Warum der Ton die Musik macht und was das mit Selbstwertgefühl zu tun hat…
Neulich saß ich neben meinem Sohn während er seine
Hausaufgaben machte. Ich las ein Fachbuch, und zur Abwechslung mal arbeitete er still und konzentriert vor sich hin. Das ist nicht oft so. Meistens hat er
keine Lust und braucht meine Motivation von rechts, oder links. Diesmal aber
lief es. Bis er auf einmal völlig wutentbrannt den Füller auf den Tisch
schmiss, gleichzeitig ein Aufheulen und ein „Ich bin aber auch für alles zu
doof, so ein A…. bin ich!“ Tränen flossen das kleine Gesicht runter. Mit 9
weint man noch ungehemmt, wenn was nicht läuft. Ich war aber mindestens genauso erschrocken. Was war der Grund dafür, dass er sich so wüst beschimpft hatte? Und wieso machte er das überhaupt so… so heftig, so gnadenlos? Ich bin zwar oft nicht die Geduldigste, auch nicht mit ihm, aber ich versuche sehr, auf meine Worte zu achten. Ich rede auch so nicht mit ihm oder mit seinem Bruder, und ich rede auch so nicht mit mir. Und tatsächlich hatte er sich lediglich
verschrieben, eine Kleinigkeit. In keinem Verhältnis dazu, wie er sich
aufregte. Ich habe ihn getröstet, er hat dann weitergemacht und wenig später
war auch schon wieder alles gut und vergessen. Und doch: Dieses Erlebnis blieb
bei mir hängen…
Dazu passte gut, dass ich wenige Tage später ein neues Kapitel in meinem aktuellen Online-Kurs bei Bréné Brown öffnete. Es geht da gerade um „Imperfect Parenting“, also ein „unperfektes“ Elternsein, eines, das
einbezieht, dass wir als Eltern Fehler machen. Insbesondere, wenn wir die
Vereinbarkeit wagen, alles in Angriff nehmen, Beruf und Familie gleichzeitig. Das
Ziel dieses Kurses ist es aber vor allem, ein emotionales Rüstwerkzeug zu geben,
um mit den Untiefen der familiären Kommunikation besser zurecht zu kommen und ein stärkendes Familienleben bieten zu können. Ein Leben in Familie, das trotz vieler Belastungen aller Beteiligten zu einem starken Selbstwert der Kinder
führt. Mehr Infos unter www.courageworks.com. Jedenfalls gab es eine Übung dabei, die lief wie folgt, und ich habe sie auch genauso mit genau diesem Sohn zusammen gemacht: Man sollte zunächst ein Männchen oder eine andere Figur zeichnen, dann einen Titel dazu schreiben: „So möchte ich, dass du mit mir sprichst“. Und dann sollte man sich überlegen, wie man denn selber gerne hätte, dass andere mit einem sprechen, damit man sich wohl fühlt. Mein Sohn diktierte mir also Sachen wie „nett, freundlicher Ton, ruhig, langsam“ und dass er gerne angesehen werden möchte. Ich fand Respekt und Wertschätzung noch gut, also keine Beschimpfungen oder Ähnliches. Das Blatt haben wir dann noch farblich ausgestaltet und es sah richtig freundlich aus. Siehe Titelfoto von diesem Artikel. Dann der Clou:
So wie man möchte, dass andere mit einem reden, so sollte man auch mit sich selber reden!
Denn wer sich selber nicht gut behandelt, der wird wahrscheinlich so manches Mal andere auch nicht gut behandeln. Er wird vor allem aber auch nicht gut zu sich sein und damit nicht dafür sorgen, dass er innen so richtig stark ist und ein gutes Selbstwertgefühl hat.
Oha! Und ich: „Sag mal, wie war das neulich, als du den kleinen Fehler gemacht hast und dich A… geschimpft hast. Du warst so böse mit dir.“ Antwort meines Sohnes: „Ja, aber das war doch nur für mich. Zu anderen hätte ich das ja nicht gesagt.“ Wir haben dann noch eine Weile darüber geredet, wieso es Sinn macht, nett zu sich selbst zu sein, und dass das doch eigentlich gut tun würde. Ich habe noch nicht herausgefunden, woher diese Härte gegen sich selbst bei ihm kam. Vielleicht war es auch nur irgendwo aufgeschnappt und der Frust hat sich in dem Moment entladen.
Aber ganz ehrlich: Wie reden wir denn alle wirklich mit uns selber? Sind wir in der Lage, uns innerlich verbal in den Arm zu nehmen, uns gut zuzusprechen, wie wir es bei (unseren) Kindern selbstverständlich machen würden?
Wie liebevoll sind wir im Umgang mit uns selber tatsächlich und was für ein Beispiel geben wir damit?
Sind wir auch stolz auf uns?
Loben wir uns auch selber?
Toll, wie das aufgeräumte Wohnzimmer jetzt aussieht…Super, wie du
die Unterlage zusammengestellt hast!…
Ja?
In diesem Sinne dürft ihr erstens wenn ihr wollt diese kleine kreative Übung von Bréné Brown auch mal machen und euch anschließend an die Wand hängen, vielleicht sogar zusammen mit euren Kindern/ Eurem Kind oder
Partner. Und zweitens wünsche ich Euch, dass ihr in den nächsten Stunden
wenigstens einmal so richtig liebevolle Worte für euch findet. Ich bin
gespannt, bei welcher Gelegenheit euch das als erstes gelingt. Und dann seid
bitte so richtig stolz auf Euch!
Das ist das beste innerliche Selbstmarketing, das ihr machen könnt, und es stärkt das Selbstbewusstsein und das Selbstwertgefühl!
Mehr Inspiration auf www.juliapeters.info in der “Halbzeit”…