Foto: 20th Century Fox | Die Verlegerin

„Die Verlegerin“: Von der Hausfrau zur Chefin eines Medienimperiums

Katharine Graham war die erste Frau, die in den USA eine Zeitung verlegte – die Washington Post. Der am 22. Februar in den Kinos startende Film „Die Verlegerin“ erzählt einen Ausschnitt ihrer Geschichte und auch über den Kampf mit sich selbst und gegen traditionelle Geschlechterrollen.

 

„Die Leute sind besorgt, weil eine Frau die Zeitung leitet“

Wie wurde aus der einst kleinen Zeitung „The Washington Post“ eine der renommiertesten der USA? Das hat mit einem in den 1970er Jahren veröffentlichten Politskandal, den „Pentagon Papers“, und mit Katharine Graham zu tun, die nach dem Suizid ihres Mannes Anfang der 60er Jahre die Zeitungsgeschäfte übernahm und „die Post“ zu einem Medienimperium ausbaute. Die Geschichte um Grahams Aufstieg von der einst nur akzeptierten Chefin zur ernstzunehmenden Unternehmerin, aber auch die Geschichte rund um die Veröffentlichungen der Pentagon Papers, hat Steven Spielberg nun mit dem am 22. Februar in den deutschen Kinos startenden Film „Die Verlegerin“ verarbeitet. Für die Rolle der Katharine „Kay“ Graham wurde Meryl Streep besetzt, ihr Chefredakteur Ben Bradlee wird von Tom Hanks gespielt und auch sonst macht die Besetzung mit etwa Sara Paulson und Bob Odenkirk einiges her. Im Mittelpunkt dabei steht neben Grahams persönlicher Entwicklung, von der Hausfrau zur Unternehmerin, letztlich die (verheerende) Wirkung verschiedenster Machtgefüge.

Was passiert?

Kay Graham ist nervös, „die Post“ steht kurz vor dem Börsengang, einem dringend notwendigen Schritt, um die Zeitung, die schon über Generationen in Familienhand ist, weiter solvent zu halten – und noch viel wichtiger, um endlich in mehr, versiertes Personal zu investieren, um vielleicht endlich aus dem Schatten der „New York Times“ treten zu können, die mit ihrer Berichterstattung immer mehrere Schritte voraus ist. Aber kann sie, die das Unternehmen nur deshalb übernommen hat, weil ihr Mann, der einst von ihrem Vater „die Post“ übertragen bekommen hat, sich das Leben nahm, wirklich so einen wichtigen Schritt durchziehen? Schafft sie es jene Bänker von dem Konzept zu überzeugen, die von einer Frau an einer Spitze nur etwas halten, wenn im Vorstand ausreichend Männer sind, die die Geschäfte dann wirklich und mit sicherer Hand führen können? Und gelingt es ihr, sich selbst davon zu überzeugen, dass sie das Zeug zur Unternehmerin hat? Denn, so ihr Kompagnon Fritz Bebe, die Leute seien eben nervös, wenn eine Frau die Zeitung leitet.

Es gelingt – allerdings tatsächlich nur mit Unterstützung von Fritz. Doch genau als das geschafft ist, kommt eine Entscheidung auf sie zu, die nicht nur dazu führen könnte, dass der Börsengang platzt, sondern auch dazu, dass sie ihr gesamtes Vermögen, den Verlag und gemeinsam mit anderen wichtigen Entscheidungsträgern aus der Post ihre Freiheit verliert.

Bild: 20th Century Fox | Die Verlegerin

Grund sind die aufgetauchten „Pentagon Papers“, in denen klar wird, dass die USA bereits über viele Jahre wusste, dass der Vietnamkrieg nicht zu gewinnen ist und trotzdem weitergemacht wurde, deren Veröffentlichung neben „Watergate“ zu den größten Politskandalen der USA zählen, und von denen große Teile in die Hände der Washington Post gefallen sind – wieder war die Zeitung einen Schritt voraus. Nachdem dieser aber rechtliche Schritte angedroht werden, steigt „die Post“ nach großem Ringen innerhalb der Führungsriege in die Veröffentlichungen mit ein – mit Erfolg. Beiden Zeitungen wird Recht zugesprochen und aus der einst überschaubaren „Post“ wird eine überregional beachtete, renommierte Zeitung.

Was macht den Film aus?

Neben den politischen Verstrickungen und der Frage, wie weit Pressefreiheit gehen kann und gehen muss, geht es vor allem um die Entwicklung von Kay Graham, die unfreiwillig an die Spitze des Unternehmens katapultiert wurde, nachdem sie mehr als 40 Jahre ihres Lebens keinem Erwerbsjob nachgehen musste, sondern als die „Frau von“ lebte, Partys organisierte und die Erziehung der Kinder managte. Es geht um ihre Selbstzweifel, und auch einen gewissen Gefallen daran, dass immer ein Mann in ihrer Nähe ist, der bei Bedarf die Entscheidungen trifft – und sei es mehr aus Gewohnheit, denn aus Unvermögen. Und es geht darum, wie nicht nur sie bereitwillig die Idee der tradierten Geschlechterrollen lebt, sondern auch ihr berufliches Umfeld, bestehend aus Männern, die von anderen Männern für ihre Jobs im Unternehmen ausgesucht wurden, nicht einmal einen Gedanken daran verschwendet, dass es wirklich relevant sein könnte, was „die Chefin“ eigentlich zu wichtigen Entscheidungen denkt. Und wie sie an den Punkt kommt, aus dieser so bequemen wie ohnmächtigen Position herauszutreten zu müssen. Kein einfaches Unterfangen. Oder wie es Sara Paulson als Ehefrau des Post-Chefredakteurs sagt:

„Es ist schwer, eine mutige Entscheidung zu treffen, wenn dir niemand etwas zutraut. Wenn sie nicht einmal an dir vorbeisehen, sondern du für sie eigentlich überhaupt nicht vorhanden bist.“

Diese Entwicklung spielt Meryl Streep, wie nicht anders zu erwarten, mit Bravour – und doch hätte man der Rolle mehr Tiefe geben können, als ihr zugestanden wurde. Denn es ist doch sehr wahrscheinlich, dass die echte Katharine Graham, die zu dem Zeitpunkt der Veröffentlichung der Pentagon Papers bereits nahezu zehn Jahre den Verlag leitete und auch zuvor schon als Redakteurin für „die Post“ gearbeitet hat, nicht ganz so erstarrt an neue Herausforderungen herangehen würde. Meryl Streep sagt über sie in einem Interview mit RP-Online

„Je länger ich mich mit ihr beschäftig habe, desto faszinierender wurde diese Frau für mich. Ihr Intellekt, ihr Durchhaltevermögen, ihre Neugier, ihre einfühlsamen Führungsqualitäten und ihr großes Talent beim Schreiben waren außergewöhnlich. Sie hat eine 780 Seiten dicke Autobiografie geschrieben, für die sie 1998 den Pulitzer-Preis gewann. Jeder, der sie kannte, war von ihr fasziniert.“

Aber eben auch, dass sie in Gesprächen mit ihren Kindern erfahren hätte, dass sie trotz ihrer Karriere von Selbstzweifeln geplagt wurde – auch und gerade durch das ewige sich-immer-wieder-neu-beweisen-Müssens.

Bild: 20th Century Fox | Die Verlegerin

Alles in allem ist es neben dem spannenden Plot rund um die politischen Verstrickungen, gelungen, einen interessanten Blick auf Macht in all ihren Facetten und die wechselseitige Wirkung von Geschlechterrollen zu werfen, auf die Erwartungen anderer, die irgendwann in einen übergehen – und daraus dann eine eigentlich recht klassische Heldinnen-Geschichte zu machen, die nach vielen Herausforderungen einen nicht uneingeschränkten, und deshalb authentischen Sieg bereithält. Denn nur weil sie eine Schlacht gewonnen hat, hat Graham den Kampf um ihr Standing als Unternehmerin noch nicht gewonnen – auch sich selbst gegenüber nicht.

Auch interessant ist übrigens die Geschichte der „Die Verlegerin“-Drehbuchautorin Liz Hannah, die mit dem Drehbuch für den Film ihr erstes überhaupt geschrieben hat und es eigentlich nur mit der Hoffnung an Sony schickte, dass sie damit irgendwie einen halben Fuß in die Tür des Filmbusiness und eventuell einen Agenten oder eine Agentin auf sich aufmerksam machen könnte. Ein paar Monate später bekam sie dann den Anruf, dass Spielberg den Film machen wird. Besser kann es wohl nicht laufen!

Hier ein exklusiver Trailer zum Film:

„Die Verlegerin“ startet am 22. Februar 2018 in den deutschen Kinos.

Mehr bei EDITION F

Meryl Streep: „Wenn die Mächtigen ihre Position ausnutzen, um andere zu diskriminieren, verlieren wir alle.” Weiterlesen

Laura Lackmann: „Es ging mir darum, eine Frau auch mal unsympathisch sein zu lassen.“ Weiterlesen

Maria Furtwängler will, dass das Frauenbild im Fernsehen und im Kino revolutioniert wird! Weiterlesen

Anzeige