Annette Massmann ist eine unserer „25 Frauen, die unsere Wirtschaft revolutionieren“ – und hat bei der Abstimmung die meisten Stimmen der Leser*innen erhalten. Wir haben unserer Publikumsgewinnerin „25 Fragen“ zu ihrer Arbeit und ihrem Leben gestellt.
Neue Wege in der Entwicklungszusammenarbeit
Am 8. Juni ist Annette Massmann nach Berlin gereist, um bei der Preisverleihung an unsere „25 Frauen, die unsere Wirtschaft revolutionieren“ den Preis für die Publikumsgewinnerin entgegenzunehmen. Annette Massmann leitet seit zwölf Jahren die GLS Zukunftsstiftung Entwicklung am Standort Bochum und kooperiert mit Partnerorganisationen weltweit. Migration, Dürre und Hunger – wir stehen weltweit vor großen gesellschaftlichen Herausforderungen. Annette Massmann arbeitet mit ihrer Stiftung an Lösungen und gibt mit ihrer Arbeit wichtige Impulse in die entwicklungspolitische Debatte in Deutschland. Wir haben ihr 25 Fragen gestellt, um sie und ihre Arbeit näher kennenzulernen – und hier sind ihre Antworten.
1. Ihr wichtigster Ratschlag an sich selbst als 25-Jährige?
„Wennse weiss´, watte wills´, musse machen, datte hinkommz“ (Missfits, Oberhausen)
2. „First World Problems“ – ist das ein Begriff, der Ihnen durch Ihre Arbeit besonders oft durch den Kopf schießt, wenn sich hier jemand aufregt über Nichtigkeiten?
„Manchmal, ist wohl eine Berufsdeformation.“
3. Welchen Beruf könnten Sie sich gut für sich selbst vorstellen, wenn Sie nicht das machen würden, was Sie tun?
„Organische Gärtnerin und Bereiterin für Islandpferde.“
4. Welche Ihrer beruflichen Reisen hat Sie bisher am meisten beeindruckt und warum?
„Vielleicht Peru 2012: Nacht. Auf einem Esel musste ich einen Pass auf 4.000 Meter Höhe überwinden. Ich konnte nichts sehen. Der Esel rettete mich. Für mich war es ein erschreckendes Abenteuer. Für die Bergbauern, die ich besuchte, Alltag.“
5. Ein Tipp an alle Leute, die sich in ihrem Alltag, in ihrem Privatleben so verhalten wollen, wie Sie es fordern, also gegen ständige Profitmaximierung und Ausplünderung der Umwelt – wo kann man im Kleinen etwas Richtiges tun?
„Im Alltag: Bewusst essen – weniger Fleisch, mehr Bio – bewusst konsumieren und mehr schenken: Sozialzeit, Aufmerksamkeit, Hilfestellungen oder auch Geld.“
6. Was wäre aus Ihrer Sicht ein einfacher Weg, das eigene Konsumverhalten hier in Deutschland auf effektive Weise zu verändern?
„Sich fragen, was man wirklich braucht, um gut und sinnbringend zu leben.“
7. Worauf verzichten Sie gerne?
„Auf Luxus.“
8. Und worauf nicht so gerne?
„Schokolade.“
9. Was war der wertvollste Ratschlag, den Sie in Ihrer Karriere bekommen haben?
„Ich setze Vertrauen in dich mit deinen Ideen und deinem Können, bleibt dir treu“, von David Campora, Mitglied der ehemaligen Stadtguerilla Tupamaro in Uruguay.“
10. Sie haben einen Wunsch frei, den das deutsche Entwicklungshilfeministerium Ihnen auf politischer Ebene erfüllt – welcher wäre das?
„Ich erhalte ein solides Budget für die Förderung organischen, kleinbäuerlichen Anbaus und integrale Slumentwicklung weltweit.“
11. Und realistisch betrachtet: Was erhoffen Sie sich in Ihrem Feld von der Großen Koalition?
„Eine Verhandlung der European Partnership Agreements, die den afrikanischen Ländern eine reale Chance gibt, von der Rolle der billigen Rohstofflieferanten wegzukommen.“
12. Was ist Ihre wichtigste Botschaft an junge Frauen?
„Dazu zitiere ich Nkosi Johnson aus Kenia, der zwölfjährig an Aids verstarb: ,Do what you can, with what you have, in the time you have, in the place you are‘.”
13. Sie verfügen über ein großes Netzwerk – wie baut man sich erfolgreich ein gutes Netzwerk auf?
„Zuhören, von etwas sprechen nicht über etwas, Hilfestellungen bieten, wo es sinnvoll und möglich ist und gleichzeitig großes, gemeinnütziges Eigenengagement existiert.“
14. Wie fängt für Sie ein guter Tag an?
„Mit Vogelgezwitscher und Sonne.“
15. Welches Buch hat Sie zuletzt schwer beeindruckt?
„Es sind zwei: Fabian Scheidler: ,Das Ende der Megamaschine‘; Manjushree Thapa: ,Geheime Wahlen.‘“
16. Wer oder was hilft Ihnen aus Tiefs heraus?
„Mein Mann, meine Tochter, meine Freunde, mein Islandpferd, mein Garten.“
17. Fällt Ihnen an der jungen Generation der Berufseinsteiger*innen etwas auf, das Sie überrascht, erstaunt oder womöglich irritiert?
„Viele sind mir begegnet, die minutiös ihre Berufsbiografie planen. Bewerbungsmappen quellen häufig über von Zertifikaten, die wenig
über Fähigkeiten sagen. Gleichzeitig gibt es ein mir neues Verständnis von der Wichtigkeit von Work-Life-Balance.“
18. Die Welt in 50 Jahren – ist die Situation besser oder schlechter als heute?
„Wenn wir so weitermachen, muss das Leben auf der Welt umziehen. Ich weiß nur noch nicht, wohin.“
19. Was wollen Sie unbedingt noch erreichen, bevor Sie irgendwann in Rente gehen?
„Mit allen unseren Projektpartner*innen aus aller Welt unter dem Titel „mission accomplished“ ein riesiges Fest feiern.“
20. Angenommen, Kolleg*innen würden über Sie lästern – worüber würden sie am ehesten schimpfen?
„,Wann gibt sie endlich einmal Ruhe?‘“
21. Was ist Ihnen als Führungskraft besonders wichtig im Umgang mit Mitarbeiter*innen?
„Klarheit, Aufrichtigkeit und Raum für Entfaltung bieten.“
22. Worüber regen Sie sich gerne oder häufig auf?
„Fake News, schlecht recherchierte Artikel, Nachrichten.“
23. Wenn Sie von längeren Auslandsreisen zurückkehren, auf was freuen Sie sich am meisten?
„Auf meine Familie und den Luxus einer Badewanne voller Wasser.“
24. Und was vermissen Sie bei Auslandsreisen überhaupt nicht?
„Den ständigen und übermäßigen Gebrauch von Emoticons.“
25. Was würden Sie gern noch lernen?
„Kisuaheli, Nepali, Geduld und die Welt zu verstehen.“
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