Die Politikerin Ann-Sophie Bohm wurde anonym angezeigt, weil sie ihr Baby mit zu einer Sitzung genommen hatte. Wir hatten euch daraufhin nach euren Erfahrungen mit Familien- und Kinderfeindlichkeit am Arbeitsplatz gefragt – und hier sind eure Antworten.
„Alle Eltern werden wohl leider diese Erfahrung gemacht haben, dass ihr Kind irgendwo unerwünscht war. Dass mein Mann und ich aber eine Anzeige wegen Kindeswohlgefährdung bekommen haben, weil wir das Kind mit im Stadtrat hatten, hat uns dann doch schockiert.” Das schrieb in der vergangenen Woche die Politikerin Ann-Sophie Bohm auf Instagram.
Die Begründung für die anonyme Anzeige, wie Bohm weiter berichtete: Einem Baby sei es nicht zuzumuten, abends um 21 Uhr noch wach zu sein. Ann-Sophie Bohms Antwort darauf: „Wer Kinder hat, weiß: Babys fragen nicht danach, ob es neun Uhr abends ist oder ein Uhr nachts – sie schlafen, wenn sie müde sind. Sie wollen gefüttert werden, geliebt und bekuschelt. Das geht fast überall. Stadtrat ist ein Ehrenamt, Elternzeit gibt es nicht. Und wenn es keine Kinderbetreuungsmöglichkeit für das Baby gibt, dann kommt es eben auch mal mit. Wir brauchen Eltern in der Politik, denn es braucht diese Erfahrungen. Deutschland ist eben lange noch kein kinderfreundliches Land. Anonyme Anzeigen wie diese sind feige und wollen uns Eltern rausdrängen. Doch wir machen weiter!”
Führen in Teilzeit oder Meetings um 17 Uhr?
Bohms Geschichte ist nur eins der unzähligen Beispiele dafür, wie schwer es Eltern gemacht wird, ihren Beruf und das Leben mit Kindern miteinander zu vereinbaren: Meetings am späten Nachmittag oder Abend, keine Möglichkeit in Teilzeit zu führen, abgeknickte Karrieren wegen einer Schwangerschaft oder Elternzeit.
Welche Erfahrungen in Sachen Familien- und Kinderfeindlichkeit habt ihr am Arbeitsplatz gemacht? Und konntet ihr etwas dagegen tun? Das hatten wir euch auf Instagram gefragt – und das sind eure Antworten:
„Mein Chef mobbt mich, weil ich ein Kind habe. Mit Sprüchen wie ,Arbeitest ja eh nur von neun bis zwölf‘.“
„,Du kannst nicht gehen! Das ist noch nicht fertig!’ – ,Ich muss zur Kita …‘ – ,Das geht nicht!‘”
„Ich hatte mich auf eine Vollzeitstelle beworben und hatte damals zwei Kinder, eines fünf Jahre und das andere ein halbes Jahr alt. Beim Bewerbungsgespräch fragte die Personalerin: ,Wie wollen sie das organisieren?‘ Ich antwortete: ,Diese Frage dürfen sie mir aber nicht wirklich stellen und ich hoffe, sie meinen das nicht ernst!‘ Zum Schluss wollte ich für dieses Unternehmen nicht arbeiten, fehlende Toleranz und nicht zeitgemäßes Verhalten sorgt schließlich nicht für ein angenehmes Arbeitsklima.“
„Gastronomie: Ich wurde nur am Wochenende und für die Feiern bis spät in die Nacht eingestellt.“
„Ich habe oft das Gefühl, dass es bei der Arbeit nicht gern gehört wird, dass ich, 27 und weiblich, einen Kinderwunsch habe.“
„Keine Entfristung des Arbeitsvertrags wegen der ,Gefahr‘ einer Schwangerschaft“
„Mir wurden alle wichtigen Aufgaben entzogen, ich wurde in den Keller versetzt – alleine, hochschwanger, mit Master-Abschluss.“
„Ich – offensichtlich schwanger – wurde bei der Konferenzsitzung der Schule, um deren Rektor*innenposten ich mich beworben hatte, gefragt, wie ich denn mit Baby eine Schule leiten möchte – von einer Mutter. Es ging noch weiter: Wie lange denn meine Elternzeit dauern würde und ob ich danach Teilzeit machen wolle. Meine erste Gegenfrage war, ob sie einem Mann diese Fragen auch stellen würde. Das ist jetzt Wochen her, ich bin jedoch noch immer entsetzt.“
„Ich bekam keinen Urlaub an Kitaschließtagen und wurde gefragt: ,Kann die Oma nicht freinehmen?‘“
„Wir haben im Studium zum Glück meist positive Erfahrungen damit gemacht, Babys mit in die Vorlesung zu nehmen. Es ist sicherlich unterschiedlich und auch abhängig vom Baby, wie gut es klappt und wie sehr sich andere davon gestört fühlen. Zum Glück wurden wir nicht des Platzes verwiesen, sondern in der Regel freundlich empfangen. Bei der Arbeit machen wir es uns durch unsere Selbstständigkeit sicherlich einfacher, was das Mitbringen der Kinder angeht. In Besprechungen hat sich noch nie jemand an einem mitgebrachten Kind gestört – außer vielleicht die Mutter selbst, die gelegentlich aufs Kind eingehen musste, aber das ist immer noch besser, als gar nicht teilnehmen zu können.“