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Wenn nicht jetzt. Wann dann? Papperlapapp.

Jetzt ist der richtige Zeitpunkt für alles. Wenn nicht jetzt, wann dann?! Ja, wann dann?! Genau darin liegt der Fehler. Wir, die Twentyfive-something Generation haben Angst davor, Entscheidungen zu treffen oder davor, sie nicht zu treffen.

 

Neulich bin ich wieder über einen Artikel gestoßen, den ich in
meiner „Ich fange mit einer 25something Kolumne an“ – Phase geschrieben
habe. Bei dem einen Artikel ist es geblieben, bei 25something das
something. Doch warum eigentlich nicht? Warum nicht genau da weiter
ansetzen, zu erzählen habe ich einiges, zu schreiben auch und
sicherlich gibt es viele, die mit einem Kopfnicken meinen Texten
zustimmen würden. Gesagt, getan: Da Eigenlob ja bekanntlich stinkt,
versuche ich folgendes anders zu verpacken und schreibe nicht „Ein Satz
aus meiner Kolumne hat mir besonders gut gefallen“, sondern immer noch
inspiriert mich folgendes:  

Es ist diese innere
Zerissenheit zwischen Abenteuer und Sicherheit, zwischen Ankommen und
Ausprobieren, zwischen einen Plan haben und keinen zu brauchen und ja
irgendwie auch um Entscheidungen zu treffen, ohne sich für oder gegen
etwas entscheiden zu müssen.  

Dieser Satz ist für mich immer noch genauso aktuell wie damals. Er
bietet einem so viel Interpretationsspielraum (jeder
Sprachwissenschaftler hätte seine wahre Freude) und gleichzeitig so viel
Wahrheit für unsere 25something Generation. Mehr als je zuvor hat man
das Gefühl, dass jede noch so kleine Entscheidung einen Einfluss auf das
große Ganze hat. Klar ist auch, dass dabei die Unbekümmertheit verloren
geht. Mochte man vor fünf Jahren noch den Ausdruck „als Erwachsener
verliert man oft seine kindliche Ader“ mit einem Schulterzucken
quittieren (als Student ist man dem Status eines Kleinkindes doch
oftmals sehr nahe), denkt man jetzt: stimmt. Und dann ist da eben diese
andere Stimme, die sich Abenteuer nennt, auf deiner Schulter sitzt und
dir sagt: Papperlapp, schau dich um, du sprichst ja als wärst du bereits
kurz vor der Rente. Wenn nicht jetzt, wann dann?! Ja, wann dann?! Und
genau darin liegt der Fehler. Dieser Satz bietet nicht nur genauso viel
Interpretationsspielraum, sondern impliziert, dass jetzt der perfekte
Zeitpunkt ist, dass man sich jetzt entscheiden muss, dass nur jetzt das
Abenteuer auf einen wartet, dass man sich jetzt nur zwischen den
Extremen entscheiden kann. Aber wer genau legt das denn fest?Dieses
jetzt. Wir sind es selbst. Wir 25something Uniabsolventen, die denken,
sie stünden nach dem Uniabschluss vor der alles entscheidenden
zukunftsweisenden Frage. Wir, die jeden Tag beides im Freundeskreis und
vor allem in den sozialen Medien vor die Nase gehalten bekommen, wie
einem Esel die Möhre.Da sind doch genau diese zweite Seiten: Outdoor,
Action, Abenteuer, Roadtrip und die andere Seite trautes Heim, Familie,
Kinder. Beides ist wunderschön und für beides gibt es keinen festen
Zeitplan. Da gibt es kein: Jetzt oder nie. Da gibt es kein: Wenn du dich
für das eine entscheidest, wirst du das andere nicht mehr bekommen.  

Wann haben wir eigentlich aufgehört, Träume nicht nur bei anderen auf
Instagram oder in eigenen Tagträumereiern zu verfolgen, während man
immer ein- und denselben Alltag hat. Wann haben wir aufgehört, einfach
mal etwas zu wagen ohne ernsthaft zu denken, dass sich alles auf das
restliche Leben auswirkt. Wieso hatten Entscheidungen vor 2, vor 3 oder 4
Jahren andere Auswirkungen? Weil wir unseren Blickwinkel geändert
haben. Auch damals schon hat sich die Entscheidung für oder gegen eine
Unistadt auf unsere nächsten Jahre ausgewirkt. Und anstatt Angst davor
zu haben, haben wir uns darauf gefreut. War alles spannend und neu.
Warum also sollten wir, nur weil wir älter (und wir sind immer noch eine
25something Generation) geworden sind, auf einmal zu Angsthasen werden
und die kindliche Leichtigkeit verlieren.  

Generationen vor uns hatten andere Probleme als unsere
selbstgemachten Sinnkrisen. Wir sollten uns viel öfter selbst aus der
eigenen Lethargie lösen, von den eigenen Ängsten, die unsere Zukunft
betreffen und uns vielmehr auf das konzentrieren, was neu und durchaus
mit einer Ungewissheit verbunden ist, aber mit einer, die uns neugierig
auf das Leben machen sollte. Nur, weil wir einen Uniabschluss in der
Tasche haben, erwartet niemand von uns, dass man sich von nun an immer
für einen Weg entscheidet, sondern, dass es durchaus auch Spaß macht,
den Pfad zu verlassen. Dass es den Charakter viel mehr stärkt als sich
den inneren Druck zu machen, Angst vor Entscheidungen zu stellen. Für
das Abenteuer zu entscheiden, heißt nicht, dass ich nicht in ein paar
Jahren eine Familie gründen möchte und dann ein noch viel größeres
Abenteuer zu erleben.  

Noch ein anderer Aspekt aus meinem Zitat gibt mir immer wieder Stoff zum Nachdenken: 

Diese innere Zerrissenheit zwischen Ankommen und Ausprobieren.  

Wer sagt nicht, dass wir nicht erst durch das Ausprobieren irgendwann
bei uns Ankommen. Oder dass es gerade das Ausprobieren ist, was uns
ausmacht, was uns als Mensch und unseren Charakter formt. Ich möchte
nochmal auf meine Worte zu Beginn zurückkomment, wir sollten uns wieder
die kindliche Leichtigkeit zurückholen. In diesen Worten liegt viel
Wahres. Als Kind habe ich mir nicht über alles und jeden einen Kopf
zerbrochen, als Kind habe ich einfach mal etwas gewagt und mich danach
umso mehr gefreut, wenn etwas geklappt hat. Und wenn mal etwas daneben
geht? Ist man demjenigen, der es „lieber sein gelassen hat“ schon einen
Schritt voraus.  

Und irgendwie steckt in dem Zitat genau selbst diese Ironie: 

..um Entscheidungen zu treffen, ohne sich für oder gegen etwas entscheiden zu müssen. 

Die Lösung liegt gerade in der größten Angst, die wir haben. Wir müssen uns nur entscheiden, uns nicht entscheiden zu müssen. 

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