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Frauen sollten endlich ihre sexuellen Fesseln sprengen

Monogamie gilt als Domäne der Frau – denn so wollen es noch immer gesellschaftliche Konventionen. Dabei wäre es längst an der Zeit, weibliche Lust offen auszuleben, schreibt unsere Communityautorin Ingeborg Trampe.

 

Auch jetzt liegen Frauen immer noch in sexuellen Fesseln

Es ist noch nicht lange her, dass eine Freundin mit verheultem Gesicht vor mir saß, weil ihr langjähriger Freund sie nicht nur nach Strich und Faden während ihrer Beziehung betrogen hatte, sondern sich dann auch plötzlich ohne Ankündigung vom Acker machte. Ich war darüber froh, hatte diese Beziehung meiner Freundin doch eher Schmerz als Freude beschert. Und das gemeinsame Sexleben hatte ohnehin schon länger brachgelegen. Freilich nur bei meiner Freundin, die meinte, sich gesellschaftlichen Konventionen fügen zu müssen, wo eine Frau eben monogam zu leben hat, egal ob es ihr Typ ist oder nicht. Nach der Trennung gab ich ihr den Tipp, endlich mal nur Spaß zu haben. Seitdem bekomme ich quasi stündlich sehr gut gelaunte Wasserstandsmeldungen von Tinder-Dates, bei denen es um nichts als Sex geht. Hurray!

Wie stark Frauen noch immer in sexuellen Fesseln liegen, wurde mir drastisch klar, als ich mein erstes pornographisches Buch geschrieben hatte, in dem sich die Protagonistin Suzette Oh nach Lust und Laune erotisch austobt. Zugegeben erotisch überdreht und politisch ziemlich unkorrekt, was aber vor allem meine Leserinnen nicht davon abhielt, meinen Mail-Account  mit Fragen zu überfluten. Etwa, wo Frauen solche Abenteuer erleben könnten, ohne Gefahr zu laufen, erkannt zu werden. Und ob eine lockere Sexualität Frauen automatisch zu Schlampen machen würde. Auch wenn wir in scheinbar lockeren Zeiten leben und Frauen die gleichen Rechte wie Männer haben, hat sich das sexuelle Selbstverständnis der Frau in Wirklichkeit nur wenig gewandelt. Bei Befragungen geben Frauen brav wie Lämmer an, dass ihnen Treue das Wichtigste in Beziehungen sei. Denn das wird von ihnen erwartet.

Die Libido der Frauen ist stärker als die von Männern

Nun möchte ich niemandem seine Neigung zu monogamen Beziehungen ausreden. Ich bezweifle nur, dass sie langfristig funktionieren. Nicht nur die Scheidungsstatistiken, sondern auch jede Menge aktuelle Studien kratzen am Sauberkeitsimage des rein monogamen Glücks. So hat der Autor Daniel Bergner in seinem sehr lesenswerten Buch „Die versteckte Lust der Frau“ sehr klar beschrieben, dass Erziehung und gesellschaftliche Konventionen Frauen davon abhalten, ihrer eigentlichen Promiskuität auszuleben. Die Libido der Frau sei sogar um ein Vielfaches ausgeprägter als die von Männern, was auch erkläre, dass Frauen nach wenigen Jahren keine Lust mehr auf Sex mit ihrem Partner hätten. Es sind also keineswegs die viel bemühten Hormone, die Frauen in die Libido grätscht. Vielmehr ist unser Geschlecht nach neuesten Forschungs-erkenntnissen schlicht und ergreifend schnell im Bett gelangweilt. Auch wenn das natürlich Männer, vor allem männliche Sexualforscher, nicht gerne hören wollen. Schließlich steckt hinter der vermeintlichen Lustlosigkeit eine Menge Business.

Längst gibt es auch eine eigene Sexindustrie für Frauen: von neuartigen Sex-Toys über frauenfreundliche Pornos wie die von Erica Lust bis hin zu Escort-Services wie dem von Butterfly-Heaven in Hamburg. Und bei hedonistischen Swinger-Parties testen immer mehr weibliche Gäste ihre sexuellen Grenzen aus. Doch was wie eine scheinbar voranschreitende Befreiung der weiblichen Lust wirkt, ist leider keine. Denn mitbekommen soll keiner was. Die Lust der Frau soll im Verborgenen bleiben. So wollen es die Frauen selbst. Zu groß ist noch immer die Angst, für eine offen gelebte Erotik verurteilt zu werden. Übrigens auch von anderen Frauen. Wie schnell sind gerade Geschlechtsgenossinnen mit Beleidigungen zur Hand, wenn sie auf Frauen treffen, deren Verhalten sie nicht verstehen oder die sich das trauen, was sie sich selbst verwehren.

Schlampe sollte kein Schimpfwort mehr sein

Während sich in den USA Frauen das einstige Schimpfwort „Bitch“ zu eigen gemacht haben und offensiv und voller Stolz benutzen, gilt „Schlampe“ bei uns noch immer als Beleidigung von Frauen, die sich nonkonform verhalten. Dabei sollte es doch in einer liberalen, aufgeklärten Gesellschaft möglich sein, dass jede(r) sein oder ihr Glück nach eigener Façon findet, solange niemand anderes zu Schaden kommt. Und Frauen sollten nicht danach beurteilt werden, ob sie monogam leben oder nicht.

Im Gegenteil: Sie sollten ihre Lust genauso ausleben dürfen, wie das Männer schon immer getan haben. Denn eine reiche Sexualität, die mehr erlaubt als verbietet, bedeutet am Ende auch Glück und Selbstzufriedenheit. Beides genau jene Faktoren, die zum Gelingen einer Partnerschaft, – egal ob offen, polyamor oder zumindest zeitweise monogam geführt – und eines selbstbestimmten Leben Voraussetzung sind.


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