Foto: Maaike Nienhuis |Unsplash

Frauenrollen in Serien: Wo sind die Heldinnen, die sich nehmen, was ihnen zusteht?

Unsere Community-Autorin weiß sehr genau, was sie will, kann auch mal laut werden und will sich nicht an gesellschaftliche Zwänge anpassen. Wo zur Hölle sind die forschen und lauten Serienheldinnen, von denen sie sich repräsentiert fühlen kann?

Ich habe viele Persönlichkeiten

Meine verschiedensten Persönlichkeitsanteile haben Namen. Nicht, weil ich schizophren bin, sondern weil ich Dingen gern Namen gebe. Zum Spaß, einfach so. Vielleicht arbeite ich auch schon zu lange mit Kindern, wer weiß das schon so genau. Selbst meine Pickel bekommen lustige Namen, der letzte, der sich hartnäckig über drei Tage hielt, hieß Herbert. Eine grosse Narbe vom Rasieren am Knie hatte den wohlklingenden Namen Sarah – ein bisschen eine Diva, weil wirklich groß und an einer unmöglichen Stelle.

Wenn ich wütend bin, heißt dieser Teil von mir „Klaus Kinski“ und wenn Klaus tobt, wissen alle, es ist Zeit den Kopf einzuziehen und am besten schnell Land zu gewinnen. Nicht, dass das oft vorkommen würde, aber so ungefähr jede*r in meinem Umfeld weiß, mit was sie*er zu rechnen hat, wenn ich Klaus ankündige. Wenn ich ausgehe (und manchmal auch privat), bin ich eher Hank Moody aus Californication – wobei ich nicht irgendwo ein Kind habe oder eine ehemaligen Liebe, der ich hinterher trauere. Wer die Serie kennt, kann sich trotzdem ungefähr ausmalen, was ich damit meine.

Mein Klugscheißer-Ich

Es heißt Sheldon Cooper, wohl auch, weil sich viele menschliche Interaktionen auch für mich fremd anfühlen und ich sie genauso argwöhnisch betrachte wie der Charakter aus der amerikanischen Serie „Big Bang Theory”. Abends wiederum knipst mir dann „Pickle Rick“ aus „Rick & Morty“ das Licht aus. Wie das gemeint ist? Nun ja, mir hat mal jemand gesagt, ich schlafe so schnell ein, es wäre ungefähr so, als würde ein Arbeiter in meinem Kopf sitzen, der alle Lichter ausmacht, weil er Feierabend hat: Knips! Paula schläft. Einfach so. Von jetzt auf gleich. Abgeschaltet – in nicht mal drei Sekunden. Von einer Sekunde auf die andere bin ich dann weg. Und mir ist das durchaus bewusst, ich bin schließlich auch schon mal einer Umarmung eingeschlafen vor lauter Erschöpfung.

Nun ja, und da Rick ein verrückter Professor ist, der durch die Galaxie reist, wie ich nachts in fremde Welten reise, in meinen Träumen, dachte ich es sei nur passend, dass dieser Teil seinen Namen bekommt. Und wohl auch, weil wir beide einen schrägen aber liebenswürdigen Charakter haben.

Ich weiß sehr genau, wer ich bin

Nein, ich habe keine Neurosen, die Monk Locker Konkurrenz machen würden. Ich kenne mich einfach gut und gehe ehrlich damit um. Niemand ist perfekt!  Klar, gibt es auch noch die fürsorgliche „Mary Poppins” und die „Martha Stewart“  in mir, aber die Hauptrollen meiner Persönlichkeit spielen andere – Männer.

„Warum eigentlich?”, habe ich mich neulich gefragt:  Hasse ich etwa viele Frauen, weil ich so ein schlechtes Verhältnis zu meiner eigenen Mutter hatte? Nein, ganz und gar nicht. Ich kann mich nur leider einfach mit kaum einer weiblichen Serien-Figur identifizieren. Das liegt auch daran, dass es keine weiblichen Figuren mit meinen Charaktereigenschaften gibt. (Falls ich sie nicht kenne und es sie doch gibt, lasst es mich bitte wissen!)

Wo sind die starken Rollenvorbilder?

Wer repräsentiert all die Frauen, die anders sind als eine Klischee-Mutter, Beauty- und Fashion-Addicts oder Lifestyle-Influencer auf Instagram? Die starken Frauen, die fluchen, trinken, rauchen, schimpfen, sich nehmen was sie wollen, ohne um Erlaubnis zu fragen. Frauen die für die Wissenschaft brennen und neugierig auf die Welt sind oder das Universum erkunden?

Die weiblichen Rollen in Big Bang Theory waren teilweise so, aber auch die zwang man dann in diese grässlichen gesellschaftlichen Zwänge, mit Kind und Heirat. Keine Eskapaden, keine wilden Fluchtiraden, selbst Penny wurde zum Schluss zu einer „anständigen“ Frau, die heiratet und einen ordentlichen Job hat.

Frauen, die keine Kinder wollen, die lieber um die Häuser ziehen und sonntags Glitzer-verschmiert, grinsend irgendwo im nirgendwo aufwachen? Fehlanzeige. Und wenn, dann sind sie zickig und wenig glamourös. Bis auf die Frau aus „Apartment 23”. Ich liebe sie – aber auch sie zeigt Tendenzen von unsozialer Zicke und ist wenig beliebt bei der Allgemeinheit. Wenn Frauen laut werden, sind sie hysterisch und haben sicher gerade ihre Periode.

Ich will selbstbewusste und laute Frauen sehen

Wollen die Serienmacher*innen mir wirklich weismachen, dass es sich heute immer noch nicht gut, „so eine” Frau zu sein? „So” zu leben? Außerhalb der Rolle der netten, fürsorglichen Frau, die unbedingt Kinder, Haus und Familie möchte? Bridget Jones, die nur auf den Traumprinzen wartet und ansonsten frustriert Eis und Schokolade in sich hineinfrisst ist also immer noch akzeptierter als eine emanzipierte Frau, die einfach macht, worauf sie Lust hat? 2018 sollen wir haben? Spannend, bei dem Bild von 1950, dass für viele noch der Maßstab zu sein scheint.

Es gibt immer noch kaum Frauen im TV oder in der Öffentlichkeit, die für ihre Wutausbrüche bekannt sind. Es gibt selten Frauen, die für ihre Egozentrik gefeiert werden. Werden Frauen immer noch nach ihren Mutterqualitäten beurteilt, Männer aber nach anderen Fähigkeiten? Und auch abgesehen vom Fernsehen gibt es kaum fordernden und richtig selbstbewussten Frauen, denn Frauen, die was auf dem Kasten haben, gelten schnell als besserwisserisch. Welcher Mann lässt sich schon gern von einer Frau die Welt erklären?

Ich würde mir mehr Frauen wünschen, die sich nicht darum scheren, was andere denken und einfach nur sie selbst sind. Frauen, die endlich aufhören allen gefallen zu wollen! Und eine Gesellschaft, die sich von typischen Rollenbildern und Doppelmoral verabschiedet. Aber subito! Und ratet mal wo das ganze beginnt? Kleiner Tipp: Bei der Erziehung.

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