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Worauf Millennials bei der Jobsuche wirklich achten – und was ihnen nicht mehr wichtig ist

Fahrradleasing, eigene Projekte während der Arbeitszeit oder Kreditkarte: Eine Studie hat untersucht, was talentierte Millennials von ihren Arbeitgeber*innen fordern.

Standardpakete locken heute nicht mehr

Wie kann man als Unternehmen Talente gewinnen und binden? Früher war klar: Status wirkt. Dicker Dienstwagen, prestigeträchtiges Eckbüro, gutes Einkommen, programmierte Karriereschübe – fertig war das Standardpaket, das Bewerber*innen zuverlässig anlockte. Heute sind die Kriterien weniger eindeutig: Millennials (also die Altersjahrgänge, die etwa zwischen den späten 1980er Jahren und der Jahrtausendwende geboren wurden) gelten als äußerst heterogene Klientel; und weil sich der Arbeitsmarkt für Fachkräfte und High Potentials vom Arbeitgeber*innen- zum Bewerber*innenmarkt gewandelt hat, rückt die richtige Ansprache dieser Zielgruppe immer mehr in den Fokus der Unternehmen.

Die Beratungsgesellschaft Boston Consulting Group (BCG) hat in einer neuen Studie ermittelt, wie die jungen Top-Talente am besten angesprochen werden. 1100 Schüler*innen, Student*innen und Young Professionals aus oberen Leistungssegmenten wurden in Tiefeninterviews befragt. Etliche Gemeinsamkeiten ließen sich dann doch feststellen: Mehr als zwei Drittel wollten am liebsten eine*n Arbeitgeber*in mit einem klaren Profil – und innovativ soll er*sie bitte auch sein. Aber es gibt auch große Unterschiede in der persönlichen Orientierung. Die BCG-Studie teilt die High-Potential-Millennials folglich in vier Gruppen ein: Stabilitäts-, Herausforderungs-, Sinn- und Prestigesucher*in.

Prestigesucher*innen machen noch rund 30 Prozent der Top-Talente aus – und für sie sind auch klassische Statussymbole durchaus noch interessant, während Sinnsucher*innen (28 Prozent) vor allem nach attraktiven Aufgaben schauen, unter denen aber das Privatleben nicht leiden darf. Stabilitätssucher*innen (22 Prozent) legen Wert auf Jobsicherheit und gute Work-Life-Balance und Herausforderungssucher*innen (20 Prozent) streben nach vielfältigen Aufgaben.

Der neue Job wartet im eigenen Netzwerk

Überraschend in diesem Zusammenhang: High Potentials recherchieren offenbar nur in überschaubarem Rahmen, wo es für sie passen könnte – und orientieren sich vorrangig im eigenen Netzwerk. Persönliche Kontakte sind deshalb entscheidend. „Für Arbeitgeber*innen wird es wichtiger, möglichst früh Kontakt zu den Top-Talenten aufzubauen – etwa über Praktika, Student*innenjobs oder Recruiting-Events, um sie genau dann abzuholen, wenn sie berufliche Orientierung suchen“, resümiert BCGs Recruiting-Chef Philipp Jostarndt. Gerade im Wettbewerb mit Technologiefirmen müssen traditionelle Unternehmen ihr Profil schärfen und Wege finden, ihre Innovationskraft zu zeigen.

Statusinsignien träten zunehmend in den Hintergrund, wichtig seien klare Einblicke in den Berufsalltag: Wir müssen in der Kommunikation viel kantiger werden und dürfen nicht anbiedernd sein. Wer umworben wird, verhält sich auch fordernder: Die haben in den ersten Dienstwochen schon ein ganz anderes Selbstbewusstsein, stellt BCG-Mann Jostarndt fest: Verlockend für einen großen Teil der Klientel kann es sein, die klassischen Statussymbole gegen Dinge zu tauschen, die das Leben auf andere Weise angenehmer oder interessanter machen.

Zeitwohlstand toppt Geldwohlstand

Etliche Unternehmen etwa haben die Dienstwagen gegen die Option eines Mobilitätskontos getauscht – wer ohne Familie mitten im Herzen einer Großstadt lebt, ist mit einem schicken Fahrrad plus der Option auf einen Mietwagen besser dran als mit einer teuren Kutsche, für die man noch Parkraum braucht. So bietet etwa die Deutsche Bahn ihren rund 3.000 Führungskräften schon seit fünf Jahren ein Mobilitätsbudget statt eines Dienstwagens (natürlich auch, um die eigenen Produkte wie die Bahncard 100 zu fördern).

Damit ist das Unternehmen nicht allein. Das Leasingunternehmen Arval stellte in seinem jährlich erscheinenden Fuhrpark-Barometer Corporate Vehicel Observatory im vergangenen Jahr fest: Rund ein Fünftel aller Betriebe mit mehr als 1000 Mitarbeiter*innen nutzen in Deutschland Mobilitätsbudgets, ein Drittel will das in naher Zukunft tun.

Manche Firmen gehen auch noch weiter: Die deutsche Tochter des japanischen Pharmaherstellers Daiichi Sankyo bietet Manager*innen statt Dienstwagen eine Kreditkarte, auf der monatlich soviel Geld abrufbar ist, wie der Firma an Kosten für einen Dienstwagen entstünden. Das macht das Konzept noch flexibler – Mobilität ist schließlich nur eine Komponente im Ausgleich zwischen Job und restlichem Leben.

Das wissen auch Unternehmen wie Xing, die ihre Mitarbeiter*innen ausdrücklich zu Sabbaticals ermuntern: Xing-Chef Thomas Vollmoeller war der erste CEO eines börsennotierten deutschen Unternehmens, der sich eine mehrmonatige Auszeit gönnte – und natürlich, so viel Job musste dann doch sein, darüber bloggte, wie inspirierend das ist. Auch BCG bietet einen Flexleave – bis zu zwei Monate im Jahre können die Berater*innen sich unbezahlten Urlaub für eigene Projekte oder eine Tätigkeit bei wohltätigen Organisationen nehmen, die dann auch gerne in den firmeninternen Netzwerken präsentiert werden. Zeitwohlstand statt Geldwohlstand und viel Flexibilität bei der Lebensplanung ist ein Asset, das bei Millenials fast immer zieht. Autobauer BMW hat seit zehn Jahren das Modell Vollzeit Select, das seinen Mitarbeiter*innen 20 zusätzliche Urlaubstage gewährt.

Und was die Statusfrage angeht, wiegt eine Vielfalt an Optionen dessen, was man in und neben seinem Job noch alles Spannendes tun kann, manches andere Privileg auf. Das nämlich eint die Millenials und ihre potentiellen Arbeitgeber*innen: Wer die beste Geschichte zu erzählen hat, kann punkten.

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