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Die Qual der Wahl – warum uns zu viele Möglichkeiten unfrei machen

Zwischen 250 Shampoo-Sorten, 328 Ausbildungsberufen und 60 Jeansmodellen auswählen zu “dürfen”, ist für manche Menschen nicht das Paradies auf Erden, sondern einfach nur anstrengend! Was im Kleinen schon schwer ist, ist im Großen beinahe unmöglich – Entscheidungen SCHNELL und RICHTIG zu treffen.

 

Heute haben wir alle Freiheiten der Welt!
Die Türen stehen uns offen.

Möchte ich lieber Architekt werden oder was Soziales machen? Mit Ärzte ohne Grenzen durch Afrika reisen oder meine ersten Tausender in Immobilien machen. Meinen Lebensunterhalt nur mit dem Laptop von unterwegs aus verdienen oder ist mir Geld, Sicherheit und Prestige wichtig?

Schon als Kinder bekamen wir gesagt, dass wir werden könnten was wir wollten. Unterstützt von Eltern und Nachhilfelehrern waren wir auf guten Schulen, schafften manchmal mehr schlecht als recht gute Abschlüsse, so dass uns heute die Türen der Selbstverwirklichung offen stehen …
Gleichzeitig schrumpft die Möglichkeit der Planbarkeit. Einerseits weil wir uns nicht festlegen wollen, andererseits weil in dieser schnelllebigen Zeit sowieso nichts mehr sicher ist.

Dadurch dass uns alles offen steht, fällt es uns schwer, uns festzulegen. Dadurch dass wir uns ständig entscheiden müssen, haben wir Angst etwas zu verpassen. 

Die Möglichkeiten werden zur Last! Entscheidungen treffen zur Qual. Selbstverwirklichung zur Pflicht.

Ein typischer/möglicher Morgen im Leben eines jungen Menschen der Generation Y:

Der Wecker klingelt um 7:00 Uhr. Erste Vorlesung um 8:00Uhr.
Warum nur habe ich die so früh gewählt? (Erstes Bereuen einer Entscheidung)
Ach ja, weil ich mich dazu zwingen wollte, früher aufzustehen.
Egal, dann morgen!
Wecker aus (Erste Entscheidung + revidieren der Entscheidung früher auszustehen). Um zehn wache ich dann endlich auf, erster Blick aufs Smartphone, Facebook, Instagram checken, obwohl ich eigentlich weniger Social Media am Morgen konsumieren wollte (zweites revidieren der Entscheidung Social-Media-Diät)
So vergeht die nächste halbe Stunde im Flug. Statt dem vorgenommenen ausgiebigen, gesunden Früchte-Haferflocken-Mandelmilch-Frühstück kaufe ich mir lieber etwas beim Bäcker für unterwegs (zweite Entscheidung, drittes revidieren der Entscheidung sich Zeit fürs Frühstück zu nehmen). Also was ziehe ich heute an? (ratet mal, was diese Frage ist)
Puh, ganz schön viel Auswahl beim Bäcker! Lieber süß oder deftig? (…)
Jetzt aber schnell in die Vorlesung.
Welche Musik höre ich unterwegs dorthin? Oder lieber einen Podcast?
In der Vorlesung setze ich mich ganz nach hinten und schreibe mit dem blauen Stift … (automatisierte Entscheidungen)
Wegen der verpassten ersten Vorlesung ärgere ich mich, nächste Woche steht doch die Klausur an. Und auch das Frühstück war nicht so, wie erhofft – damit ist die neue gesunde Lebensweise sowieso hinfällig.
Also, Mittags Döner oder Pizza, überlege ich mir.
Mit Anna oder Daniel? …

Dieses Beispiel zeigt, wie viele Optionen der Alltag für uns bereit hält. Die wirklich wichtigen Fragen sind dabei noch nicht einmal dabei, schwirren uns aber oftmals unbewusst im Kopf herum.

Möchte ich Kinder?

Eine Familie gründen?

Was soll ich studieren und welchen Beruf soll ich wählen?

Hauptsache so wenig Veränderung wie möglich

Es gibt so viele Optionen, so viele Alternativen, allein in Deutschland muss sich ein Abiturient zwischen 18.044 Studiengängen entscheiden sowie 328 Ausbildungsberufe.

Alle Möglichkeiten zu durchdenken und eine rationale Entscheidung zu fällen ist dabei aussichtslos, stattdessen hören wir oftmals auf unser vermeintliches Bauchgefühl.

Studien haben herausgefunden, dass wir jedoch am ehesten dazu neigen bereits Vertrautes zu wählen. Die Alternative, die mit der wenigsten Veränderung einhergeht, scheint uns am vernünftigsten zu sein, denn das Verlassen unserer Komfort-Zone fällt schwer.

Wir orientieren uns gerne an unseren Mitmenschen, nicht umsonst heißt es:

Du bist der Durchschnitt der 5 Menschen, mit denen du die meiste Zeit verbringst.

Doch besonders auch auf die Gesellschaft, in der wir Leben, stimmen wir unsere Entschlüsse ab. Dadurch legen wir uns so manche fremdbestimmten Zwänge auf, passen uns an Normen an, um dazuzugehören, schwimmen nicht gegen den Strom – „jeder macht das ja so“.

Warum uns Entscheidungen so schwer fallen

Der Hauptgrund warum wir uns schwer damit tun, uns aktiv auf etwas oder jemanden festzulegen, ist schlichtweg Angst. Dabei steht weniger die Angst eine Entscheidung zu treffen im Vordergrund als vielmehr die Angst, falsch oder nachteilig zu wählen.

Wir haben Angst vor

  • negativen Konsequenzen
  • Kritik
  • Spott
  • Veränderung
  • Scheitern

Wir trauen es uns oft nicht zu, unseren eigentlichen Wünschen nachzugehen, weil wir uns vielleicht zu alt oder auch zu jung fühlen, zu wenig ausgebildet oder weil wir keine 100% Garantie haben, dass die enorme Mühe sich auch lohnt, die manche Entscheidungen mit sich bringen.

Manchmal müssen wir auch zwischen zwei negativen Alternativen wählen, was den Prozess deutlich erschwert und unsere Gedanken-Schallplatte auf „Ja aber, wenn …“ hängen bleiben lässt.

Andere Optionen sind zwar erstmal unangenehm, dennoch langfristig positiv, wie zum Beispiel auch mal auf Fast Food und Süßigkeiten zu verzichten oder sich zum Sport zu motivieren. Das nennt sich Disziplinschmerz, der zunächst genauso weh tun kann, wie langfristig die falschen Alternativen zu wählen.

Reue:  keine Entscheidung bereuen wir mehr, als die verpasste Chance

Unsere Multiple-Choice-Gesellschaft hat zwangsläufig eine Menge Entscheidungen zu treffen im Kleinen und im Großen. Zwar sind nicht alle davon schwierig oder anstrengend, aber dennoch bringen die meisten eine gewisse Verantwortung mit sich.

Denn jedes Ja ist gleichzeitig auch ein Nein gegen eine andere Möglichkeit.
Jede Entscheidung für etwas ist eine Entscheidung gegen etwas anderes.

So steckt schon im Wort selbst die „Scheidung“, was im Althochdeutschen Trennung und Abschied bedeutet.

Da sie uns in der Regel keiner abnehmen kann, sind wir selbst verantwortlich für die Konsequenzen. Falsch gelegen zu sein, kann daher sehr schmerzhaft für unser Selbstbewusstsein sein. Reue und Selbstvorwürfe kosten Kraft und rauben Energie. Doch sich stattdessen einfach nicht festzulegen, ist wiederum eine Wahl – und zwar eine für Stillstand, dafür alles beim Alten zu belassen, beispielsweise in der unglücklichen Beziehung auszuharren oder im ungeliebten Job. Keine Entscheidung bereuen wir mehr, als die, nichts getan zu haben: die verpasste Chance.

So ist die falsche Wahl immer noch besser als die nicht genutzte Möglichkeit. Wir dürfen trotz dem Druck nie vergessen, dankbar zu sein, für unsere „First World Problems“, für die Chancen die sich uns überhaupt bieten und die Privilegien, die wir haben.

Dieser Text ist bereits auf meinem Blog Generation Y erschienen. Hole dir gerne auch mein kostenloses E-Book „SCHNELL die RICHTIGEN Entscheidungen treffen“. Einfach im Newsletter eintragen und schon bekommst du eine 12-Seiten-Anleitung.

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