Im Meeting hört euch keiner zu, aber wenn ein Mann dieselbe Idee noch einmal vorbringt, sind alle begeistert. Ihr kennt das? Dann habt ihr eine klassische Hepeated-Situation erlebt!
Hepeating: Aus dem Mund eines Mannes klingt alles viel schöner
Wir ärgern uns doch alle, wenn wir im Meeting sitzen und ein Kollege oder eine Kollegin eine von uns zuvor im kleinen Kreise genannte Idee klaut und als seine oder ihre eigene vorträgt. Aber es gibt noch eine Steigerung dieser Situation, nämlich dann, wenn eine Frau eine Idee vorbringt, diese ignoriert oder nicht ernstgenommen wird, und ein Mann kurze Zeit später genau dieselbe Idee wiederholt, vielleicht leicht abwandelt – und auf einmal alle begeistert von diesem Impuls sind. Was schon viele Frauen im Laufe ihres Berufslebens erlebt haben, hat nun auch einen Namen: Hepeated – zusammengesetzt aus „He repeated“.
Den Begriff hat die Anwältin und Professorin Nicole Gugliucci kürzlich auf Twitter verbreitet – und dafür mit 70.000 Retweets und rund 210.000 Faves viel Zustimmung bekommen. Darunter sind auch viele Kommentatorinnen, die von ihren Erfahrungen berichten. Eine von ihnen schreibt: „Ich kann überhaupt nicht mehr zählen, wie oft ich in meiner Karriere gesagt habe: Habe ich das nicht gerade gesagt?“.
Quelle: Nicole Gugliucci | Twitter
Wer andere ständig übergeht, macht sie mundot
Jetzt könnte man natürlich anmerken, dass das ja gar kein Problem ist und frau sich einfach melden soll. Sagt doch was Sache ist und fertig! Jap, das ist grundsätzlich immer eine gute Reaktion – und doch haben wir es hier nicht mit individuellen Problemen, sondern mit der Frage nach der grundsätzlichen Kommunikationskultur in Unternehmen zu tun. Denn ein solches Verhalten ist nicht nur ärgerlich, es führt auch dazu, dass Frauen (oder zurückhaltende Menschen) auf Dauer mundtot gemacht werden und dadurch ein Schaden für alle entsteht. Wer ständig die Erfahrung macht, dass die eigenen Ideen eine neue Wertigkeit, ja, eine neue Wahrheit erhalten, wenn sie von einem Mann ausgesprochen werden, dann führt das zu vielem – aber sicher nicht dazu, dass man noch lange Lust hat, sich an Brainstormings zu beteiligen. Das gleicht der Erfahrung, die Feministinnen oder Mütter machen, wenn sie Probleme beim Thema Gleichberechtigung oder Vereinbarkeit ansprechen – äußert sich ein Mann dazu, bekommt er häufig nicht nur mehr Zustimmung, sondern auch eine größere Plattform dafür.
Was also tun? Nach wie vor: sich bemerkbar machen und nicht müde werden, für sich einzustehen. Und doch braucht es nicht nur Frauen, die ihren Platz und mehr Gehör einfordern, sondern vor allem Unternehmen, die eine offene und respektvolle Kommunikationskultur etablieren. Es kann nicht (nur) darum gehen, mehr Ellenbogen-Mentalität zu entwickeln, sondern es muss auch ohne Lautstärke und Kampfelslust möglich sein, dass alle einander zuhören – ansonsten läuft im Unternehmen ganz einfach etwas schief.
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