Marina Friess berät Frauen, wie sie gerade auch in den sozialen Medien die eigenen Skills und ihr persönliches Profil optimal rüberbringen. Christiane Wolff hat mit ihr gesprochen.
Wie funktioniert gutes Eigenmarketing?
Marina Friess hat eine Weiterbildungsplattform für Frauen gegründet und berät seit mehr als zehn Jahren Frauen in Sachen Eigenmarketing – sie ist der Meinung: Erfolgreich zu sein bedeutet nicht ein hohes Einkommen oder eine gute Stellung im Unternehmen, sondern die Fähigkeit, sich auf den ersten Eindruck gut zu positionieren. Hier spricht sie darüber, wie das funktionieren kann.
Warum ist Eigenmarketing heute so wichtig – und ist es in Zeiten von Social Media wichtiger als früher?
„Ich glaube, in Zeiten von Social Media ist das persönliche Eigenmarketing wichtiger denn je. Die virtuelle Welt spiegelt uns oft nur das vor, was wir möchten, das gesehen wird. Facebook ist voll von positiven Meldungen. Erfolge werden zelebriert, Urlaube geteilt und die Idylle wird vorgelebt. Doch das ist oft mehr Schein als Sein. Die Zeit ist reif für echte Menschen und echte Gefühle. Es muss nicht alles und zu jeder Zeit in bunten Farben leuchten – es darf auch mal etwas nicht funktionieren. Doch durch diese Vorspiegelung geschönter Darstellungen werden wir in die Irre geführt und beginnen an uns zu zweifeln, nur weil vielleicht mal etwas in unserem Leben nicht so bunt ist. Meiner Meinung nach hat Eigenmarketing etwas damit zu tun, zu zeigen, wer ich wirklich bin. Ohne Facetten, die wir uns auferlegen, um vermeintlich dazu zu gehören. Eigenmarketing hat etwas mit Wahrhaftigkeit und Authentizität zu tun. Wenn man diese Eigenschaften lebt, kann man sich perfekt selbst vermarkten.“
Müssen auch Angestellte sich selbst vermarkten oder ist das nur für Selbständige wichtig?
„Jeder vermarktet sich selbst. Das ist kein Muss, denn wir tun es automatisch. Selbstvermarktung bedeutet ja auch, dass ich mir durch mein Handeln eine bestimmte Resonanz erhoffe. Und das beginnt schon bei der Kleiderwahl und zwar jeden Morgen auf‘s Neue. Wichtig ist, ein Bewusstsein dafür zu bekommen, wie ich auf andere wirken möchte, aber dabei nicht zu vergessen, wer ich selbst bin. Sonst ist es wieder nur eine Fassade.“
Wie wichtig ist dabei die eigene Positionierung?
„Man sollte sich natürlich bewusst darüber werden, wer man ist und für was man in seinem Unternehmen stehen möchte. Wenn ich mit Unternehmerinnen spreche, höre ich oft: ,Ich habe Interesse an ganz vielen Themen, ich kann und will mich nicht auf ein Thema positionieren.’ Da ich selbst unter Erwachsenen ADHS leide, kann ich das gut verstehen. Doch in der Außendarstellung ist es wichtig, mit einem Produkt/einer Dienstleistung sichtbar zu sein. Alles Weitere kann man den Kunden im Nachhinein anbieten. Die Arbeit sollte Erfüllung sein und wenn ich in mehreren Dingen Erfüllung finde, dann ist das völlig in Ordnung. Daraus entwickelt sich eine Leidenschaft. Und mit wirklicher Leidenschaft kommt auch der Erfolg.“
Und die Zielgruppe?
„Ich habe natürlich eine ganz klare Zielgruppe. Das halte ich für wichtig, denn es geht darum, die Personen, die wir erreichen möchten, auch richtig anzusprechen. Aber neben der genauen Zielgruppe finde ich es auch wichtig zu wissen, mit wem ich auf gar keinen Fall zusammenarbeiten möchte. Wenn ich das weiß, kann ich diese Personen schon vorher in meiner Kommunikation oder Marketingmaßnahmen ausschließen. Das spart viel Zeit und Energie.“
Wie kamst du auf das Thema und warum liegt es dir so am Herzen?
„Die Schriftstellerin Irmtraud Morgner hat einmal gesagt: ,Der schlimmste Fehler von Frauen ist ihr Mangel an Größenwahn.’ Frauen haben so viel zu geben und so viel zu sagen, doch oft fällt es ihnen schwer. Zum einen wegen der eigenen Persönlichkeit und zum anderen wird ihnen auch stellenweise nicht der Platz gegeben. Deshalb habe ich zum Beispiel einen Kongress nur mit Frauen als Speakerinnen ins Leben gerufen. In der Speaker-Welt findet man zu 80 – 90 Prozent Männer auf der Bühne und das finde ich sehr schade. Mit dem Kongress habe ich eine große Plattform geschaffen, auf der sich nur Frauen darstellen dürfen. Das war einzigartig und somit eine gute Positionierung. Ich habe eine klare Zielgruppe, nämlich Unternehmerinnen, selbstständige und weibliche Führungskräfte und das Thema ist meine Leidenschaft. So war der Erfolg schon fast vorprogrammiert. Ich möchte Frauen ermutigen, sich zu zeigen, wie sie sind. Ohne ,do’s’ und ,dont´s’ . Denn ein perfektes Eigenmarketing bekommt eine Frau nur dann, wenn sie ganz bei sich ist und sich so akzeptiert, wie sie ist.“
Du sprichst von Alphafrauen und Alpha-DNA. Was genau verstehst du darunter?
„Als Veranstalterin von großen Frauenkongressen erlebe ich immer wieder eine große Orientierungslosigkeit bei Frauen, wenn es um das optimale Agieren geht, um beruflich erfolgreicher zu werden. Daher kam mir der Gedanke, den Begriff ,Alphafrau’ zu etablieren. Es geht darum, wie sich eine Frau im beruflichen Alltag optimal verhalten kann, ohne das sie auf der einen Seite zu hart, aber auf der anderen Seite zu soft agiert. Einige Frauen entscheiden sie sich primär für den maskulinen Weg und greifen bei Führungsthemen oder in der Kommunikation härter durch. Andere gehen den femininen Weg und hören auf ihre Intuition, also ihren Bauchverstand, und versuchen auf eine verbindende Weise eine Lösung zu finden. Eine Alphafrau kann sich auf eine feminine Weise durchsetzen, ohne dabei ihr Naturell zu verleugnen. Wobei leider viel zu häufig Femininität mit Weichheit oder Schwäche assoziiert wird. Das ist nicht so, im Gegenteil. Für mich gibt es fünf Erfolgsfaktoren für Alphafrauen: Authentizität, Intuition, Souveränität, Status und Charisma. Wobei die Grundlage all dieser Punkte immer das Erkennen der eigenen Persönlichkeit in sich birgt. Egal ob ich authentisch, intuitiv, souverän oder charismatisch wahrgenommen werden will, das Wichtigste dabei ist zu wissen, wer ich bin und was ich möchte. ,Was sind meine Ziele? Wie bin ich wirklich und wie möchte ich wahrgenommen werden?’ sind hier die zentralen Fragen.“
Und müssen sich Frauen anders vermarkten als Männer?
„Nein, das glaube ich nicht. Sie sollten nur lernen, sich noch etwas mehr zu vermarkten, sichtbarer zu werden und Raum für sich und die eigenen Wünsche und Ideen einzunehmen. Ich möchte gar nicht in dieses Männer- versus-Frauen-Thema einsteigen, da es eine völlig falsche Energie unterstützt. Es geht nicht darum, besser als jemand zu sein, sondern es geht darum, man selbst zu sein.“
Glaubst du, es braucht heute immer noch eigene Codes für Frauen, spezielle Kurse für Frauen und auch exklusive Kongresse? Oder sollten wir nicht besser miteinander lernen?
„Man kann miteinander lernen und getrennt. Beides ist wichtig. Ich stelle einfach immer wieder fest, dass in Seminaren nur für Frauen eine andere Energie ist. Frauen sind offener und gehen mehr in die Tiefe. Daher finde ich ein Angebot in dieser Richtung sehr wichtig. Die Mischung macht es!“
Ist das nicht manchmal auch echt anstrengend, sich immer zu überlegen, wie ich wirke?
„Wenn ich weiß, wer ich bin und was mich ausmacht, muss ich mir nicht mehr überlegen, wie ich wirke. Wir wirken dann automatisch durch unser Sein. Aber der Weg dorthin ist auch nicht immer unbedingt einfach. Die Gesellschaft gibt uns häufig vor, wie wir sein sollten, um in ihren Augen erfolgreich und erfüllt zu sein. Doch jeder hat seine eigene Welt. Keiner weiß so gut wie man selbst, was man braucht, um die eigenen Ziele zu erreichen. Die Beschäftigung mit dem Gedanken ,Wie wirke ich?’ darf man daher gerne loslassen, denn man kann und wird es nie jedem recht machen können. Die Wirkung entsteht von innen, durch Klarheit und Selbstbewusstsein.“
Gibt es Situationen, in denen du dich persönlich immer noch unwohl fühlst?
„Ehrlich gesagt, kann ich mich gerade an keine Situation erinnern. Ich habe für mich losgelassen, jedem gefallen zu wollen. Je sichtbarer man ist, desto mehr Menschen bilden sich ihre eigene Meinung darüber, wer man ist. Dies ist unter Umständen nicht immer positiv, hat aber nichts mit mir als Person zu tun. Das musste ich über die Jahre lernen. Am Anfang hat mich Kritik sehr stark getroffen. Mittlerweile akzeptiere ich, dass ich nicht Everyone‘s Darling bin und das möchte ich auch nicht sein. Wenn man eine klare Meinung hat, kann man auch schnell polarisieren. Doch das ist mir lieber, als ein Fähnchen im Wind zu sein. Ich weiß mittlerweile, wer ich bin, was ich möchte und was ich nicht in meinem Leben möchte. Alles andere hat keinen Platz!“
Was tust du, wenn dir mal die Luft wegbleibt oder eine Situation eskaliert?
„Tief durchatmen. Der Atem, zeigt uns wie wir uns fühlen. Wenn eine Situation eskaliert und wir keinen Sauerstoff in unser Gehirn lassen, weil wir die Luft anhalten, dann können wir nicht klar denken, geschweige denn Lösungen finden. Konflikte gehören oftmals im Leben dazu. Doch diese sollten ruhig und bedacht angegangen werden. Ich möchte die Kontrolle über meine Emotionen haben und dabei hilft ruhiges und gezieltes Atmen sehr gut. Wenn jemand darüber bestimmen kann, wie ich mich fühle, dann gebe ich ihm automatisch die Macht. Dann kann er entscheiden ob es mir gutgeht und das möchte ich nicht zulassen.“
Hast du drei Tipps, wie man noch leichter zur Alphafrau wird?
„Lernen dich noch besser kennen und frag dich: Was tue ich, weil ich es schon immer so getan habe, vorgelebt oder gesagt bekommen habe? Was will ich wirklich in meinem Leben? Wer bin ich und was macht mich als Person aus? Wenn wir Frauen wieder in unsere weibliche Kraft kommen, dann erreichen wir unsere Ziele und zwar mit Leichtigkeit und Freude. Wir werden souveräner und selbstsicherer wahrgenommen und damit verbessern wir auch unser Eigenmarketing. Denn der Weg zum Erfolg ist der Weg zu sich selbst.“
Bild: flickr I WOCinTech Chat I CC BY 2.0
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