Foto: NASA

Programmieren war früher Frauensache

Mark Zuckerberg, Bill Gates und Steve Jobs haben Computergeschichte geschrieben. Ohne die Vorarbeit dieser Pionierinnen wäre ihre Arbeit heute undenkbar.

 

Ada Lovelace: Erfinderin des ersten Computer=programms

Was sich mit Algorithmen außer einfachen Berechnungen noch alles anstellen lässt, hat als Erste eine Frau verstanden: Ada Lovelace. Die britische Mathematikerin, Tochter des romantischen Dichters Lord Byron, schrieb 1843 den ersten Computeralgorithmus. Sie hatte erkannt, dass sich mit dem Apparat, den der Mathematiker Charles Babbage erfunden hatte, nicht nur Zahlen verarbeiten lassen, sondern auch Texte, Bilder, Töne – alles, was einer Logik unterliegt. Für Babbages Erfindung entwickelte sie damals das erste Programm, eine nummerierte Liste von Befehlen. Der Apparat wurde nie gebaut, doch ein erstes, rudimentäres Computerprogramm war geschrieben.

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Ada Lovelace, Quelle:Government Art Collection
 

Grace Hopper: Eine natürliche Sprache für Computer

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Grace Hopper im Jahr 1952, Quelle: www.computerhistory.org
 

Gut 100 Jahre später meldete sich die Mathematikerin Grace Hopper freiwillig zur US-Marine und erhielt den Auftrag, „Mark 1“ zu programmieren – der erste programmierbare Computer, fünf Tonnen schwer und 16 Meter lang. Howard Aiken, der Entwickler dieses digitalen Großrechners, drückte Hopper zur Begrüßung die Memoiren von Charles Babbage in die Hand. Hopper begriff schnell, welches Potenzial die neue Technologie barg. Die Programmierung jedoch fand sie viel zu kompliziert. Statt mit abstrakten Codes sollten die Menschen mit einer natürlichen Sprache, etwa auf Englisch, mit der Maschine kommunizieren können. 1952 entwickelte sie deshalb den ersten Compiler – ein Programm, mit dem sich menschliche Sprache in Befehle für Maschinen übersetzen lässt. Compiler sind bis heute ein zentrales Werkzeug für Programmierer. Indem sie einen Weg fand, Computer mit Worten statt mit Zahlen zu programmieren, war Hopper außerdem maßgeblich an der Entwicklung der ersten Programmiersprache, COBOL, beteiligt.

Hedy Lamarr: Filmstar mit Faible für Technik

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Hedy Lamarr, Quelle: Pixabay
 

Auch das Frequenzsprungverfahren, das WLAN-Netzwerken oder Bluetooth-Verbindungen zugrunde liegt, geht auf eine Frau zurück: Hedy Lamarr. Sie wurde 1914 in Wien geboren und stieg zu einem gefeierten Filmstar in Hollywood auf. 1933 lösten ihre ausgiebigen Nackszenen im Film “Ekstase” einen Skandal aus, in den 1930er-Jahren galt sie als schönste Frau der Welt. Parallel zu ihrer Karriere in Hollywood wuchs ihre Passion für technische Erfindungen. Gemeinsam mit dem Filmkomponisten George Antheil, dem sie 1940 in Hollywood begegnete, entwickelte sie ein Verfahren, um die Funkfernsteuerung für Torpedos unangreifbar zu machen. Mit der Erfindung wollten sie die Alliierten im Kampf gegen die Nazis unterstützen. Technisch war es bereits möglich, die Unterwasserwaffen von einem Schiff aus mittels Radiowellen zu steuern, die Verbindung konnte von Gegnern aber leicht gestört werden. Lamarr und Antheil lösten das Problem, indem sie Sender und Empfänger permanent und scheinbar zufällig, aber synchron, dazu brachten, die Frequenz zu ändern.

Früher war Software Frauensache

Jedes Mal, wenn wir etwas in unseren Laptop tippen, WLAN nutzen oder Musik mit unserem Smartphone abspielen, nutzen wir Tools, die ohne die Vorarbeit dieser Frauen nicht entwickelt worden wären. Ihre Erfindungen machten sie zu einer Zeit, in der man durch Hardwareentwicklung zu Ruhm und Ehre kam und die damals wenig prestigeträchtige Programmierarbeit den Frauen überließ. Eines der ersten Softwareunternehmen weltweit wurde 1958 von Elsie Shutt gegründet: Computations, Incorporated (CompInc.) Zu den Auftraggebern des Unternehmens zählten die US-Regierung und das US-Space-Program. Programmiert wurde dort ausschließlich von Frauen.

An ein IT-Unternehmen mit einem solchen Frauenanteil wäre heute nicht zu denken. Die Computerpionierinnen sind in Vergessenheit geraten, die Branche wird von Männern dominiert. 83 Prozent der technischen Angestellten bei Google sind männlich. Auch bei Apple (80 Prozent) und bei Facebook (85 Prozent) sieht es nicht anders aus. „Eine Trendwende ist so schnell nicht in Sicht“, meint Christine Regitz von der Gesellschaft für Informatik. „In Deutschland liegt der Frauenanteil unter den Studienanfängern seit vielen Jahren bei etwa 20 Prozent. Da hat sich seit Anfang der 1970er-Jahre nicht viel getan.“ In den USA sieht es ganz ähnlich aus. Woran liegt das? Wann haben Frauen mit dem Programmieren aufgehört?

In den USA stieg der Frauenanteil in Informatik-Studiengängen zunächst kontinuierlich. Doch als der PC Einzug in die eigenen vier Wände zu halten begann, ging der Branche der weibliche Nachwuchs aus. Der Grund: PC-Werbung richtete sich fast ausschließlich an technikvernarrte Jungs. In deren Zimmern gehörte ein PC deshalb bald ganz selbstverständlich zum Inventar. Mädchen dagegen kamen kaum mit Computern in Berührung. An den Universitäten wurde ihnen das zum Nachteil.

Damit einher ging ein Imagewechsel, den Filme wie „Weird Science“ oder „Revenge of the Nerds“ noch verstärkten. Programmieren wurde von einer unterschätzten Frauensache zu einer Domäne für männliche Nerds. Um das zu ändern, ist es wichtig, weibliche Vorbilder aus der Branche sichtbar zu machen. Mit Walter Isaacsons “The Innovators” ist kürzlich auch ein Buch erschienen, das versucht, die Pionierinnen der digitalen Welt und ihre Leistung für die Computergeschichte wieder ins Gedächtnis zu rufen.

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