Dass viele weniger arbeiten wollen – logisch. Aber bieten kürzere Arbeitswochen auch für Unternehmen Vorteile? Petra Köstinger hat gute Argumente.
In der Kürze …
Ich mag meine 30-Stunden-Anstellung. Sehr. Wenn ich davon erzähle, reagieren 90 Prozent der Menschen mit „Maah, ich will das auch!“ Die anderen zehn Prozent schauen mich verdutzt an – meistens verstehen sie nicht, warum ich freiwillig auf das Mehrgehalt verzichte. Manche wüssten nichts mit dem zusätzlichen Tag anzufangen, denn „es arbeiten ja alle“.
Ich genieße es, dadurch viel Zeit für Nebenprojekte, Lieblingsmenschen und Sport zu haben. Ich möchte hier aber weniger über mich, als vielmehr über die Vorteile von 30-Stunden-Jobs für Unternehmen schreiben. Viele in meinem Bekanntenkreis jammern, dass ihr Arbeitgeber für solche Modelle nicht offen sei. Hier ein paar Argumente, warum ich glaube, dass Unternehmen umdenken sollten und kürzere Arbeitswochen für ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter schaffen sollten.
1) Die Mitarbeiter können sich wirklich erholen
Weniger Zeit im Büro zu verbringen, heißt, man kriegt den Kopf leichter frei und kann sich in der freien Zeit besser erholen.
2) Wenn sie da sind, konzentrieren sie sich auf den Job
Man freut sich montags wieder auf den Job. Generell kommt nicht so schnell Unzufriedenheit auf, weil man genug Zeit für alle anderen wichtigen Sachen im Leben hat. Man kann sich mit Nebenprojekten austoben, von denen das Unternehmen wiederum profitieren kann.
3) Sie haben Wissensvorsprünge
Man hat Zeit und Energie, sich weiterzubilden und fachlich up to date zu bleiben. Das ist in schnelllebigen Branchen essentiell.
4) Teilzeit stärkt die Verantwortung
Wer in „Teilzeit“ arbeitet, handelt eigenverantwortlich, denn weniger im Büro zu sitzen bedeutet eine neue Organisation und ein Geschick dafür, Zeit gut einteilen zu können. Und man muss entscheiden, wann und wie man gut arbeitet – die besten Ideen hat man bekanntlich nicht im Büro.
5) Flexible Arbeitsmodelle erhöhen die Loyalität
Man ist bereit, mehr in die Arbeit zu investieren. Durch die Freiheit, die ich habe, ist es für mich überhaupt kein Problem, ab und an mehr Stunden zu machen oder mein Projekt außerhalb der Bürozeiten mitzudenken. Mein Arbeitgeber bietet mir viel, deswegen will ich ihm auch viel zurückgeben. Eine 30-Stunden-Anstellung heißt nicht, immer exakt 30 Stunden zu arbeiten. Mehrstunden sind weniger ein Problem, wenn man sie nicht ständig macht, sondern zum Beispiel an einem Freitag im Monat.
6) Motivierte Mitarbeiter treiben Projekte voran
Ich behaupte, in 30 Stunden schafft man nicht viel weniger weiter als in 40 Stunden. Denn man will die eigenen Projekte ja trotzdem vorantreiben und Ergebnisse sehen.
7) Die Krankheitstage sinken
Arbeitgeber haben mit der 30-Stunden-Woche die Chance auf weniger Krankenstände, denn die Mitarbeiter sitzen nicht den ganzen Tag herum, haben die Chance Sport zu machen oder sich einen anderen Ausgleich zu suchen. Das Experiment zum Sechs-Stunden-Tag in Göteborg hat gezeigt, dass Menschen so gesünder bleiben.
Wie sich das auswirkt
Und das Ergebnis? Mehr Energie, Zufriedenheit, Motivation, Know-how und weniger Kosten. Ist es nicht das, was sich Unternehmen von ihren MitarbeiterInnen wünschen?
PS: Mir ist schon klar, dass es unterschiedliche Typen von MitarbeiterInnen und Jobs gibt und die genannten Vorteile nicht für alle gelten. Ich glaube aber, dass viele Menschen und Unternehmen davon profitieren würden.
PPS: 30-Stunden-Anstellungen sind natürlich nur super, wenn daraus nicht regelmäßig 40-60 Stunden werden. #auchschongehört
Dieser Text ist zuerst erschienen im Blog von Petra Köstinger, die in Wien lebt. Wir freuen uns, dass sie ihn auch hier veröffentlicht.
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