun
nachmittags geht, um es aus der Kita abzuholen.
Andere Änderungen sind
gravierender: Manchen Müttern wird am ersten Tag nach der Elternzeit die
Kündigung auf den Tisch geknallt, sie bekommen keine anspruchsvollen Projekte
mehr oder können aus der Teilzeitstelle keine Vollzeit mehr machen.
Insbesondere
Frauen mit Kindern erleben im Job dann, wie Vorurteile über Eltern sich auf
ihre Beurteilung und Karriere auswirken – nachzuweisen ist das oft schwierig,
doch Frauen aus allen Branchen bestätigen die Karrierenachteile, die sich durch
Mutterschaft ergeben. Wenn Väter also nun vermehrt davon berichten, dass
Elternzeit für ihre Karriere nicht positiv ist, wie zum Beispiel eine aktuelle
Befragung von XING ergab, können Frauen nur müde lächeln und sagen: „Welcome to
our world.“
Paare wollen teilen
Obwohl die Berufswege von Frauen und Männern in Deutschland
insbesondere dann, wenn sie Kinder haben, nach wie vor unterschiedlich
verlaufen, wünschen sie sich eigentlich das gleiche: Eine Wochenarbeitszeit
unter 40 Stunden, um mehr Zeit mit der Familie und als Paar verbringen zu
können. Über 90 Prozent der Väter sagen mittlerweile, dass ihnen Zeit mit ihren
Kindern unter der Woche sehr wichtig sei, nahezu ebenso viele legen Wert
darauf, die Entwicklung ihres Kindes von Anfang an zu begleiten, so eine Studie der Väter gGmbH von 2012.
In den Daten zur Elternzeit und Teilzeitstellen spiegeln
sich die veränderten Wünsche von Vätern jedoch bislang nicht wieder. Etwa 20 Prozent der
Männer arbeiteten 2014 laut einer Erhebung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung in Teilzeitstellen, von diesen Vätern begründeten aber
gerade einmal 6,8 Prozent ihre Teilzeitstelle mit der Betreuung von Kindern und
familiären Aufgaben. Demgegenüber stehen 58 Prozent Frauen, die in Teilzeit
arbeiten, wovon 51,2 Prozent die Familie als Grund hierfür angaben.
Kümmern Väter sich intensiv um Neugeborene? Nein, fast 70 Prozent der Väter nehmen bislang gar keine Elternzeit. Von den Vätern, die für ihr Kind eine berufliche Auszeit
nahmen, haben knapp 80 Prozent nur die zweimonatige Mindestbezugsdauer gewählt. Vom Trend,
dass Väter sich schon in den ersten Monaten nach der Geburt eines Babys
gleichberechtigt an der Familienarbeit beteiligen, kann in Deutschland also
keine Rede sein.
Was Väter für sich einfordern müssen
Warum gelingt das Männern bislang nicht? In der Tat ist es
so, dass Männer für eine gleichberechtigte Teilhabe kämpfen müssen, so wie
Frauen das seit Jahrzehnten im Bereich der Arbeitswelt tun. In Unternehmen tun
sich für Väter Hürden auf, die nur verschwinden werden, wenn Väter beginnen,
ihre Wünsche nach mehr Zeit mit der Familie durchzusetzen und dementsprechend
zu verhandeln. Die aktuelle Studie „The Power of Flexibility“ von Bain & Company und den Chief Executive Women kam für die
australische Arbeitswelt zu dem Ergebnis, dass der Wunsch von männlichen
Angestellten nach flexiblen Arbeitszeiten doppelt so häufig abgelehnt wird wie
der von Frauen. Für den deutschen Raum gibt es aktuell keine vergleichbare
Studie, die das belegen könnte; dass die Lage hier ähnlich sein könnte, liegt jedoch
nahe, was insbesondere belegt wird durch Befragungen zur Unternehmenskultur in
Deutschland.
In einer Fallstudie, die von der Europäischen Akademie für Frauen in Politik und Wirtschaft Berlin e.V. (EAF) im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung durchgeführt
wurde, glaubte lediglich ein Drittel der Befragten (29 Prozent), dass das eigene
Unternehmen Väter unterstütze, die Familienpflichten übernehmen wollen.
Darüber hinaus glaubten nur 13 Prozent, dass Unternehmen bei Männern gleichermaßen
wie bei Frauen mit möglichen Familienpflichten rechneten. Diese Annahme zeigt,
dass Beschäftige in Unternehmen signalisiert bekommen, dass Mütter eine andere
Behandlung als Väter erfahren und ihnen mitunter eine flexible Arbeitszeit oder
Teilzeitmodelle leichter zugestanden werden.
Die für die Studie befragten Führungskräfte sahen drei
wichtige Erfolgsfaktoren in Unternehmen, um die Vereinbarkeit von Familie und
Beruf zu unterstützen:
– Zum einen waren das Vorgesetzte oder andere
Mentoren im Unternehmen, die die Wünsche der Angestellten unterstützten.
– Zum anderen ist es die „eigene proaktive und kompromissbereite
Haltung,” mit der die Angestellten selbst Modelle entwickelten, die für das
Unternehmen und sie selbst geeignet waren.
– Außerdem eine Sensibilisierung der Unternehmen
für Doppelkarrierepaare, also Anerkennung, dass die Rollenverteilung innerhalb
von Familien sich ändert und somit Väter ihre Karrierewege anders gestalten
möchten.
Wann Unternehmen sich bewegen
In der Fallstudie gab es zudem eine weitere spannende
Erkenntnis: Das Unverständnis gegenüber Vätern spielte sich vor allem im Vorfeld ab, anschließend arrangierten sich die Unternehmen aber mit der Situation.
Das ist eine Nachricht, die Mut machen sollte. Denn dort, wo
Eltern, und damit insbesondere Väter, sich aktiv für ihre Interessen einsetzen,
bewegt sich auch etwas. Je öfter Väter also Elternzeit nehmen oder flexible
Arbeitszeitmodelle verhandeln, desto mehr wird sich tun, von dem dann anderen
Familien profitieren könnten. So heißt es in der Studie: „Nur wenn noch mehr Führungs-
und Führungsnachwuchskräfte – vor allem Männer –offensiv zu ihren Familienambitionen stehen, wird sich die
Akzeptanz erhöhen und werden mehr Männer sich ermutigt fühlen, diesen Weg zu
gehen.”
Dass Männer auf diesem Weg in ihrer Karriere auch Nachteile erfahren
werden und Verhandlungen mit dem Arbeitgeber nicht immer erfolgreich sein werden, muss dabei jedem klar
sein. Gesellschaftliche Veränderungen verlaufen nicht geradlinig und beim
Einsatz für sie muss über den eigenen Vorteil hinaus gedacht werden: Wer als
Mann für mehr Zeit für Familien kämpft, macht es leichter für seine Kollegen
und bekommt seine Wünsche bei seinem zweiten Kind mit großer Wahrscheinlichkeit
leichter erfüllt.
Titebild: Gordon Anthony McGowan – Flickr – CC BY-SA 2.0
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