Foto: Claudia Münster

Businessladies diaries: Jenseits des Regenbogens

Teil 1: Die Saat des Zweifel

 

Jeden Morgen der gleiche verdammte Mist.

Wenn meine Gehirnzellen ihre ersten Aktivitäten aufnehmen,  noch bevor ich die Augen aufschlage, explodiert in meinem Kopf unvermittelt ein infernalisch lauter Flashmop mit wahnsinnig vielen Teilnehmern, die in allen Sprachen der Welt brüllen, flüstern, schreien, wild gestikulierend, gequält heulend, eindringlich ihre Botschaften in die Welt bringend. Eine Kakophonie, die schreit, was alles zu tun ist, an was ich zu denken habe, was alles schief gehen könnte, dass ich es nie schaffen werde, dass ich nicht genug Geld verdiene, dass ich neue Kunden gewinnen muss, dass ich nicht besonders, nicht gut, nicht bodenständig, von überhaupt nix genug bin. Keine gute Partnerin, keine gute Mutter, keine gute Freundin und schon gar keine gute Unternehmerin.

Ich versuche mich zu orientieren und in einem dieser aggressiven, besorgten und das Armageddon beschwörenden Fratzen ein freundliches Gesicht zu finden. Eines, das mir zulächelt, mir Mut macht. Ein liebes Wesen, das mich mit seiner Leichtigkeit auffängt und mit mir in den Himmel tanzt.

Doch da sind nur die häßlichen Fratzen.

Reality check: Das ist dein täglicher Kampf

Wenn du ein Business hast, das du nicht nur lieben willst, sondern von dem du willst, dass es Erfolg hat, dass es dich trägt und ernährt. Eines, das Krisen überlebt. Ein Unternehmen, das wächst. Ein Business, das ebenso einmalig ist wie du selbst und dennoch in Konkurrenz zu anderen steht, dann ist genau dieses Szenario des übervollen Kopfes, deine Realität.

Es gibt ganz Heerscharen, die jetzt aufschreien. Armeen der Leichten, die mir zubrüllen, dass es nicht so sei. Business sei leicht und beschwingt, spielerisch und ausschließlich das, was du daraus machst.

Das ist okay und freut mich unfassbar für dich. Wenn das bei dir so ist, dann brauchst du mich nicht. Nicht diesen Text und schon gar nicht Unterstützung..

Doch in diesem Meer der Leichten und Verspielten bist vielleicht DU. Du empörst dich auch über meine Worte und bist so sehr davon überzeugt, dass das Leben und dein Business leicht ist, sein kann oder doch zumindest sein soll. Doch während du in den Chor einstimmst, hörst du vielleicht dein Herz wispern. Wie es sich mit leiser Stimme durch der Chor der Glorreichen hindurch versucht sich Gehör zu verschaffen. Das zarte Stimmchen, das dich anmahnt, ganz zaghaft:

Erinnerst du dich nicht mehr? Da sind wir auch manchmal.

Wenn du jemals in der Nacht nicht schlafen konntest, weil du genau diese Angst hattest, dann kannst du dir überlegen, ob du jetzt weiter liest. Wenn du weiter liest, dann deshalb, weil du genau diese Realität kennst: Die unfassbare Liebe zu dem, was du tust, aber auch die Ängste und die Zweifel. Obwohl du oft im Chor der Unbesiegbaren mitsingst, einfach weil du Angst davor hast, wie die Alternative aussähe, weißt du, dass diese Ängste sind. Wenn du allein bist, wenn es dunkel ist.

Die fröhliche und spontane Leichtigkeit ist hart erarbeitet

Doch du weißt einfach nicht, was du sonst tun sollst außer auch in diese Hohetal der Leichten einzustimmen. Die Alternative des Jammertals stößt dich ab. Da warst du schon. Es hat dich immer weiter hinunter gezogen. Perspektivlos. Mutlos. Dort ist es zunächst wärmer und vertrauter. Da sind so viele, die du kennst. Da sind die, die nur das Schwarze sehen und ihre Sehnsucht nach dem Licht und der Freude vergessen haben. Es war so leicht dort zu sein, auch wenn der da dieser latente Schmerz war.

Aber mitten in diesem immerwährenden Schmerz, war da die federleichte Bewegung, die dich wie eine Welle überrollte. Nein, du bist auf ihr geritten. Auf der Welle, die dich aus dem Jammertal trug. Du wurdest aufgefangen in dem Heer derer, die nicht mehr bereit waren zu leiden. Die Brigade, die sich entschlossen hatte, den Status ihres Lebens selbst zu bestimmen.

Was auch immer ausschlagend war für dich, dass du entschieden hast, dass nicht diese Schwere, das Schwarze und das Ach und das Jee über dein Leben bestimmen, es hat eine Geschichte. Eine Geschichte, die dich über verschiedene Etappen geführt hat, in denen du alles versucht hast, wie du es schaffst eine optimierte Melange aus Struktur, Strategie und Emotion plus Soul zu entwickeln, die es dir ermöglicht dein optimales Potential anzuzapfen und fokussiert dahin zu bringen, wo du hinwillst.

Die Welle der propagierten Leichtigkeit hat dich wie selbstverständlich mitgerissen. Wie auch nicht. Denn wen sollte die Vorstellung, dass  Erfolg dauerhaft zu implementieren wäre, wenn du nur XY Tools im Alltag und im Mindset installierst hättest.

Die latent mitschwingende Drohung, dass du selbst dafür verantwortlich  bist, was du suchst  und dir so dein eigenes Unglück manifestierst hast. Diese Idee, dass du es hingegen in der Hand hast, deinen eigenen Erfolg leicht zu machen, ist zu verlockend, um es nicht auszuprobieren.

An den Tagen, an denen es dir nicht leicht fiel, hattest du Zweifel. Doch wohin solltest du gehen? Ins Jammertal? Zu den Opfern, die zuschauen, wie ihr Leben gestaltet wird. Denen, die nur lamentieren, wer wieder schuld ist an welcher Misere, welchem Nachteil, welchem Mist in ihrem Leben. Weil du wusstest, dass dieser Weg keine Option war, bist du bei der verordneten perma-Leichtigkeit geblieben. Denn was auch immer die Nachteile sind, was du regierst, was untilgbare Wurzeln unter dem versiegelten Boden ausbreitet, ist dennoch die bessere Alternative.

Doch für diese Leichtigkeits-Membership musst du bezahlen.

Daily refill – but not for free

Denn an jedem Tag, an dem die Zweifel in dir aufsteigen, die Zweifel, ob du gut genug bist, ob du es schaffen wirst. Die Zweifel, ob du alles vereinbaren und alles erreichen kannst, musst du an den schwarzen Tagen wieder und wieder bearbeiten. Denn dort wo du hinwillst, die Liga, in der du spielen möchtest, lässt dir nichts durchgehen. Du musst in deiner Exzellenz sein, um das zu liefern, was du in deinem Masterplan hast.

Das bedeutet, dass du an jedem einzelnen Tag dieses Unkraut gnadenlos aus deinem Kopf-Urwald reißen musst. Mit Bulldozern, mit Mähdreschern oder auch mit rituellen Feuern.

Das ist möglich, aber bedarf schon einiger Übung und Beharrlichkeit in den Königs-Disziplinen. Wie ein klassischer 10 Kämpfer hast du jeden Tag auf’s neue die Entscheidung zu treffen, ob du ohnmächtig und erschöpfst aufgibst. Du könntest an jedem Tag dieser Welle des Negativen folgen. Es wäre so einfach. Viel einfacher als der Kampf, den du dir vorgenommen hast.

Doch es ist möglich. Mit einem filigran austarierten Plan aus Tools wie Mediation und Yoga, einem Ausreinigen der negativen Gedanken, um deine Seele und dein Hirn jeden Tag  erneut mit der allumfassenden Essenz an positiven, inspirierenden und Klarheit bringenden Input zu füllen.

Ob das einfach ist? Nein, das ist es nicht. Es ist das Gegenteil dessen, was deinem Gefühl entspricht. Doch in diesem Fall musst du eine unzerstörbare Verbindung zu deinem inneren Kompass, deiner Intuition entwicklen. Dieser Kompaß lässt dich jeden Tag dein Reservoir, das du zunächst mühsam vom Schrott des Zweifels entleest,mit den richtigen und exakt deinen  Inhalten befüllen.

Mann über Bord – bitte nicht retten

Wenn du dir jetzt endlich ohne ein Gefühl der Schuld eingestehst, dass dein Leben als Businesslady nicht nur einfach ist und für dich in manchen Phasen eine extreme mentale Herausforderung darstellt, wirst zu spüren, wie eine tonnenschwere Last von deinen Schultern fallen wird. Denn du wendest unfassbar viel Kraft dafür auf, dein Leben wie eine einzige Party erscheinen zu lassen, in der dein Business etwas ist, mit dem du voller Freude spielst. In dem du mit  Leichtigkeit und mit unendlich viel Spaß die Bälle in die Luft schmeißt und lachend annimmst was klappt und mit Unbeschwertheit los lässt, was nicht funktioniert.

Wenn du dir dieses Eingeständnis gemacht hast, wirst du zunächst aber auch  von Scham überwältigt sein. Du wirst dich ängstlich fragen, ob du mit dieser Haltung der Verletzlichkeit, der Zweifel, der Sorgen dauerhaft und erfolgreich deinen Weg gehen kannst.

Das verstehe ich. Denn ich kenne es, dieses Gefühl. Dieses Gefühl, wenn du im metaphorischen Sinn nackt vor dem Spiegel stehst, mit geöffneten Händen und entblößter Brust, ohne Rüstung, ohne Panzer. Wenn du dich fragst:

“Das soll reichen? Dieses unperfekte und verletzliche Wesen soll in der Lage sein, dauerhaft erfolgreich zu sein?”

Dann sage ich dir jetzt aus tiefstem Herzen: JA. Tatsächlich funktioniert es sogar nur so. Denn Menschen machen Geschäfte mit Menschen. Sie kaufen Gefühle. Sie wollen sich besser fühlen durch das, was sie kaufen. Sie wollen sich auf dich verlassen. Sie wollen, dass du hältst, was du versprichst. Sie wollen, dass du denkst, was du sagst.

Wenn du dich und deine Menschlichkeit hinter einem unnahbaren Panzer aus Unfehlbarkeit und unerträglicher Leichtigkeit  versteckst, werden Menschen dich bewundern und vielleicht auch beneiden, aber sie werden sich nicht mit dir verbinden.

Die Wahrheit ist: du wirst niemals dauerhaft deine Träume verfolgen können, wenn  du dich nicht so annimmst wie du bist, wenn du eine Rolle spielst, einem Bild entsprechen willst, von dem du glaubst, dass andere dich so sehen müssten. Denn um deinen Traum zu leben, bist du zwingend auf genau einen Menschen angewiesen

auf dich.

Wenn du dich verlierst, versteckst und verleugnest, wirst du niemals ankommen.

Deshalb  öffne jetzt deine Augen und schaue dich in dem gnadenlosen Spiegel an. Sehe dich so, wie du bist. Wütend, zart, verletzlich und stark, schwach und mutlos, euphorisch und enttäuscht und sage dir jetzt:

Ich liebe dich so, wie du bist. Für immer.

 

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