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Warum wir mehr Firmen vom Home Office überzeugen sollten

Deutsche Firmen sind keine Freunde des Homeoffice, das zeigt eine aktuelle Studie. Dabei hat das Modell auch für Unternehmen viele Vorteile – insbesondere zufriedenere und produktivere Mitarbeiter. Es wird Zeit, endlich all unsere Vorgesetzten davon zu überzeugen, meint Sandra von Jobspotting.

 

Eine Selbstverständlichkeit?

Bei uns im Unternehmen ist Homeoffice kein Tabu – im Gegenteil. Nicht
selten startet einer unserer Programmierer eine Problemlösung morgens
von zu Hause aus und kommt erst ins Büro, wenn die Aufgabe erledigt ist.
Eine Kollegin kann bestimmte Dinge im ruhigen Umfeld ihrer eigenen vier
Wände konzentrierter abarbeiten. Manchmal sind es jedoch auch ganz
triviale Gründe, die Homeoffice nötig machen: Handwerker oder
Telefontechniker im Haus, Arztbesuche oder kranke Kinder.

Tatsächlich
hat mir als junger Mutter das Angebot, aus dem Homeoffice arbeiten zu
können
, überhaupt erst die Rückkehr in den Beruf ermöglicht. Ich habe
zunächst auf freiberuflicher Basis von zu Hause gearbeitet – tagsüber,
während meine Tochter schlief oder abends und am Wochenende, wenn mein
Freund zu Hause war. Dies führte zu einer Festanstellung mit
Arbeitszeiten, die ich flexibel gestalten kann.

Ob es nun um
Vereinbarkeit von Familie und Beruf geht oder schlicht die Möglichkeit,
sich seine Arbeitszeit nach individuellen Vorstellungen organisieren zu
können: Heimarbeit ist eine Errungenschaft unserer modernen Arbeitswelt.

Leider
sehen viele deutsche Unternehmen das bisher nicht so. Das zeigt eine
aktuelle Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW),
über die die Süddeutsche Zeitung
berichtet hat. Demnach arbeiten nur zwölf Prozent der befragten
Arbeitnehmer aus dem Homeoffice, obwohl bei 40 Prozent eine Erledigung
der Aufgaben in Heimarbeit möglich wäre. Dabei gibt es zahlreiche
Gründe, warum Homeoffice auch für Firmen ein großer Vorteil ist.

Homeoffice macht Mitarbeiter glücklicher

Zahlreiche Untersuchungen legen nahe, dass Homeoffice die Mitarbeiterzufriedenheit steigert – darunter auch eine aktuelle Studie im Auftrag des Bundesarbeitsministeriums.
Nicht nur waren Beschäftigte, die ihre Arbeit teilweise im Homeoffice
erledigen, insgesamt zufriedener mit ihrer Arbeit. Sie empfanden ihren
Vorgesetzten auch als fairer.

Gründe für diese Wahrnehmung lassen sich viele finden:

Autonomie in der zeitlichen Gestaltung

Sofern die Aufgaben nicht zu einer bestimmten Frist erledigt sein
müssen, kann der Mitarbeiter seine Arbeitszeit eigenständig einteilen.
Das mag durchaus bedeuten, dass er vormittags zunächst Erledigungen
macht oder sich privaten Projekten widmet. Eltern können nachmittags
Zeit mit ihren Kindern verbringen und sich abends nochmal an den
Computer setzen, wenn die Kleinen im Bett sind. Heißt: Wem nicht nur
abends und am Wochenende Zeit für Privates bleibt, der ist
ausgeglichener. Das wiederum kann sich auf die Motivation und Leistung
am Arbeitsplatz auswirken.

Zeitersparnis durch wegfallenden Arbeitsweg

Die Fahrt zur Arbeit ist für den ein oder anderen nicht nur lang. Sie
ist meist vor allem nervig (Stichworte „Rush Hour“ und „Berufsverkehr“).
Mitarbeiter, die sich zumindest hin und wieder den Arbeitsweg sparen,
vermeiden also durchaus Stress. Darüber hinaus bleibt ihnen entweder
mehr Freizeit oder aber mehr Zeit für die anfallenden Aufgaben (starkes
Argument für deinen Vorgesetzten!).

Ausdruck von Vertrauen gegenüber den Mitarbeitern

Chefs, die ihren Leuten Homeoffice erlauben, machen deutlich: Ich
vertraue dir. Ich vertraue auf deine Fähigkeit, dich selbst zu
organisieren und darauf, dass du die aufgetragenen Aufgaben fristgerecht
und in gewohnter Qualität ablieferst (ohne, dass ich dir dafür über die
Schulter gucken müsste). Das ist eine hohe Wertschätzung für jeden
Mitarbeiter und lässt den Vorgesetzten durchaus in der Achtung seiner
Angestellten steigen
.

Präsenz im Büro ist nicht gleich erbrachte Leistung

Leider
bewerten Unternehmen viele ihrer Mitarbeiter immer noch nach der
Anwesenheit im Büro, statt nach der tatsächlichen Leistung. Dabei belegt
die Studie des DIW, dass Heimarbeiter 2014 im Schnitt 40,6 Stunden pro
Woche arbeiteten und mehr Überstunden machten. Ihre Kollegen im Büro
hingegen leisteten durchschnittlich 36,2 Stunden. Im Gespräch mit dem
Chef ist das natürlich ein hartes Zahlenargument. Eine weitere Studie der Universität Standford
mit Mitarbeitern eines Callcenters zeigte zudem, dass diejenigen, die
im Homeoffice arbeiteten, im Vergleich zu ihren Kollegen im Büro
deutlich produktiver waren. Sie schafften in derselben Zeit ein höheres Arbeitspensum.

Kostenersparnis für Unternehmen

Wer
seinen Chef mit diesen Argumenten bisher nicht überzeugen kann, dem
hilft vielleicht nur noch die Kostenkeule. So können sich etwa
Mitarbeiter, die sich im Homeoffice abwechseln, einen Arbeitsplatz
teilen. Oder aber bestimmte regelmäßig anfallende Aufgaben werden
komplett von Heimarbeitern erledigt, die gar keinen Schreibtisch im Büro
besitzen. Das Berliner Startup K.lab
beschäftigt beispielsweise eine Reihe so genannter Tagger –
Mitarbeiter, die sich um die Verschlagwortung der Materialien kümmern,
die auf der Plattform meinunterricht.de zugänglich gemacht werden. Die
Tagger erledigen ihren Job von überall aus, bloß nicht im Büro. Unter
ihnen finden sich Eltern, aber auch Studenten aus ganz Deutschland.

Ich
persönlich komme gerne ins Büro, um mich mit meinen Kollegen
auszutauschen und die ein oder andere Kaffee- und Mittagspause mit ihnen
zu verbringen. Eine völlige Verlegung meiner Arbeit ins Homeoffice kann
ich mir nicht vorstellen. Sicherlich ist auch nicht jeder Mensch fürs
Homeoffice gemacht, schließlich lauern dort durchaus Ablenkungen. Dennoch empfinde ich es als große Bereicherung, meine Arbeitszeit autonom organisieren zu können.

Welche
Möglichkeiten sich Mitarbeitern in ihrer Arbeitszeitgestaltung auch
bieten: Letztlich sollte das Ziel sein, Mitarbeiter stärker nach der
tatsächlichen Leistung zu bewerten, statt nach abgesessenen Stunden im
Büro. Das ist aus meiner Sicht nämlich das eigentliche Problem.

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