Kürzlich habe ich mal wieder Nido gelesen, weil mich dieser Titel ansprach: „Seid keine Idiotenväter!“, appellierte da ein Redakteur, ein Mann. Und nannte dann gute Gründe, warum man als Vater zuhause präsent sein sollte, schon aus eigenem Interesse. Fand ich gut. Noch besser finde ich aber diesen Appell: „Seid keine Idioteneltern!“
Eine Selbstkritik
Idioteneltern! Ich darf das sagen, weil ich als werdende Mutter in die gleiche Falle gerannt bin. Denn ist man schwanger, vor allem dann, wenn es ohne lange Planung passiert, sieht man die Welt schnell rosarot. Da wird dann alles irgendwie schon klappen. Passt schon. Ich bin aber in die Elternrolle hineingestolpert und hätte mir im Nachhinein gewünscht, mir vorher mehr Gedanken darüber gemacht zu haben.
Bei mir lief es nämlich so: Während das erste Babyjahr noch ruhig verlief und ich echt Pause machte, stand das zweite unter einem anderem Stern. Ich wurde – entgegen meiner Erwartung – unruhig. Dabei war ich doch immerhin schon fast Mitte 40, hatte also viel erlebt: Für eine Partei sowie Stiftung gesprochen und ein Startup mit gegründet. Ich hatte bereits eine berufliche Auszeit genommen, die mich nach Australien führte. Ich musste mir nicht mehr so viel beweisen. Dachte ich.
Und dann kamen die Themen: Rollenverteilung, Finanzen, gesellschaftliche Erwartungen. Es traf mich wie ein Schlag, als mir eine Frau entgegnete: „Aha, also klassische Rolle, du bleibst Zuhause.“ Wie bitte? Hinzu kam: Plötzlich verdiente mein Mann mehr Geld als ich. Und er fand den Gedanken, uns mit zu versorgen, gar nicht schlimm. Hatte ich aber nicht gelernt, auf eigenen Füßen zu stehen? Sich nicht abhängig zu machen – war das nicht das Credo, das mir nicht nur meine Eltern eingetrichert hatten? Wollte ich, dass meine Beziehung und unsere Familie jetzt also „klassisch“ ist?
Andere Mütter im Business-Outfit, ich in Jogginghose
Und erst das gesellschaftliche Umfeld. Gut, ich war oft mehr als zehn Jahre älter als so
manche Mama, die mir morgens im besten Business-Outfit die Kita-Tür entgegenschlug. Während ich zwar schon genauso früh auf war und zwei Stunden in der Küche getextet hatte, mich aber um 8.30 Uhr fragen durfte: Erst noch joggen, bevor ich zurück an den Schreibtisch kehre?
Also dachte ich über den nächsten beruflichen Schritt nach. In meinen alten Job wollte ich nicht zurück, dort hatte ich mich abfinden lassen. Ich wollte das tun, wovon ich schon lange träumte: Schreiben über Themen, die ich wirklich relevant finde. Deshalb unterstütze ich
seitdem einen hyperlokalen, kölschen Blog, baute eine Großeltern-Plattform mit auf
und gründete 2014 – zusammen mit drei wunderbaren Frauen – einen eigenen Blog.
Mit diesen Learnings zu mehr Gelassenheit
Was mir fehlte in dieser Zeit, war mehr Mut zur Gelassenheit. Rückblickend ist man immer schlauer. Diese Learnings kannst du aber gleich von Anfang an beherzigen:
1) Mach vorher in Deiner Beziehung absolut transparent, wie eure Elternschaft aussehen soll.
Wer nimmt wann eine Auszeit? Wer arbeitet wie viel? Dazu gehört auch: Überlegt euch als
verantwortungsvolle Eltern, welche Rollenbilder ihr verinnerlicht habt und welche ihr
euren Kindern vorleben wollt.
2) Überlegt euch klug ein Wiedereinstiegsszenario und kommuniziert das mit euren Arbeitgebern oder plant eure Selbständigkeit entsprechend.
3) Seid ehrlich mit euch selbst: Erfüllt ihr ein Bild, das Erziehung oder Gesellschaft euch diktieren – oder entscheidet ihr im Sinne und zum Wohle eurer beider Interessen, ehrlich
berücksichtigend, was ihr als Eltern wollt?
Keine Idioteneltern zu sein, bedeutet für mich, dass ihr auf eure Bedürfnisse achtet, damit ihr in der neuen Rolle nicht unglücklich werdet. Das erste Rezept dafür: miteinander sprechen.
Heute bin ich viel ruhiger und eine Verfechterin davon geworden, Stärken zu stärken und sich nicht darauf zu konzentrieren, an seinen Schwächen herumzudoktern. Dabei hilft es sehr, sich neben der Familie mit den richtigen Menschen zu verbünden: Das Umfeld so neu zu
besetzen, dass es Förderer gibt; manchmal ist es auch ratsam, alte Freundschaften wieder aufleben zu lassen. Jedenfalls mit Menschen zu sprechen, die einen ermutigen, neue Schritte auch zu gehen.
Den Zeitpunkt, wann du eine Veränderung auch tun musst, spürst du selbst – wenn du auf dich und deine Bedürfnisse innerhalb der Familie genau achtest.
Elke arbeitet als freie Journalistin und PR-Beraterin und betreibt den internationalen Lifestyle-Blog ohfamoos für Menschen, die den Wahnsinn im Alltag lieben.
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