2018 soll der Hartz IV-Satz erhöht werden. Aber wem soll mit einem Anstieg um ein paar wenige Euro geholfen sein? Die Kinder bleiben damit, wie ihre Eltern, weiter in Armut.
Wie viel brauchen wir zum Leben?
Orientiert an der Preissteigerung und der Entwicklung der Nettolöhne soll es ab 2018 mehr Geld für Hartz IV-Empfänger geben. So hat es das Bundeskabinett am 6. September beschlossen. Das bedeutet konkret: Der Regelsatz für Alleinstehende steigt um sieben Euro auf 416 Euro monatlich, für Paare gibt es künftig sechs Euro mehr und damit 374 Euro pro Person. Auch für Kinder soll es mehr Geld geben, bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres werden ab dem kommenden Jahr 240 Euro statt 237 Euro im Monat gezahlt. Für Kinder im Alter bis 14 Jahren erhöht sich der Satz um fünf Euro auf 296 Euro und für Jugendliche unter 18 Jahren ebenfalls um fünf Euro auf 316 Euro. Eine Erhöhung, die reiner Symbolik gleicht – denn was genau wurde mit den paar Euro eigentlich gewonnen?
Mit ein paar Euro mehr gegen die Armut
Die Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles zeigt sich mit dem Ergebnis allerdings zufrieden und sagt, die Anpassung erfolgte „nach einem klaren und transparenten Mechanismus.“ Das deutsche System der Grundsicherung sei „leistungsstark und sucht seinesgleichen in Europa und der Welt.“ Ist das wirklich so? Ja, es gibt eine Grundsicherung, die auf einem Existenzminimum basiert, das aber dennoch weiterhin zu einem Leben in Armut führt und zu einem, das die Menschen vom sozialer Teilhabe abschneidet. Das sieht auch Inge Hannemann von der Initiative „Sanktionsfrei“ so, die uns dazu sagte:
„Die Erhöhung der Hartz-IV-Regelsätze um sieben Euro zeigt deutlich auf, dass es die derzeitige Regierung mit der Armutsbekämpfung nicht ernst meint. Insbesondere sind auch die Kinderregelsätze um lediglich drei bis fünf Euro ein familienpolitischer Skandal. Dringend notwendig ist die Berechnung und Anhebung der Regelsätze auf den tatsächlichen Bedarf, um eine sozio-kulturelle Teilhabe für alle zu gewährleisten. Elternarmut bedeutet auch gleichzeitig Kinderarmut.“
Was bietet Kindern eine echte Grundsicherung?
Damit ist sie nicht alleine, auch Sarah Wagenknecht von der Linken kritisierte die Erhöhung als nicht ausreichend, da die prozentuale Steigerung unter der Preissteigerung für Lebensmittel in diesem Jahr liege und mindestens eine Grundsicherung in Höhe von 556 Euro monatlich notwendig wäre. Kritik kam auch vom Paritätischen Wohlfahrtsverband und der Diakonie – die mit dieser Erhöhung ebenso keine Veränderung für die auf Hartz IV angewiesenen Menschen sehen.
Und darunter sind jede Menge junge Menschen. In Deutschland sind 1,6 Millionen Kinder unter 15 Jahren auf Hartz IV angewiesen, jedes fünfte Kind in Deutschland lebt in Armut – bei einem Satz von 237 Euro bis 316 Euro, der schlicht nicht ausreicht, um alles abzudecken, was Kinder nun einmal benötigen, verwundert das nicht. Selbst wenn man von Themen wie Essen, Kleidung und Freizeit absieht: Welche Zukunftschancen sollen Kinder haben, wenn ihnen für Bücher im Monat etwa rund 2,72 Euro – und ab 2018 ein paar Cent mehr – zustehen? Sie werden damit von Bildung abgeschnitten.
Die Höhe der Grundsicherung für Kinder gleicht einer Absage an eben diese, insbesondere wenn man bedenkt, wie sehr in Deutschland Bildung noch mit dem finanziellen Background verknüpft ist. Gerade für die (finanziell) Schwächsten unserer Gesellschaft sollten wir einen besseren Plan bereithalten, wenn wir zu einer Chancengleichheit in der Gesellschaft kommen wollen, als ein paar symbolische Euro mehr pro Jahr.
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