Ihr seid fertig mit der Uni und bereit für den ersten richtigen Job? Wir haben uns bei Personalern umgehört, worauf sie bei eurer Bewerbung achten. Ingrid Meyer von Greenpeace kommt es auf eine offene Persönlichkeit an.
„Durch Noten erkennt man nur eine Facette der Bewerber“
Was müssen Uni-Absolventen
bei der Bewerbung anbieten, um für potentielle Arbeitgeber nach der Uni interessant zu sein? Möglichst viele Praktika? Längere
Auslandsaufenthalte? Bloß keine Lücken im Lebenslauf, dafür aber
soziales Engagement? Wir haben uns bei Personalern aus unterschiedlichen
Fachbereichen umgehört, um zu erfahren, worauf
es bei eurer Bewerbung wirklich ankommt.
Als Personalleiterin bei Greenpeace versucht Ingrid Meyer bei der Auswahl ihrer Mitarbeiter immer die individuelle Persönlichkeit aus der Bewerbung herauszulesen. Auf welche Aspekte ihr aus ihrer Sicht besonders achtgeben müsst, wenn ihr euch beruflich in einer sozialen Organisation seht, erfahrt ihr in unserem Interview.
Bild: Greenpeace
Wie wichtig ist Ihnen bei Greenpeace der jeweilige Abschluss eines Bewerbers?
„Der Abschluss, ob Bachelor oder Master, ist uns zunächst
gar nicht so wichtig. Es kommt
vor allem darauf an, dass eine Ausbildung oder ein Studium zu Ende gebracht
wurde. Je nach Stellenausschreibung gibt es dann verschiedene
Präferenzen, bei denen bestimmte Studiengänge bevorzugt werden. Es ist
allerdings nicht so, dass jemand gar nicht für uns in Frage kommt, wenn er oder
sie nicht die typischen Voraussetzungen erfüllt. Wenn ein Bewerber uns deutlich machen kann,
dass bestimmte Erfahrungen vorliegen, die einen fehlenden Abschluss ersetzen, drücken wir schon mal ein Auge zu.“
Achten Sie bei Ihren Bewerbern im Detail
auf die im Studium erbrachten Leistungen?
„Ich schaue mir auf jeden Fall die Abschlusszeugnisse und
alle zusätzlich eingesandten Dokumente an. Allerdings erkenne ich dadurch nur
eine Facette des Bewerbers. Durch Noten lässt sich feststellen, dass jemand in
bestimmten Fächern sehr gut und in anderen Fächern weniger gut ist. Wenn das
mit anderen Punkten in der Bewerbung korrespondiert, schließe ich daraus
natürlich etwas. Es ist aber nicht so, dass die Zensuren allein für mich ausschlaggebend
sind.“
Kann man weniger gute
Noten durch viel Praxiserfahrung ausgleichen?
„Ich bin keine Freundin von besonders vielen Praktika. Ich
finde es interessant, wenn ein Praktikum in dem Bereich gemacht worden ist, in
dem wir eine Stelle anbieten, weil ich dann davon ausgehen kann, dass schon
Vorerfahrungen da sind. Ein Praktikum ist aber auch nicht zwingend notwendig. Wichtig ist in erster Linie, dass es einen roten Faden im
Lebenslauf gibt und ein Interesse an einem bestimmten Thema ersichtlich wird.
Wenn ich sehe, dass jemand ganz viele Praktika gemacht hat, die aber ohne
Zusammenhang dastehen, ist das negativ.“
Wie wichtig ist es
für einen Job bei Greenpeace, dass man praktische Erfahrungen im Ausland
gesammelt hat?
„Auf Auslandsaufenthalte achten wir sehr stark bei unseren
Bewerbern, weil es uns wichtig ist, dass Menschen mit interkulturellen Erfahrungen
bei uns arbeiten. Natürlich kann man solche Erfahrungen einfacher in seinem
Lebenslauf dokumentieren, wenn man schon etwas älter ist, aber ich nehme es ebenso
positiv wahr, wenn junge Menschen bestimmte Urlaube gemacht haben. So erkenne ich
immerhin, dass Interesse an anderen Kulturen besteht. Grundsätzlich ist es für manche
Stellen bei uns allerdings explizit gewünscht, dass man zuvor Arbeitserfahrung
im Ausland gesammelt hat.“
Soziales Engagement
und ehrenamtliche Tätigkeiten werden bei Greenpeace sicherlich auch sehr geschätzt?
„Ja, das spielt eine ziemlich große Rolle. Wir sehen es in
den Bewerbungen immer gerne, wenn Menschen ihre politischen, sozialen oder
ehrenamtlichen Tätigkeiten aufschreiben, weil wir so sehen können, dass man
sich wirklich für eine Sache einsetzt.“
Wie gehen Sie mit
Lücken im Lebenslauf um?
„Ich finde es gut, wenn man seine Lücken bereits mit einer
Begründung im Anschreiben erwähnt. Ansonsten würde ich im Vorstellungsgespräch
auf dieses Thema zu sprechen kommen. Aus Brüchen im eigenen Lebenslauf lernt
man außerdem manchmal mehr, als wenn man sein Studium nach Plan und ohne
Reibungen durchzieht.“
Was sollte man Ihrer
Meinung nach in jedem Fall bei seiner Bewerbung vermeiden?
„Was für mich in Gesprächen wirklich nicht in Frage kommt, ist, wenn jemand sich
nicht über die Arbeit und den Arbeitgeber, bei dem er oder sie sich bewirbt,
informiert hat. Das bedeutet nicht, dass wir eine stundenlange Recherche verlangen,
aber man sollte sich schon auf unserer Homepage über gewisse Aspekte informieren. Dadurch hat man auch im Vorstellungsgespräch die Möglichkeit, sinnvolle eigene Fragen zu stellen und so ein Interesse an den internen Strukturen des Unternehmens zu signalisieren. Im Lebenslauf geht es
entsprechend gar nicht, wenn sich dort kein individueller Bezug zur
Stellenausschreibung und den dort aufgeführten Anforderungen erkennen lässt.“
Ist Ihnen einmal eine
Bewerbung besonders positiv aufgefallen?
„Mir fällt es als sehr positiv auf, wenn junge Menschen
schon viele unterschiedliche Erfahrungen gesammelt haben - über Reisen, Jobs
oder über ein Ehrenamt. Besonders gut kann ich mich noch an die Bewerbung einer
Praktikantin bei uns erinnern.“
Was hat diese
Bewerbung von anderen unterschieden?
„Diese Bewerbung war wirklich ein kleines Kunstwerk, der sogar Bilder und Objekte beigefügt waren. Ohne große Worte war damit alles genau auf
den Punkt getroffen, was wir uns für diese Stelle von unseren Bewerbern erhofft
hatten. Das bedeutet aber nicht, dass wir uns nun von all unseren Bewerbern
mehr Kreativität wünschen. Wenn man kreativ ist und einem etwas Originelles für die Bewerbung einfällt, ist
das toll und man sollte dieses Talent nutzen. Ich mag aber in erster Linie jede
Bewerbung, aus der ich herauslesen kann, wer die Person ist, die bei uns arbeiten möchte. Wenn man also keine kreative
Ader hat, muss dies auch nicht künstlich suggeriert werden.“
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