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Ein Brief an den Ex: was noch gesagt werden muss

Trennungen können grausam sein. Und meistens fallen einem erst im Nachhinein all die Dinge ein, die man in dem Moment gerne ausgesprochen hätte. Doch wer sagt, dass es nach der Trennung dafür zu spät ist?

 

Ein letzter Brief an dich 

Lieber M.,

wir wissen beide: Unsere Beziehung war ein einziges Chaos. Es war unsere erste richtige Beziehung. Du warst aufregend, du warst wundervoll – und du hast mir das Herz gebrochen. Ganze sieben Monate war ich bereits in dich verliebt, bevor du mich auf wundersame Weise fragtest, „ob ich mir das mit uns vorstellen kann“. Und wie ich das konnte!

Ich konnte meine Augen nicht von dir lassen. Ich konnte nicht mehr schlafen vor Glück. Ich war so verliebt in dich. Und ich dachte, dir ging es genauso. Ich wusste nicht, dass du mich von Anfang an belogen und betrogen hast. Nein, das hast du mir natürlich nicht erzählt. Diese Seite der Geschichte hast du überhaupt niemandem erzählt. 

Weißt du noch das eine Mal?

Weißt du noch das eine Mal, wo du sagtest du seist mit deiner Mutter essen und könntest dich nicht mit mir treffen? Doch in Wirklichkeit warst du mit einer Freundin zusammen. 

Oder unser erstes Silvester, das wir leider nicht zusammen verbringen konnten? Da hast du mich betrogen. Oder das Mal, als du dich sechs Monate später, als ich im Urlaub war, erneut mit dem Mädchen hinter meinem Rücken getroffen hast? Ja! Auch das hast du niemandem erzählt.

Ich hatte Vertrauen in die Welt. Ich hatte Vertrauen in dich. Und du hast mich enttäuscht. Du hast mich so stark enttäuscht, dass mir noch immer die Tränen kommen, während ich diese Zeilen schreibe. Und das, obwohl die Trennung schon über ein Jahr her ist. Obwohl ich wieder glücklich vergeben bin. Und du vermutlich auch.

Keine Gewissheit

Die Gewissheit habe ich ja nicht. Ich habe dir eine Mail geschrieben, in der ich mich von dir verabschieden und dir viel Glück wünschen wollte. Ja, genau das tat ich. Keine Antwort. So, als wäre ich diejenige gewesen, die alles zerstört hätte. Ich bin zu dir zurückgekehrt, ganze drei Mal. 

Und trotzdem war ich die eifersüchtige Freundin. Die überempfindliche Freundin. Keiner deiner Freunde stellte sich jemals die Frage, ob es auch eine Kehrseite der Münze gab. Es war irrelevant. Du warst schließlich immer der, der alle mochte und der auch von allen gemocht wurde. Deine Stimme konntest du nur schwer erheben und auf meine Seite hast du dich nie gestellt. 

Zum Beispiel, als ich ans andere Ende der Tafel gesetzt wurde bei einer deiner Familienfeiern. Mir wurde von deiner Familie nicht nur einmal deutlich gezeigt, wo ich hingehöre. Und du? Du hast geschwiegen. Schweigen, das konntest du gut. Konflikte habe ich mit mir selbst ausgetragen. Du wusstest nicht, was du sagen solltest. Du sahst da wie ein Häufchen Elend und hast dir meine endlosen Monologe angehört. Ja, es lief vieles schief.

Irgendwie tatest du mir schon leid, als du letztes Jahr im März anriefst, um nach dem Weihnachtsgeschenk meiner Eltern an dich zu verlangen. Eine Küchenschürze, die noch bei uns lag. 

War dir das denn gar nicht peinlich?

Eine Freundin beschrieb mir ihre Beziehung als „kraftgebend“. Das war unsere nie. Du hast mir Kraft genommen, Schmerz gegeben und mich Nerven gekostet. Du hast das Schlechteste in mir hervorgerufen und das Gute verborgen. Kurz gesagt, du hast mich nie richtig gekannt. Und ich möchte dich nicht mehr kennen.

Es ist gut so. Es ist gut so, dass wir kein Paar mehr sind. Es ist schlecht, dass wir je eins waren und es ist sicher, dass wir keins mehr werden. Auch wenn ich das alles gerne schon früher erkannt hätte – das musste jetzt einfach noch gesagt werden.

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