Meine Tochter ist jetzt vier Jahre alt. Doch schon als sie gerade zwei geworden war, wurden die ersten Stimmen um meinen Mann und mich herum lauter. Erst hinter vorgehaltener Hand, dann immer offensiver, ganz ungeniert und in einer sturen Beharrlichkeit richteten Freunde, Bekannte und allen voran unsere Eltern immer wieder folgende Fragen an uns: „Na, plant ihr schon ein Geschwisterchen?“ oder noch konkreter: „Wann kommt das zweite Kind?“
Damals wie heute lautet meine Antwort: „Es gibt kein Kind Nummer 2.“ Inzwischen bin ich immerhin schon von dem „niemals“ abgerückt. Nicht, weil ein zweites Kind für mich wahrscheinlicher geworden ist, sondern weil ich gelernt habe, mir damit weitere Diskussionen fern zu halten. Für unsere Entscheidung mit „nur“ einem Kind glücklich zu sein, erhalten wir durchaus auch Zuspruch. Meistens von den kinderlosen Freunden in unserem Umfeld. Häufiger jedoch müssen wir (oder eigentlich nur ich, da meinem Mann solche Fragen anscheinend nicht häufig gestellt werden) das Argumentationspingpong spielen und uns nach wie vor Fragen, wie „Aber kein Geschwisterchen für Mila, das ist doch traurig?“ oder „Wenn ihr mal alt seid, dann wollt ihr wirklich, dass Mila sich alleine um euch kümmern muss?“, stellen.
NEIN! lautet unsere, oder eben meist meine, Antwort. Und ich bin mir sicher, dass wir es schaffen werden, unsere Tochter zu einem Menschen zu erziehen, dem es nicht an vertrauten und liebenswerten Mitmenschen fehlen wird – schließlich muss man sie einfach lieb haben und ihre Eltern sind auch ziemlich cool! Zudem kenne ich einige Einzelkinder, die auch ohne Geschwister ganz tolle Persönlichkeiten geworden sind und sich nicht aufgrund ihrer starken Sehnsucht nach einem Bruder oder einer Schwester zu gebrochenen, einsamen und sozialverkrüppelten Vollpfosten entwickelt haben. Eine Freundin meinte erst neulich, nachdem ich mit ihr über die „Ein-Kind-Problematik“ gesprochen hatte: „Für mich sind und waren meine Freundinnen und meine Cousine immer wie Schwestern, ich habe das nie vermisst.“ Aha! Groß geworden, glücklich und das ganz ohne Geschwister – verrückt!
Glücklich, auch ohne Geschwister
Ich kenne hingegen durchaus Geschwisterpaare, die nichts miteinander zu tun haben. Die treffen sich ein Mal im Jahr zu Weihnachten, führen dann oberflächliche Gespräche, besaufen sich gemeinsam mit teurem Rotwein, versichern sich im Suff, dass sie sich im nächsten Jahr öfter sehen werden, um sich nur wenige Minuten später anzuschreien und sich plötzlich wieder ganz sicher sind, warum man wirklich rein gar nichts gemeinsam hat und sich, Gott sei Dank, bald nicht mehr ertragen muss. Und spätestens am 2. Weihnachtsfeiertag verabschieden sich diese Geschwister bis nächste Weihanchten voneinander. Ich spinn mal weiter, weil bin gerade drin: Wenn es dann ums Erbe geht, kommt es zum Showdown und im Anschluss wird der Kontakt komplett abgebrochen und man erzählt seiner Familie und seinen Freunden schreckliche Geschichten von seiner ekelhaft geldgeilen Schwester oder seinem skrupellosen, den Hals nicht voll kriegenden, Bruder. Traurig, oder?
Klar, das Argument, dass Mila sich alleine um uns kümmern muss, wenn wir mal alt und pflegebedürftig sind und unser Gebiss im Wasserglas übernachtet, das lässt mich nicht ganz kalt. Aber soll das tatsächlich das Totschlagargument sein, warum mein Mann und ich ein zweites Kind bekommen sollten? Ich denke nicht! Denn erstens wissen wir nicht, ob wir überhaupt alt und pflegebedürftig werden und zweitens hat Mila in diesem Falle hoffentlich die oben erwähnten vertrauten und liebenswerten Menschen um sich, die sie und uns unterstützen können. Over and out!
Dieser Artikel erschien zuerst auf meinem Mama-Blog killepupmitlala.