Ich habe mein Studium geschafft! Gedacht hätte ich das nicht, als ich kurz vor Ende meines ersten Master-Semesters feststellte: Ich bin schwanger! So hat es geklappt.
Das Studium schaffen mit Kind
Wohoo, Studienabsolventin! Und das mit einem guten Ergebnis.
Nein, eigentlich einem sehr guten. Gedacht hätte ich das nicht, als kurz
vor Ende meines ersten Mastersemesters Clear Blue klar blau zeigte.
Doppelstreifen. Schwanger.
Heulend saß ich vor meiner Studiengangsleiterin: „Aber wie soll das denn
gehen?!“ Es ging. Sogar besser als gedacht. Und doch: Studieren mit Kind
ist eine Herausforderung. Eine, an der man bisweilen zweifelt, sie
bewältigen zu können. Manch eine oder einer verzweifelt tatsächlich
daran. Ok ist das, denn Eltern werden und sein ist schon eine
Mammutaufgabe für sich.
Trotzdem habe ich es geschafft – dank dieser Must-haves:
1. Soziales Netzwerk
Über Facebook et cetera vernetzt ihr euch
vielleicht mit anderen Eltern aus eurer Region. Zum Babysitten an
dringend benötigten Abenden à deux und Unterstützung beim Essen kochen
und Haushalt schmeißen während der ersten Wochen zu dritt und wenn der
Nachwuchs krank ist, braucht es aber mehr als ein virtuelles Netzwerk.
Ohne Familie und Freunde, die bei Land-unter-Situationen einspringen,
geht es nicht. Schwierig wird es, wenn Heimat und Studienstandort
verschieden sind. Meine Eltern haben in den ersten eineinhalb
Lebensjahren meiner Tochter wohl Tausende von Kilometern und jährlich zwei Drittel ihres Urlaubs
geopfert, um mir die nötige Zeit in der Bibliothek zu verschaffen.
2. Partnerschaft
Ich habe den größten Respekt vor Müttern und
Vätern, die sich ohne Unterstützung eines Partners um ein Baby kümmern.
Mal ganz abgesehen vom bloßen Zeugungsakt, hat Mutter Natur sich etwas
dabei gedacht, dass so ein Menschlein zwei Eltern hat. Damit meine ich
nicht, dass ein Kind mit nur einem Elternteil schlechter heranwächst.
Sondern, dass es seitens Mutter (oder Vater) Superkräfte braucht, ein
Baby ohne Partner großzuziehen – und dabei auch noch ein Studium zu
absolvieren. Ich jedenfalls hätte es nicht geschafft – zumindest nicht
in Beinahe-Studienregelzeit.
3. Realitätscheck
Und wenn ich’s nicht gepackt hätte? Dann wäre es
eben so gewesen. War ich während meiner Schwangerschaft noch furchtbar
ambitioniert und beharrte verbissen darauf, mein Studium regulär nach
vier Semestern mit Bravour zu beenden – nebenbei natürlich noch
Ehrenämter und andere Engagements beizubehalten – merkte ich schnell:
You can’t have it all. Die Beste sein. 100 Prozent Leistungserfüllung.
Das waren immer meine Ziele. Im Tandem mit einem Vollzeit zu betreuenden
Säugling? Schwierig. 80 Prozent, das sollte in Zukunft euer Ziel sein!
4. Pragmatismus
80 Prozent – das gilt nicht nur im Studium und Job.
Auf dem Küchenboden findet sich mehr Essen als im Kühlschrank?
Spaghetti mit Pesto am dritten Tag in Folge? Trockenshampoo statt
Haarwäsche? Ist eben so. Nochmal: YOU CAN’T HAVE IT ALL!
5. Disziplin
Trotz aller Abstriche ist noch immer Durchhaltevermögen
und Wille gefragt. Nach acht Stunden Baby tragen, wickeln, bespaßen
und füttern, nehmt ihr statt auf dem Sofa vor dem Schreibtisch Platz.
Meine Empfehlung: Schafft euch einen angenehmen und ruhigen Arbeitsplatz
– möglichst außer Babyhörweite. Was passiert nämlich, wenn der Knirps
schreit? Rauschen in den Ohren, kompletter Konzentrationsverlust,
gegebenenfalls Milcheinschuss. Vorbei ist’s dann mit dem Arbeiten.
Nicht immer aber reicht die intrinsische Motivation! Bei akutem Aufgeben-Wollen hat mich der Ratgeber „Mama muss die Welt retten: Wie Mütter vom Wickeltisch aus Karriere machen“ von Hauptstadtmutti Isa Grütering und Caroline Rosales vom Blog Stadt Land Mama angespornt.
6. Stillen
Ohne Anspruch auf universelle Gültigkeit für jede Frau
kann ich sagen, dass es mir geholfen hat, das Töchterchen zu stillen. Nicht nur
hat sich die Option freitagabends Cocktails zu kippen, statt Hausarbeit
zu schreiben von vornherein erledigt. Das Hormon-Pipapo hat mir
ungeahnte Superpower verliehen. Tipp: Die Kombi voll Stillen und
Wochenendseminare bedarf einer guten Milchpumpe für die Pausen. Die
Investition in eine Avent-Handpumpe lohnt und auch die höherpreisigen,
selbstklebenden Wegwerfstilleinlagen kann ich empfehlen. Nichts ist
peinlicher, als mit zwei kreisrunden nassen Flecken auf dem
grau melierten Sweatshirt vor Kommilitonen und Prof zu sitzen. Glaubt
mir!
7. Organisation
Mütter sind die besten Manager! Während einer Stunde
Mittagsschlaf von Mini-me habe ich drei Seiten Hausarbeit geschrieben,
die Waschmaschine und den Geschirrspüler angestellt und auch noch ein eigenes
Bedürfnis gestillt (Dusche versus Essen) – man lernt schnell, die „Freizeit“
optimal zu nutzen. Spontaneität weicht der Vorausplanung: Nicht jede
Lehrveranstaltung kann man mit Kind besuchen, Babysitter müssen gefunden
werden. Aber nicht vergessen: Nicht alles ist planbar. Ich habe im
sechsten Schwangerschaftsmonat schon fast eine Kinderfrau engagiert, die
– während ich mich wieder meinem ehrgeizigen Studienleben widmen würde –
das Baby ab der achten Lebenswoche betreuen sollte. Pah! Bevor das
Baby nur seinen ersten Schrei getan hatte, wusste ich, dass ich dieses
kleinemeine Etwas niemals in fremde Obhut geben würde. Niemals stimmte
dann auch nicht ganz. Nach sechs Monaten wuchs die Sehnsucht nach einem
Kitaplatz.
8. Geld
Vergesst ein Leben in Saus und Braus. Einen regelmäßigen
Nebenjob kann man knicken. Den ein und anderen Euro bringen Tätigkeiten,
die aus dem Homeoffice erledigt werden können. Für einen gesicherten
Lebensunterhalt reicht das aber nicht. Dennoch ist das erste Babyjahr
dank Vater Staat zu bewältigen: Mindestens 300 Euro Elterngeld und rund
180 Euro Kindergeld stehen jeder Kleinfamilie zu. Bafög,
Wohngeldzuschuss und Erstattung der Erstanschaffungskosten sind
zusätzliche Optionen, wenn das andere Elternteil Geringverdiener ist oder selbst studiert.
9. Glück
Mit dem Sommersemester endete bei mir auch jegliches
Konzentrationsvermögen und meine physische Fähigkeit am Schreibtisch zu
arbeiten (Walalarm!). In den Semesterferien kam die kleine Mademoiselle zur Welt und
acht Wochen später – Mutterschutz gibt es auch im Studium (!) – saß ich
wieder in der Hochschule. Seminare habe ich kaum verpasst. Dass die
meisten Lehrveranstaltungen ausgerechnet in diesem Semester am
Wochenende stattfanden, half auch. Ebenso wie die Flexibilität und das
Verständnis von Mitstudierenden und Dozenten – nicht, dass mir Noten
geschenkt wurden. Natürlich kann man die Vereinbarkeit von Baby und
Studium im Zuge der Nachwuchsplanung abklären und timen. Aber nun ja,
nicht alles im Leben ist geplant. Und dann schadet eine Portion Glück
nicht.
10. Freiräume
Viel Zeit für sich selbst bleibt mit einem
Neugeborenen nie. Selbst wenn man sich „nur“ um den neuen Erdenbürger
kümmert, kennt wohl jede Frischmutter diese gelegentlichen Tage, an
denen man nachmittags noch immer Schlafanzug trägt. Mit einer Tätigkeit
nebenher – ob nun Studium oder Job – potenziert sich der Mangel an
Gönndir-Zeit. Umso wichtiger, gelegentliche Auszeiten für sich selbst,
den Partner und beide zusammen zu realisieren. Für mich war es wichtig,
einen wöchentlichen Mädelsabend von der Dauer einer „GNTM“-Episode
einzulegen. Zwei Stunden, um ganz ohne Hektik und mit beiden Händen ein
fancy Gericht zu essen und über Mode und alles außer das Baby zu
quatschen. Außerdem fing ich mit dem Bloggen an – für mich lange Zeit
eine absolut kinderfreie Zone, ein Ausgleich zum Studien- und
Stillstress. Der Herzbube feierte dafür das ein und andere Wochenende
unter Männern.
Und ihr – welche Tipps habt ihr für das erfolgreiche Studium mit
Kind? Habt ihr ähnliche Erfahrungen gemacht? Oder vielleicht ganz
andere?
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