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Bedingungsloses Grundeinkommen: In Finnland bald kein Traum mehr

Ab Januar sollen in Finnland 2.000 zufällig ausgewählte Arbeitslose ein Grundeinkommen erhalten. Kann ein Grundeinkommen das soziale System des Landes vereinfachen und mehr Menschen in Jobs bringen?

 

Die Probanden erfahren erst kurz vor Testbeginn von ihrem Glück – die Teilnahme ist verpflichtend

Die dpa berichtet, dass Finnland einen Versuch zum bedingungslosen Grundeinkommen startet. Damit ist es das erste Land in Europa, das ein bedingungsloses Grundeinkommen auszahlen wird. 560 Euro sollen ab Januar 2.000 zufällig ausgewählte Arbeitslose anstelle von Arbeitslosengeld erhalten. Der Unterschied dabei: man kann ohne finanzielle Nachteile etwas dazu verdienen und das Geld muss nicht versteuert werden. Davon erhofft man sich, die Menschen zum Arbeiten zu motivieren. Die Projektleiterin meint:

„Wir denken, das könnte in großer Anreiz sein, wenigstens einen Halbtagsjob anzunehmen”

Die Probanden selbst werden erst kurz vor dem Jahreswechsel erfahren, dass sie Teil des Tests sind, erklärt der Betreuer des Experiments, Marjukka Turunen vom finnischen Sozialversicherungsinstitut Kela. Ausgelost wurde unter allen Personen zwischen 25 und 58 Jahren, die im November 2016 Arbeitslosengeld oder -unterstützung bekommen haben. Die Teilnahme ist verpflichtend.

Dass die Finnische Regierung mit der Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens liebäugeln, ist schon länger bekannt. Ein erhoffter Vorteil stellt unter anderem der Abbau von Bürokratie dar, da das ständige Ausfüllen von Formularen und Anträgen, wie es beim Arbeitslosengeld üblich ist, nicht für das Grundeinkommen nötig ist. Außerdem erhofft man sich, dass der Sozialstaat effizienter wird: statt vieler einzelner Leistungen, wie dem Kindergeld oder dem Wohngeld, soll es eine zusammengefasste Leistung geben. Die Finnen unterstützen diese Idee: Knapp 80 Prozent der Bürger sprachen sich in Umfragen dafür aus.

Was sind die wirklichen Ziele?

Der rechtsliberalen Regierung schweben hierbei zwei Ziele vor Augen: Zum Einen soll es einen Anreiz geben, schlecht bezahlte Jobs anzunehmen. So will man den Niedriglohnsektor ausbauen. Zum Anderen will man die staatliche Sozialverwaltung verschlanken. Natürlich wird dies von Seiten der Regierung positiver dargestellt.

Zunächst ist das Experiment auf zwei Jahre begrenzt. Planmäßig sieht Kela vor, dass es nach einem Jahr auf noch mehr Personen ausgeweitet wird. Die Regierung hat Gelder dafür allerdings noch nicht gebilligt.

Auch in vielen anderen Ländern steht die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens zwischen 400 und 1.000 Euro immer wieder zur Debatte. So sprach sich erst kürzlich sogar der Siemens-Chef Joe Kaeser für ein Grundeinkommen in Deutschland aus. Das überzeugende Argument: Die Digitalisierung wird uns das Leben zunehmend leichter machen, gleichzeitig aber auch viele Jobs abschaffen. Auch Kanada plant eine Testphase des Projektes „Basic Income“. Es scheint also doch mehr dahinter zu stecken als ein romantischer Wunschtraum. Wir bleiben gespannt!

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