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# Endlich Urlaub – oder: was wollte ich nochmal alles machen?

Jedes Jahr ist das gleiche Spiel kurz vor der Urlaubszeit: Wir sind voller Vorfreude, zählen die Tage bis dahin – um dann doch nach dem Urlaub mit einem Gefühl der leichten Enttäuschung zurückzubleiben. Wie man die Landung auf dem Boden der Tatsachen etwas weicher gestalten kann, zeigt der folgende Artikel.

 

Wir hetzen uns die meiste Zeit im Jahr ab und versuchen, alles unter einen Hut zu bringen und unseren verschiedenen Rollen gerecht zu werden: Familie, Job, Freunde, Sport, Kultur usw. Und dann sagen wir ein paar Monate vor DEN Tagen immer wieder: „Noch 6 Wochen, dann habe ich Urlaub; noch 3 Wochen, dann ist es soweit; noch 5 Tage, dann bin ich hier weg“.  

Und dann ist es endlich soweit: nach tagelangen Vorbereitungen stehen wir endlich mit den gepackten Koffern vor der Tür und steigen ins Auto, in den Bus oder ins Taxi. Im Auto, Flugzeug, Bus oder Bahn versuchen wir uns zu entspannen und sagen vor uns hin: „Nun ist es soweit, nun kannst Du endlich locker lassen.“ Klappen tut das nur leidlich. Wenn wir an unserem Domizil ankommen, möchten wir für uns und unsere Lieben erstmal alles behaglich herrichten und haben schon etliche Klebchen im Reiseführer mit den absoluten Must-Sees markiert. Vielleicht können wir uns ein bisschen am Abend bei einem Glas Wein entspannen – aber bitte nicht zu viel Alkohol, in den
nächsten Tagen wollen wir ja Einiges sehen und unternehmen. So geht es dann die
nächsten Tage weiter – immer gibt es etwas, was wir noch unbedingt sehen oder
etwas, was wir noch unbedingt tun müssen. Der Kühlschrank im All-Inclusive-Resort muss trotzdem immer das Notwendigste enthalten und wenn wir es schaffen, uns mal mit einem Buch auf der Sonnenliege zu entspannen, springt uns prompt das schlechte Gewissen von hinten
an: Sind die Kinder gut genug eingecremt? Sollten wir nun nicht etwas pädagogisch Wertvolles mit ihnen unternehmen? Wieso liegen wir hier faul rum, anstatt Land und Leute kennen zu lernen?  

Wenn wir es wirklich schaffen, uns zu entspannen und vielleicht so etwas wie Langeweile aufkommen zu lassen, dann schweifen die Gedanken ganz schnell ab zu: Wo wollte ich jetzt eigentlich gerade stehen? Was hatte ich mir nicht alles vorgenommen – und wieso bin ich nicht so weit gekommen? Die Wohnung umgestalten, den nächsten Karriereschritt in Angriff
nehmen, die Strandfigur rechtzeitig zum Urlaub haben, endlich die Fotos der letzten Jahre sortieren, die Steuererklärung vorbereiten, die private Rentenversicherung abschließen etc. Da muss ich mich dringend nach dem Urlaub drum kümmern. In guten Momenten schaffen wir es vielleicht, uns einfach nur darüber zu freuen, dass wir mit unseren Lieben zusammen sind und es allen gut geht. Und ja – uns vielleicht auch richtig zu entspannen und die Zeit zu genießen.  

In den letzten Tagen vor der Abreise müssen wir uns natürlich auf die Abreise vorbereiten – Proviant besorgen, mögliche Verschiebungen bei den Abflug – bzw. Abfahrtzeiten checken, schon wieder mit den Gedanken zu Hause sein und hoffen, dass die Nachbarn sich gut um Pflanzen
und Post gekümmert haben. Auch kommen dann schon wieder die ersten Gedanken an
den Job hoch. Nachdem wir endlich zu Hause angekommen sind, wartet dann der Wäscheberg und wir müssen dringend einkaufen, damit niemand verhungert.  

Und das war nun die schönste Zeit des Jahres? 

Eine leichte Enttäuschung macht sich breit – aber ich wollte doch noch…  

Wenn Dir das nun bekannt vorkommt, dann tröste Dich: Du bist mit diesen Gefühlen nicht allein. Es gibt nun mal Leute, die sind einfach schlecht im Urlauben. Aber wenn Du das weißt, dann kannst Du Dich ja ganz anders wappnen, um nicht immer wieder in dieselbe Falle zu tappen:   

  1. Schraube Deine Erwartungen runter. Du kannst nicht im Ernst glauben, dass der Stress, der sich übers ganze Jahr aufgebaut hat, innerhalb von 2-3 Wochen in Luft auflöst und Du total gechillt durch die Gegend rennst. Und Du musst auch nicht ALLES sehen, was es an Deinem Urlaubsort zu entdecken gibt. Du erhältst hinterher keinen Orden dafür.  
  2. Überlege, was Du gerade in Deiner Situation im Urlaub wirklich brauchst – unabhängig vom Ort. Bist Du erschöpft und willst einfach nur schlafen? Dann plane doch von vorneherein 1-2 Tage Faultage ein. Möchtest Du mal wieder alleine Zeit mit Deinem Partner/Deiner Partnerin verbringen? Dann verabredet Euch direkt zu Hause und organisiert ggfs. einen Babysitter.  
  3. Denke vorher schon drüber nach, was Dir gerade in Deinem Leben fehlt. Vielleicht möchtest Du Dich einfach wieder öfter mit Freunden treffen oder mal wieder ins Theater gehen? Dann verabrede Dich zeitnah – und nicht erst nach dem Urlaub.
  4. Gut geplant ist halb durchgeführt: schiebe die Drogerie-Einkäufe und die Wäsche nicht in die
    letzten 3 Tage vor Abreise, sondern versuche, dies zum Beispiel über eine Woche vorzubereiten. Und auch das Packen nicht erst komplett am letzten Tag erledigen, sondern schon 2 Tage vorher anfangen.
     
  5. Du willst endlich Klarheit zu einem Thema, welches Dir schon die ganze Zeit im Kopf
    rumspukt? Vielleicht bist Du einfach auch nur latent unzufrieden und weißt nicht, wo das herkommt? Dann plane für Dich ein paar Stunden Zeit im Urlaub ein, in welcher Du allein Deinen Gedanken nachhängen kannst – wenn Du Deinem Partner/Deiner Partnerin die gleiche Möglichkeit einräumst, lässt sich das sicher gemeinsam organisieren.
      
  6. Übe schon mal zu Hause! Gönne Dir abends einen kleinen Spaziergang, mixe Dir einen Cocktail, gönne Dir einen Wellness-Abend mit Deiner Freundin, gehe eine Runde Bouldern – worauf auch immer Du Lust hast.  

Du wirst sehen, wenn Du ein bisschen mehr Deinen Bedürfnissen im Vorfeld nachgehst und die Erwartungshaltung an die schönsten Tage im Jahr etwas herunterschraubst, dann macht sich nach dem Urlaub nicht mehr diese latente Enttäuschung breit. Und dann wird auch aus Dir jemand, der
aus voller Überzeugung nach dem Urlaub sagt: „Ich bin gut erholt“.  

Schönen Urlaub! 

Die Autorin ist Co-Gründerin von, auf deren Website 2PAARSchultern
dieser Blogartikel erstmalig veröffentlicht wurde.   

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