Foto: J.K. Rowling | Twitter

J.K. Rowling: „Du kannst eine Frau nicht eine Hure nennen, nur weil dir ihre Meinung nicht passt“

Frauen, die offen ihre Meinung zu sagen, werden schnell unter der Gürtellinie beleidigt oder sogar mit sexualisierter Gewalt bedroht. Warum das schon im Kleinen weder lustig noch cool ist, hat J.K. Rowling auf Twitter in 14 wütenden Tweets zusammengefasst.

 

„Jede Frau, die ich kenne und die ihre Meinung sagt, hat diese Erfahrung gemacht“

Wie Netz-Hass funktioniert? Über Masse, und darüber, das Gegenüber mürbe zu machen, zu schwächen, zu diffamieren und in vielen Fällen zu ängstigen. Für Frauen bedeutet das in aller Regel verbale Tritte unter die Gürtellinie und/oder der Aufruf zu sexualisierter Gewalt. Und davon bleibt keine Frau verschont, die sich traut, ihre Meinung im Netz zu äußern. Dabei spielt es auch keine Rolle, ob sie in der Öffentlichkeit steht oder Anneliese von nebenan ist, wer als Frau im Netz den Mund aufmacht, und sich (gesellschafts-)politisch äußert, muss damit rechnen, eine Hure oder eine Fotze genannt zu werden, oder Vergewaltigunsgdrohungen zu bekommen – dass sich diese Bedrohung für Women of Colour, Frauen, die ein Kopftuch tragen jüdisch sind oder trans* automatisch multiplizieren, ist so bitter wie wahr. Das passiert jeden Tag, und tausendfach, mal lockt es noch jemanden hinter dem Ofen vor und mal schauen alle nur zu und scrollen dann einfach bei Twitter etwas weiter nach unten.

J.K. Rowling hat sich in der vergangenen Woche dazu entschieden, nicht einfach weiterzuscrollen, als der Autor John Niven, dem sie bis zu diesem Zeitpunkt auf Twitter folgte, sich dazu entschieden hat, Theresa May aufgrund ihres Umgangs mit den Neuwahlen in Großbritannien (sie ignorierte die Rücktrittsforderungen) eine Hure zu nennen: „The fucking balls on this whore.“ Was so viel heißt wie: Diese Hure hat ganz schön Eier.

Statt sich also einfach über ihr politisches Vorgehen aufzuregen, sich inhaltlich abzuarbeiten oder auch einfach zu sagen, dass ihm diese Frau nicht passt, muss sie also als Hure bezeichnet werden – denn, einfacher war Demütigung und eine Machtdemonstration ja nie. Wobei zusätzlich in Frage zu stellen ist, warum Hure noch immer als Schimpfwort funktioniert.

J.K. Rowling entfolgte ihren Autorenkollegen aber nicht nur, sondern setzte in 14 Tweets zu einer verbalen Keule an, warum das einfach kein Kavaliersdelikt, nicht lustig oder okay ist und schon gar nicht einer liberalen Haltung entspricht, sich derart über Frauen zu äußern. Und warum genau das der Nährboden ist, auf dem all die frauenfeindlichen Trolle gedeihen, die es normal finden, mit sexualisierter Gewalt oder Beleidigungen aus der untersten Schublade (und zwar jene, mit denen Frauen objektifiziert werden) auf eine geäußerte Meinung zu antworten. Sie sei es satt, dass sich als liberal bezeichnende Männer sich frauenfeindlichen Mechanismen bedienen und sich damit mit Männern gemein machen, von denen sie sich doch sonst so gerne distanzieren.

„I’m sick of ‘liberal’ men whose mask slips every time a woman displeases them, who reach immediately for crude and humiliating words associated with femaleness, act like old-school misogynists and then preen themselves as though they’ve been brave.“

Danke, Mrs. Rowling! Denn wenn wir bei diesen Mechanismen, mit denen auch in Deutschland Politikerinnen aller Parteien und zahlreiche Netz-Aktivistinnen, Autorinnen, Journalistinnen und und und zu tun haben, irgendwann zu Rande kommen wollen, müssen sie an den Pranger, muss immer und immer wieder darüber geredet werden, dass schon im Kleinen dagegen angegangen werden muss, dass man eben nicht weiterscrollen, sondern sich einschalten sollte. Denn wer schweigt, der duldet. Und dabei sind besonders so stimmgewaltige Menschen wie Rowling, die auf Twitter 10,6 Millionen Follower hat, wichtig.

Also immer her mit den harten inhaltlichen Auseinandersetzungen! Aber Vergewaltigungsdrohungen und Beleidigungen haben dabei nichts zu suchen.


Wer sich noch mehr mit dem Thema beschäftigen will: Hier ist der sehr drastisch aufgebaute Vortrag, den Laura Sophie Dornheim bei der re:publica 2017 zu Netzhass gehalten hat. Titel: „Geh sterben, du Fotze“. Alle hier behandelten Kommentare sind tatsächlich an andere Menschen im Netz gerichtet worden. Aber sie gibt auch viele Hinweise dazu, wie man Betroffenen helfen kann.

Quelle: re:publica 2017 | Laura Sophie Dornheim: Geh sterben du F°tze | Youtube

Alle Artikelbilder: J.K. Rowling | Twitter

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