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Oprah: „Alle Mädchen sollen wissen, dass ein neuer Tag am Horizont zu sehen ist!”

Bei der Verleihung der Golden Globes bekam Oprah Winfrey den Preis für ihr Lebenswerk – und hielt eine beeindruckende und kämpferische Rede für die #Metoo-Bewegung.

 

„Their time is up!”

Die diesjährigen Golden Globes, die am 7. Januar in Los Angeles verliehen wurden, standen unter schwarzen Vorzeichen. Viele Schauspielerinnen und einige Schauspieler hatten angekündigt, als Zeichen gegen Sexismus, sexualisierte Belästigung und sexualisierte Gewalt ganz in schwarz zu erscheinen. Und das taten sie dann auch. Darüber hinaus setzten sie aber auch noch andere Zeichen. So kamen zum Beispiel acht Stars, darunter Michelle Williams, Meryl Streep und Amy Poehler, anstatt mit einem klassischen Date, in Begleitung von Aktivistinnen. Aber auch die Interviews am Rande des Roten Teppichs, die Nominierungsankündigungen und die Dankesreden wurden vielfach genutzt, um die Botschaft zu verbreiten.

Die beeindruckendste dieser Reden hielt Oprah Winfrey, als sie für ihr Lebenswerk ausgezeichnet wurde. Sie nutze die Aufmerksamkeit, die eigentlich ihr persönlich und ihrem Werk galt, um an all die namenlosen Frauen zu erinnern, die tagtäglich und abseits der Öffentlichkeit Sexismus, sexualisierter Belästigung und sexualisierter Gewalt ausgesetzt sind:

„Ich möchte heute Abend nutzen, um all den Frauen meine Anerkennung auszusprechen, die jahrelang Missbrauch und Übergriffe ausgehalten haben, weil sie – so wie meine Mutter – Kinder zu ernähren, Rechnungen zu bezahlen und Träume zu verfolgen hatten. Sie sind die Frauen, deren Namen wir niemals kennen werden. Sie sind Haushälterinnen, Landwirtschaftlerinnen, sie arbeiten in Fabriken und in Restaurants, und im akademischen Feld, in der Tech-Branche, in der Medizin und in der Wissenschaft; sie sind Teil der Tech- , Politik- und Business-Welt; sie sind Sportlerinnen bei Olympia und Soldatinnen beim Militär.”

In neun Minuten schafft Oprah Winfrey es, uns ihre persönliche Geschichte zu erzählen, die Wichtigkeit von diversen Vorbildern zu erläutern und einen Geschichtskurs der Bürgerrechtsbewegung zu geben:

„Und ich hoffe, dass Recy Taylor in dem Wissen gestorben ist, dass ihre Wahrheit – so wie die Wahrheit so vieler andere Frauen, die damals, und sogar heute noch, gepeinigt wurden, weitergeht. Es war irgendwo in Rosa Parks Herz, fast elf Jahre später, als sie sich in diesem Bus in Montgomery entschieden hat, sitzen zu bleiben. Und es ist hier mit jeder Frau, die sich entschieden hat, zu sagen: ,Me too.’”

Recy Taylor, so erläuterte es die Talkmasterin, Schauspielerin, Produzentin und Aktivistin vorher, war eine junge afro-amerikanische Frau, die 1944 von sechs weißen Männern vergewaltigt wurde und diese Männer gemeinsam mit Rosa Parks zur Rechenschaft ziehen wollte. Doch die Männer kamen, wie so viele zu dieser Zeit, straffrei davon. Recy Taylor starb Ende 2017, mit 98 Jahren.

Oprah erinnert daran, wie wichtig es ist, dass die Geschichten von erlebten Sexismus, sexualisierter Übergriffe und sexualisierter Gewalt erzählt werden: 

„Unsere Wahrheit zu erzählen ist das mächtigste Mittel, das wir alle haben”

Ihre Rede ist eine Anklage der Verhältnisse, aber auch eine Ansage an die Zukunft, ganz im Sinne der #Timesup-Bewegung:

„Ich will, das all die Mädchen, die heute Abend zuschauen, wissen, dass ein neuer Tag am Horizont zu sehen ist! Und wenn dieser Tag endlich beginnt, wird es wegen sehr vieler großartiger Frauen, viele von ihnen sind heute Abend hier im Raum, und ein paar sehr phänomenalen Männern sein, die hart kämpfen, um sicherzustellen, dass sie die Führungspersönlichkeiten werden, die uns in die Zeit bringen, in der niemand mehr sagen muss: ,Me too.’.”

Die diesjährigen Golden Globes haben es einmal mehr nicht geschafft, weibliche Regisseurinnen für den „Best-Director-Award” zu nominieren. Sie haben einmal mehr lieber James Franco ausgezeichnet anstatt den großartigen Daniel Kaluuya für seine Rolle in „Get out”. Umso wichtiger ist Oprah Winfreys Rede gewesen. Irgendwo da hinten bricht ein neuer Tag an.

Hier könnt ihr euch die Rede in voller Länge anschauen. Es lohnt sich!

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