2016, bitte geh einfach schnell zu Ende: David Bowie, Prince, Leonard Cohen, George Michael und jetzt auch noch Carrie Fisher, die alle als Prinzessin Leia aus Star Wars kennen. Dabei steckte so viel mehr in ihr!
„Hey George, warte auf mich.”
Der viel zu frühe Tod von Carrie Fisher, die gestern im Alter von 60 Jahren an den Folgen eines Herzinfarktes in Los Angeles verstarb, scheint (der hoffentlich) letzte Akt des sowieso schon viel zu bescheidenen Jahrs 2016 zu sein, um sicherzugehen, dass es keiner vermissen wird. Viel zu viele großartige Menschen haben sich in den letzten zwölf Monaten verabschiedet. Sie alle aufzuzählen würde gefühlt den Umfang dieses Artikels sprengen. Aber so viel ist sicher, sollten all diese Menschen sich irgendwo für eine große Party wieder treffen, wird Carrie Fisher gerade mit wahnsinnig guter Musik empfangen.
Die Rolle ihres Lebens hatte Fisher bereits mit 19 Jahren, als sie das erste Mal als Prinzessin Leia in der Stars Wars-Reihe erschien. Schnell wurde sie zur Traumfrau vieler junger (und älterer) Fans. Die Sitcom „Friends“ widmete der Sex-Phantasie um Prinzessin Leia gar eine ganze Folge. Fisher versuchte die Sexualisierung ihres Charakters stets mit Humor zu nehmen. So gab sie zum Beispiel der 23-jährigen Daisy Ridley, die die weibliche Hauptrolle in „Star Wars: The Force Awakens” spielt, in einem Interview für das „Interview Magazin“ 2015 ihre Star Wars-Lebensweisheit mit einem Augenzwinkern weiter:
“It’s hard to date once you’re a big Star Wars star, because you don’t want to give people the ability to say, I had sex with Princess Leia”
Star Wars-Feminismus
Prinzessin Leia war allerdings auch aus feministischer Perspektive wichtig. Zu einer Zeit, in der Frauen eigentlich nur schönes Beiwerk waren, nahm Prinzessin Leia eine aktive Rolle ein – und das in einer absoluten Jungswelt. Man kann sagen, dass sie den Grundstein für die heutigen weiblichen Stars Wars-Heldinnen gelegt hat, die wir für ihre feministischen Züge feiern. Sowohl für Daisy Ridley als auch Felicity Jones als einsame und forsche Kämpferin Jyn in „Rogue One” hat Carrie Fisher als Prinzessin Leia den Grundstein gelegt. Auf diese Vorbildrolle konnte Fisher zurecht stolz sein.
“I got to be the only girl in an all boy fantasy, and it’s a great role for women. She’s a very proactive character and gets the job done. So if you’re going to get typecast as something, that might as well be it for me.”
So viel mehr als eine Prinzessin im Bikini
Aber auch wenn Fisher von den meisten von uns sofort mit Prinzessin Leia gleichgesetzt wird, war sie noch aus vielen anderen Gründen eine beeindruckende Persönlichkeit. Als Tochter berühmter Eltern war sie früh Teil des verrückten Lebens in Hollywood. Das ging nicht spurlos an ihr vorbei: Im Laufe ihres Lebens war sie kokain- und alkoholabhängig, machte einen Entzug. Sie lebte ein sehr bewegtes Leben – und sprach offen darüber. Auch das machte sie zu einer so wichtigen Persönlichkeit.
In den 1980er Jahren wurde sie zu einer Bestseller-Autorin. In ihrem ersten, semi-autobiografischen Roman: „Postcards from the Edge” (auf deutsch: Grüße aus Hollywood) behandelte sie die großen Themen ihres eigenen Lebens schonungslos: Der Kampf einer Tochter aus dem Schatten ihrer berühmten Mutter hervorzutreten, ihre Alkoholsucht, der Aufenthalt in Entzugskliniken. Schon der erste Satz scheint bezeichnend:
“Maybe I shouldn’t have given the guy who pumped my stomach my phone number, but who cares? My life is over anyway.”
Auch hier klingt Fishers selbstironische, ehrliche Art durch. Aus dem Buch wurde Anfang der 1990er Jahre ein Film, in dem Meryl Streep die Hauptrolle spielte.
Fisher thematisierte immer wieder auch die Situation von Schauspielerinnen jenseits der 27 in Hollywood. Noch im April diesen Jahres sagte sie in einem Interview zu ihrer Rolle in der Show Catastrophe:
“I did really want to play an awful person. There are not a lot of choices for women past 27. I don’t wait by the phone.”
Carrie Fisher war darüber hinaus aber auch ein wichtiges Sprachrohr für psychisch Kranke. Sie selbst litt an einer bipolaren Störung, sprach offen darüber und brach damit immer wieder ein Tabu, das sie dadurch in Frage stellte.
Sie war eine herausragende Persönlichkeit – so viel mehr als Prinzessin Leia. In dem oben erwähnten Interview mit Daisy Ridley gab sie dieser zum Beispiel einen noch weitaus wichtigeren Rat:
FISHER: „Listen! I am not a sex symbol, so that’s an opinion of someone. I don’t share that..””
RIDLEY: ”I don’t think that’s the right—”
FISHER: ”Word for it? Well, you should fight for your outfit. Don’t be a slave like I was.”
RIDLEY: ”All right, I’ll fight.”
FISHER: ”You keep fighting against that slave outfit.”
Fisher selbst kämpfte ihr Leben lang gegen die Stigmatisierung einer Frau als Sexobjekt an. Diesen Kampf soll sie nicht umsonst gekämpft haben. Im Gespräch mit Daisy Ridley scheint sie dieser fast einen Auftrag gegeben zu haben. Gerade junge Frauen sollten Carrie Fisher genau deshalb vor allem für ihren Feminismus in Erinnerung behalten – und sich, ganz nach Fishers Wunsch, nicht mehr in Sklavenoutfits stecken lassen.
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