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Viele Frauen wollen nicht mehr mit der Pille verhüten – aber wie gut sind die Alternativen?

Immer mehr Frauen wollen nicht mehr täglich Hormone schlucken. Aber welche anderen Möglichkeiten zur Verhütung haben Frauen heute eigentlich? Gibt es eine sichere, unkomplizierte Methode ohne Gesundheitsrisiko?

 

Hormone mit Nebenwirkungen

Die neuen Anti-Baby-Pillen sind umstritten. Eine 31-jährige Frau hat den Pharmakonzern Bayer verklagt, weil sie eine Anti-Baby-Pille des Unternehmens für ihre Lungenembolie verantwortlich macht. Eine Lungenembolie als seltene Nebenwirkung der ‚Pille‘ rückte dadurch stärker ins öffentliche Bewusstsein.

Mit einem Pearl-Index von 0,2 ist die Pille eine der sichersten
Verhütungsmethoden überhaupt. Mit Hormonen wird der natürliche Eisprung
unterdrückt und die Menstruation gesteuert. Ein ganz besonderer Hormoncocktail
ist die Drei-Monats-Spritze. Hier bekommt der Körper so viele Hormone auf
einmal zugeführt, dass er zwölf Wochen damit beschäftigt ist, diese Dosis wieder
abzubauen. In diesem Zeitraum kann die Frau nicht schwanger werden, da der
gesamte Fortpflanzungsapparat im Körper stillgelegt wird.

Nach Ansicht des Leipziger
Reproduktionsmediziners Professor Henry Alexander kann bei langfristiger Anwendung dieser Verhütungsmethode die starke Konzentration an Hormonen dafür sorgen, dass der Körper seinen Zyklus ganz verlernt und die Frau nicht mehr in der Lage ist, schwanger zu werden.

Hormone und ihr Einfluss auf den Körper

Egal, wie die Zusammensetzung ist – die Patientinnen müssen die
zugeführten Hormone auch vertragen. Manche Frauen reagieren schon auf die
geringste Menge mit Gewichtszunahme, Hautveränderungen oder
Stimmungsschwankungen. Hormone können dann zu einer Belastungsprobe für Beziehungen
und Familien werden – Weinkrämpfe, Wutausbrüche oder Migräne können die Folge sein. 
Dass Hormone einen so großen Einfluss auf unseren Körper haben
können, wird uns häufig erst bewusst, wenn wir uns diesen einmal über einen
längeren Zeitraum nicht mehr aussetzen.

Bei Frauen ab 25 ist inzwischen eine deutliche Tendenz zu
erkennen: Vielen, die mit ihrer Ausbildung fertig sind, einen festen Partner
haben und sich langsam an das Thema Baby herantasten, drängt sich immer mehr
der Gedanke auf, dass sie nach Jahren der hormonellen Fremdsteuerung gar nicht
wissen, wie ihr eigener Körper eigentlich tickt. Glaubt man der Schulmedizin,
arbeitet unser Körper wie eine Zeitschaltuhr – in der Theorie: Der Zyklus
dauert 28 bis 33 Tage und der Eisprung findet immer in der Zyklusmitte statt.
70 Prozent aller Frauen folgen allerdings nicht diesem Standard, sondern haben
kürzere oder bedeutend längere Zyklen. Auch dass man seine Regel bekommt,
bedeutet noch lange nicht, dass der Eisprung auch tatsächlich stattfindet.

Und
vor allem: Der Eisprung erfolgt nicht immer in der Zyklusmitte. Sein Zeitpunkt
bleibt ein ewiges Rätsel, das bislang auch der Frauenarzt nur ungefähr per
Ultraschall lösen konnte. Verhütung oder Familienplanung nach diesen
allgemeinen Durchschnittswerten bleibt also zumindest teilweise ein Ratespiel.

Der Eisprung folgt keinen Regeln

Inzwischen gibt es verschiedene Ansätze, den Eisprung zuzulassen
und trotzdem zu verhüten. Mit ein wenig Übung reicht zum
Beispiel die Temperaturmethode, bei der morgens vor dem Aufstehen die
Körpertemperatur gemessen wird, an den Pearl-Index der Pille heran. Sehr
populär sind aber auch Produkte, mit denen man die Konzentration des Eisprung
auslösenden LH-Hormons im Urin nachweisen kann. Das Problem: Diese Tests sind
nicht immer zuverlässig. Denn auch wenn der LH-Spiegel steigt, bedeutet das
nicht, dass unbedingt ein Eisprung stattfindet.

Der neueste Schrei sind
Eisprung-Apps auf dem Handy. Aber auch diese gehen meist davon aus, dass der
Eisprung in der Zyklusmitte stattfindet, was bei vielen Frauen zwar stimmt,
aber lange nicht bei allen.

Eine altbewährte Methode ist es, die Temperatur zu messen. Viele
Frauen greifen inzwischen zu Bleistift und Fieberthermometer und beobachten
ihren Körper ganz genau. Doch auch hier gibt es wieder Haken, denn es
erfordert nicht nur Durchhaltevermögen und Disziplin, monatelang jeden Morgen
um die gleiche Zeit die eigene Temperatur zu messen. Es gibt auch neue

Studien, die widerlegen, dass die Körperkerntemperatur in den Morgenstunden vor
dem Aufstehen am niedrigsten ist. Der Minimalwert der Körperkerntemperatur
liegt häufig viel früher – teilweise mitten in der Nacht. Außerdem kann er Schwankungen
unterliegen.

Anhand eines
Cyclofertilogramms (CFG) ist es jeder Frau heute möglich, genaue Aussagen über
den eigenen Eisprung zu treffen. Hierfür wird ebenfalls die
Körperkerntemperatur als Biomarker genutzt. Mittlerweile gibt es zum Beispiel Biosensoren wie „Trackle“ oder einen Ring namens „Ovularing
der von der Frau im Körperinnern getragen
wird und alle fünf Minuten 24 Stunden am Tag die Körperkerntemperatur misst.
Der Messring mit dem integrierten Temperatursensor wird von der
Patientin vaginal eingeführt. Ausgelesen werden die Daten mit einem speziellen
Lesegerät, das an die USB-Schnittstelle des heimischen Computers angeschlossen
wird. Eine webbasierte Software erstellt ein CFG, ein Algorithmus errechnet den
Tag des Eisprungs für künftige Zyklen.

„Mit einem Scan des eigenen Zyklus weiß nicht nur die
Frau selbst Bescheid, wann ihr Eisprung ist, auch der behandelnde Gynäkologe
sieht genau, wie es zum Beispiel um die Zyklusgesundheit der Frau steht. Die
Fehlerquote geht aufgrund der vielen Messpunkte gegen null“, sagt zum Beispiel der
Reproduktionsmediziner Henry Alexander.


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