Foto: Flickr – US Embassy Kabul Afghanistan – CC BY-ND 2.0

Team Hillary: Diese drei beeindruckenden Frauen wollen ihr zum Wahlsieg verhelfen

Schon 2008 wollte Hillary Clinton Präsidentin der USA werden. Damals gab sie sich härter als jeder Mann. Und scheiterte. Jetzt hat sie ihre Strategie geändert. Mithilfe schillernder Frauen buhlt sie nun um eine Wählerschaft, die vor allem eines ist: weiblich. Ein Text von Meredith Haaf für unsere Partnerin Allegra.

 

Hillarys Frauen

Sie nennen sich #HillSquad. „Hill“ für Hillary, „Squad“ für Squadron, was auf Deutsch „Geschwader“ heißt. Ihr Kampfschrei heißt #HillYes!, was so ähnlich klingt wie „Hell, Yes!“, „Ja, zur Hölle!“ Eine Reihe von Topfrauen Anwältinnen, Kommunikationsexpertinnen, Aktivistinnen, Politikerinnen und,
ja, auch eine Eiskunstläuferin – ist gerade im US-Präsidentschaftswahlkampf
für Hillary Clinton im Einsatz.

Es ist gleich in zweifacher Hinsicht ein historisches Wahljahr: Noch nie standen die Chancen so gut, dass eine Frau das mächtigste Amt der Welt erringt – ­Hillary Clinton wird für die Demokratische Partei kandidieren. Und zweitens sind Frauen in diesem Wahlkampf so wichtig wie nie zuvor. Während die republikanische Kongressmehrheit beharrlich daran arbeitet, das Abtreibungsrecht drastisch einzuschränken, stehen Forderungen wie ein gesetzlicher Mutterschutz oder flächendeckende Kinderbetreuung bei den Demokraten ganz weit oben.

Die Mehrheit der stimmberechtigten Amerikaner ist weiblich. Insbesondere alleinstehende Frauen könnten diesmal die Wahl entscheiden – die Journalistin Rebecca Traister schreibt in ihrem neuen Buch All the Single Ladies: Unmarried Women and the Rise of an Independent Nation, dass ungefähr ein Drittel aller jungen Wähler und sogar ein Viertel der afroamerikanischen Wähler zu dieser Gruppe gehörten.

Die Amerikanerinnen neigen dazu, die liberalen Kandidaten zu bevorzugen. Und alleinstehende Frauen, schreibt Traister, erst recht. Weil ihr Status in der amerikanischen Gesellschaft immer mehr zur Norm wird, treten sie inzwischen auch in der Öffentlichkeit präsenter und selbstbewusster auf.

Zieht eine Kandidatin Wählerinnen an?

Hillary Clintons Strategen haben daraus ihre Konse­quenzen gezogen: Von Anfang an präsentierte sich Clinton diesmal als die logische Kandidatin aller Frauen. Das war 2008, als sie das erste Mal im Präsidentschaftswahlkampf antrat, noch anders: Damals stellten große Medien ernsthaft die Frage, ob eine Frau diesen Job überhaupt meistern könne. Clinton trat dementsprechend hart auf – so wirtschaftsorientiert und militärfreundlich wie möglich. Noch in ihrem vor zwei Jahren erschienenen Buch „Hard Choices“ („Harte Entscheidungen“) betont sie ihre tragende Rolle bei dem umstrittenen Anschlag auf Osama bin Laden. Heute spricht Clinton dagegen lieber darüber, wie schwer es für Frauen ist, an die Spitze zu kommen, betont gerne ihren jahrelangen Einsatz für internationale Frauenrechte und sagt über sich: „Ich bin auch nur eine Oma.“

Und: Keine andere Kampagne im Wahlkampf wird so sehr von Frauen geprägt. Frauen, die Hillary Clinton helfen wollen – und die unterschiedlicher nicht sein könnten. In den folgenden Abschnitten stellen wir drei von ihnen vor: eine war bis vor Kurzem eine illegale Einwanderin, die andere leitete die PR-Abteilung eines Kosmetikkonzerns und die dritte hat als Eiskunstläuferin olympische Medaillen gewonnen.

Lorella Praeli, 27, Direktorin des Latino-Wahlkampfs

Spezialfähigkeit: denen Gehör verschaffen, die keine Stimme haben



Lorella Praeli ist das, was man eine ­beeindruckende Erscheinung nennt. Wenn sie irgendwo steht und spricht, strahlt sie eine Würde aus, die an sich schon ungewöhnlich ist, aber erst recht für eine 27-Jährige. So kerzengerade ist ihre Haltung, dass erst auf den zweiten Blick auffällt, dass Lorella zwei Krücken benötigt, um zu gehen und zu stehen. Als zweijähriges Mädchen wurde sie in Peru von einem betrunkenen Lastwagenfahrer überfahren. Seitdem hat sie nur noch ein Bein. Weil sie für ihre kleine Tochter in der Heimat keine guten Behandlungsmöglichkeiten fanden, wanderten Lorellas Eltern mit ihrer sechsköpfigen Familie in die USA aus. Seither leben sie dort – als so ­genannte „illegale“ Einwanderer. Ohne Papiere, ohne Sicherheit, ohne die Möglichkeit, wieder nach Peru zu reisen und ihre Familie zu besuchen.

Rund elf Millionen „undocumented immigrants“ halten sich laut Schätzungen momentan in den USA auf. Die meisten von ihnen kommen aus Zentralamerika und Mexiko. Sie arbeiten, zahlen Miete und Steuern, bekommen Kinder und schicken diese zur Schule. Dabei müssen sie jederzeit fürchten, abgeschoben zu werden. Es ist ein Leben „im Schatten“, wie es die Betroffenen nennen. Und es ist ein hartes Leben: Lorella Praelis Mutter Chela ist Psychiaterin und erzählte in einem Interview, dass sie nur als Putzfrau Geld verdienen konnte. Doch da sie als Illegale keine Fahrerlaubnis beantragen konnte, ging sie jeden Tag stundenlang zu Fuß zur Arbeit – in einem Land, in dem eigentlich niemand zu Fuß geht.

Auch Lorella wuchs in diesem Schatten auf. Doch wie viele ihrer Altersgenossen mit illegalem Status beschloss sie, sich nicht länger zu verstecken. Als Sprecherin von „United We Dream“ (Gemeinsam träumen wir), der größten Jugendorganisation für Einwanderer in den USA, engagierte sie sich neben ihrem Studium für ihre Rechte.

Kaum ein Thema ist in Amerika so umstritten wie der Umgang mit illegaler Einwanderung. Klar ist, dass die Situation sich ändern muss. Die Demokraten ­wollen das durch Einbürgerung und eine Verbesserung der Lebensbedingungen der Einwanderer erreichen. Doch immer wieder scheitern die entsprechenden Gesetzesvorlagen am Widerstand der Republikaner, die stattdessen lieber von Massendeportationen und einem Mauerbau an der südlichen Grenze schwadronieren.

Nachdem sie als Strategin und Lobbyistin für Migrantenrechte gearbeitet hat, fährt Lorella Praeli nun durchs Land und macht in der Latino-Bevölkerung Werbung für ihre Kandidatin. Das ist sehr wichtig, denn in diesem Jahr können 22 Millionen Wähler mit lateinamerikanischen Wurzeln in den USA ihre Stimme abgeben. Doch diese Wähler sind notorisch schwer zu mobilisieren. Sie versprechen sich nur wenig von der Politik und fühlen sich am Rande der Gesellschaft stehend. Genau das will Praeli mit ihrer Arbeit verändern. Und bisher läuft es gut für sie: In den Bundesstaaten mit einem hohen Anteil an Hispanics – Nevada, Arizona, Florida – holte Clinton bei den Vorwahlen in dieser Gruppe die meisten Stimmen.

Vor acht Jahren, sagt Lorella Praeli, hätte sie eher für Obama als für Clinton gestimmt, doch als Illegale durfte sie damals nicht wählen. Anfang dieses Jahres, kurz nach ihrer Berufung in die Clinton-Kampagne, wurde Lorella ­Praeli nun eine amerikanische Staats­bür­gerin. Bei der Zeremonie zur Einbürgerung sagte sie: „Es gibt kein besseres Gefühl als das hier. Mein größter Traum ist es, dass elf Millionen Menschen die Chance haben, sich so zu fühlen wie ich jetzt.“ Zum ersten Mal gehört sie in diesem Herbst zu denen, die wirklich die Wahl haben.

Kristina Schake, 46, Leitende Kommunikationsmanagerin

Spezial-fähigkeit: toughe Frauen weich aus-sehen lassen

Es spricht einiges für Hillary Clintons Erfolg. Das Vermögen ihrer Familie wird auf 110 Millionen Dollar geschätzt. Zu ihren wichtigsten Unterstützern zählen viele Wall-Street-Unternehmen – mit diesen Mitteln ist die Wahlkampffinanzierung kein Problem. Und nicht zuletzt sammelte Clinton selbst als First Lady, als Senatorin im Bundesstaat New York und als Außenministerin unter Barack Obama beachtliche Erfahrung. 

Doch Clinton hat zwei große Nachteile: Sie ist eine Frau. Und sie ist eine Frau, die vielen Amerikanern in beiden politischen Lagern zutiefst suspekt ist. Viele der Vorwürfe – sie sei aggressiv und verbissen – sind typisch sexistische Klischees. Andere – sie sei geltungssüchtig und unehrlich – sind nicht ganz von der Hand zu weisen: Clinton wird vorgeworfen, während ihrer Zeit als Außenministerin ihren offiziellen, teils als geheim eingestuften E-Mail-Verkehr aus Bequemlichkeit über ihren privaten Server geleitet zu haben – was der Inhaberin eines öffentlichen Amtes nicht zusteht und sie als wenig vertrauenswürdig erscheinen ließ. Mit einem Sympathie-Problem kämpft Clinton, seit sie in der Öffentlichkeit steht. Dieses Bild zu verändern, ist die Aufgabe der 46-jährigen Kristina Schake. Manche sagen, es sei der schwerste Job, den sie je hatte.

Das ist eine gewagte These, wenn man bedenkt, was Schake in ihrer Karriere als Kommunikationsstrategin schon alles erreicht hat. Ihre erste erfolgreiche Kampagne organisierte sie in Kalifornien mit dem Regisseur Rob Reiner: Der forderte eine höhere Tabaksteuer zur Finanzierung von Schulen. Schakes größter Erfolg war allerdings ihr Einsatz für die gleichgeschlechtliche Ehe in Kalifornien. Gemeinsam mit ihrem Geschäftspartner gründete sie die „American Foundation for Equal Rights“. 2010 zog sie sich dann als politische Aktivistin zurück, um im Weißen Haus zu arbeiten. Ihre Aufgabe damals: das raue Image der First Lady Michelle Obama aufzupäppeln, die mit ihrer direkten Art bei den höflichen Amerikanern nicht besonders beliebt war. Sie ließ Michelle Obama Volksnähe zeigen, indem sie in einem günstigen Kaufhaus shoppen ging und die Nation mit einer albernen Tanz­einlage (dem sogenannten „Mom Dance“) in einer Late-­Night-Show zum Kichern brachte. Es funktionierte: Zwischenzeitlich war Michelle beliebter als ihr Mann.

Eigentlich wollte sich Kristina Schake gerade mit ihrem Partner, einem albanischen Journalisten, in Berlin einen schönen Lenz machen. Nach ihrer Zeit bei den Obamas arbeitete sie kurz als PR-Chefin für L’Oréal. Doch kaum hatte sie das Sabbatical in der deutschen Hauptstadt angetreten, klopfte Clinton bei ihr an.  Kristina Schake hat nicht nur ein gutes Auge dafür, wie Menschen sich bestmöglich präsentieren – sie hat darüber hinaus auch exzellente Verbindungen in die Entertainmentbranche: Auftritte wie bei der Comedy-­Sendung Saturday Night Live und die Unterstützung von Promis wie Lena Dunham haben jedenfalls schon dafür gesorgt, dass man bei Clinton sicher nicht mehr an Humorlosigkeit denkt. Natürlich soll es so wirken, als seien solche Momente ganz Clintons Idee gewesen, ob Kristina Schake dahintersteckt, darüber spricht sie natürlich nicht – sie hat eine seidenweiche Stimme und eine supersanfte Ausstrahlung, doch den Ruf eines knallharten Profis.

„Ich glaube, für Kristina war die Chance, wieder Geschichte zu schreiben, besonders reizvoll“, sagt Kori Schake. Kori ist Politik­wissenschaftlerin und die ältere Schwester von Kristina – und sie könnte ihre Erzfeindin sein: Denn ihre wichtigste Mentorin und erste Arbeitgeberin nach dem Studium war Condoleezza Rice, neokonservative Hardlinerin, engste ­Mitarbeiterin und Außenministerin des republikanischen Präsidenten George W. Bush. Doch das Gegenteil ist der Fall. Kristina sagt: „Eine Schwester zu haben, die politisch ganz andere Überzeugungen hat als ich, hilft mir bei meiner Arbeit.“ Weil sie aneinander ihre besten Argumente ausprobieren könnten und, was noch wichtiger sei: „Republikaner sind für mich nicht einfach bösartige Gegner. Auch in der härtesten politischen Auseinandersetzung weiß ich dank Kori, dass ich es mit Menschen zu tun habe.“ Eine gesunde Einstellung im politischen Tagesgeschäft. Sie kann Hillary Clinton nur helfen. Denn in ihr sehen besonders viele ­Konservative nicht viel anderes als eine abgrundtief böse Gegnerin.

Michelle Kwan, 35 , Wahlkämpferin

Spezialfähigkeit: amerikanische Herzen höher schlagen lassen

QUEEN YUNA – Flickr – CC BY-ND 2.0

Die olympischen Sportarten haben einen ganz besonderen Platz in den Herzen der Amerikaner. Hier – auf dem Turnboden, im Schwimmbecken, in der Eiskunstlaufarena – spielen die Geschichten von unerwarteten Erfolgen, glorreichen Triumphen und tragischen Abstürzen, über die die Nation so gerne spricht. Die Eiskunstläuferin Michelle Kwan hat all diese Höhen und Tiefen erlebt. Und so wurde die zierliche Kalifornierin, deren Eltern in den 1970er-Jahren aus Hongkong in die USA eingewandert sind, zu einem Dauerliebling der Nation. Obwohl sie ihre Karriere offiziell im Jahr 2006 beendet hat, zahlen die Menschen noch heute viel Geld, um ihre legendären Programme zu sehen. Kürzlich lief Kwan in einer Eislaufarena für Hillary Clinton auf – Unterstützer mussten zwischen stolzen 500 und 2 700 Dollar Eintritt zahlen. Es war der bisher spektakulärste Einsatz von Kwan für das Team Hillary – meistens reist sie als Vertreterin Clintons von Veranstaltung zu Veranstaltung und erzählt potenziellen Wählern, was sie an der demokratischen Kandidatin so gut findet. Kostprobe: „Sie ist eine unglaublich inspirierende Frau.“

Michelle Kwan stand zum ersten Mal mit fünf Jahren auf Schlittschuhen, mit 13 trat sie bereits im olympischen Team der USA an. Sie galt als Ausnahmetalent: Ihre Spagatsprünge sind genauso legendär wie ihre Fähigkeit, sich auf dem Eis mit senkrecht erhobenem Bein in beide Richtungen zu drehen. Trotzdem holte sie nur olympisches Silber und Bronze, doch es hat ihr nicht geschadet. Die meisten Amerikaner sind der Meinung, dass Kwan vom Schicksal betrogen wurde. Sie ist heute nicht nur die meistausgezeichnete Eiskunstläuferin des Landes, sondern dank Werbever­trägen, Lizenzverkäufen und einer eigenen Eislauf­arena auch eine der wohlhabendsten – ihr Vermögen wird auf 16 Millionen US-Dollar geschätzt. Damit spielt sie nicht ganz in der Clinton-Liga, gehört aber definitiv in den illustren Kreis äußerst kapitalkräftiger und erfolgreicher Promi-Unterstützerinnen, die Clinton um sich versammelt hat. Auch die Facebook-Managerin Sheryl Sandberg, die Schauspielerinnen Jane Fonda und Lena Dunham oder die Menschenrechtsanwältin Huma ­Abedin gehören dazu.

Schon während ihrer Eislaufkarriere studierte Kwan Internationale Politik. 2006 wurde sie Sonderbotschafterin der Bush-Regierung. Sie sagt: „Die Gemeinde der Immigranten aus dem asiatisch-pazifischen Raum hält sich aus der Politik heraus. Sie denken, das geht sie nichts an.“ Das will sie ändern. Clinton sei aufgrund ihrer guten Beziehungen in den asiatischen Raum „die beste Kandidatin für Einwanderer“. Härtere Statements sind von Michelle Kwan in absehbarer Zeit wohl eher nicht zu erwarten – bei jemandem, der sich die meiste Zeit seines Lebens lächelnd auf dem Eis ­gedreht hat, ist das vielleicht auch normal. 

MEREDITH HAAF verfolgt den Wahlkampf zwar aus der Ferne, ist aber selbst betroffen: Die Münchner Autorin hat einen amerikanischen Pass und wird im November wählen können.

Titebild: Flickr – US Embassy Kabul Afghanistan – CC BY-ND 2.0


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