Foto: Laura Koerver

Laura Koerver: „Ich habe gelernt, über mich hinauszuwachsen“

Welche Herausforderungen warten auf jemanden, der ein Restaurant eröffnen möchte und gar nicht aus der Gastronomie kommt? Das erzählt uns Laura Koerver.

 

Deutschland hinkt in Sachen gesunde Ernährung hinterher

Auch wenn sich in Deutschland vegetarische und vegane Ernährung immer weiter etabliert und das Thema Essen längst Teil unseres Lifestyles geworden ist, hinken wir im internationalen Vergleich hinterher. Noch ist Health Food eine Trendbewegung, die bei vielen die Assoziation mit dogmatischen Ansätzen auslöst.

Muss aber auch gar nicht so sein. Laura Koerver hat sich aus Leidenschaft dazu entschlossen, vom Marketing in die Gastronomie zu wechseln und ihr eigenes Restaurant zu eröffnen. Mit Laura’s Deli hat sie in Düsseldorf einen Ort für gesundes Essen geschaffen, bei dem der Genuss nicht zu kurz kommen soll. Wir haben mit ihr über das Konzept, die Hürden auf dem Weg zur Gründung und die Passion für gutes Essen gesprochen. Zudem verrät sie uns ein zwei leckere Rezepte, die sich auch im Büro umsetzen lassen. Lecker!

Laura, du hast gerade dein eigenes Deli eröffnen. Dabei hattest du bisher beruflich gar nichts mit Gastronomie am Hut. In welcher Branche hast du gearbeitet?

„Nach dem Abitur in Düsseldorf habe ich in Wien Publizistik- und Kommunikationswissenschaften studiert. Danach zog es mich nach Berlin, wo ich zuerst in einer Werbeagentur gearbeitet habe, bevor ich meinen Job im KaDeWe begann. Dort war ich vier Jahre lang Digital Marketing Managerin und für alle Online-Tools des KaDeWe verantwortlich. Zusätzlich habe ich einige Events betreut und schon dabei viele Erfahrungen gesammelt, die heute von Vorteil sind.“

Wann und wie kam die Idee dazu, in die Gastronomie zu gehen?

„Den Traum vom eigenen Restaurant hatte ich bereits während der Studienzeit, allerdings fehlte mir lange der Mut, auch tatsächlich in diese Richtung zu gehen. Durch die Umstellung meiner eigenen Ernährung und Reisen in die USA konkretisierte sich meine Idee mehr und mehr zu dem Wunsch, in Deutschland ein Konzept zu etablieren, das eine zeitgemäße Ernährung in den Alltag meiner Generation integriert. Auf einmal war es nicht mehr nur der Traum vom eigenen Restaurant, sondern gleichzeitig die Vision von etwas Neuem.“

Eine Idee zu haben ist vielen nicht fremd. Aber sich in einer Branche selbstständig zu machen, von der man im Grunde keine Ahnung hat, ist schon etwas anderes. Hast du gar keine Angst, dass das schief geht?

„Natürlich hatte auch ich viele schlaflose Nächte in denen ich gezweifelt habe und dachte: ‚das schaffst du nie!’. Allerdings habe ich in den letzten Monaten auch gelernt, was es heißt, über sich hinauszuwachsen und neue Herausforderungen zu meistern. Bevor ich mich endgültig entschieden habe, eine Location zu suchen, bin ich für drei Monate nach London gezogen, um in einem Raw-Food Restaurant zu arbeiten und mich noch einmal zu versichern, dass ich mir das Ganze auch wirklich zutraue. Dort habe ich nicht nur kochen gelernt, sondern auch im Servicebereich gearbeitet. Danach war ich mir sicher, ich möchte es immer noch und jetzt erst recht!“

 

Wie haben Freunde und deine Familie auf deinen Plan reagiert?

„Meine Familie hat mich bei meinem Vorhaben immer unterstützt und von Anfang an an meine Idee geglaubt. Auch in der Umsetzung war vor allem mein Vater stark involviert und stand mir jederzeit mit viel professionellem und gleichzeitig liebevollem Engagement zur Seite. Sein Vetrauen hat mir viel Halt gegeben und mir häufig die Angst vor dem Scheitern genommen. Viele meiner engen Freunde haben mich in den Monaten der Vorbereitung und Ideenfindung auf zahlreichen Reisen und in hunderte Restaurants begleitet und meine Leidenschaft zu gemacht. Das hat die letzten Monate natürlich nicht nur beruflich, sondern auch privat zu einer unheimlich aufregenden und bereichernden Zeit werden lassen.“

Dein Konzept ist aus einer persönlichen Erfahrung entstanden. Hast du manchmal die Sorge, dass das ein sehr individuelles Bedürfnis sein könnte, das gar keine Masse erreicht?

„Mein Konzept entstand ja nicht nur aus meiner persönlichen Erfahrung, sondern auch aus den Erfahrungen meines Umfeldes und der Auseinandersetzung mit den aktuellen, internationalen Trends in Ernährung und Gastronomie. Das Thema gesunde Ernährung ist ja kein individuelles Bedürfnis, sondern ein Bedürfnis, das von allgemeinem Interesse sein sollte und das glücklicherweise immer populärer wird. Da ich nicht an der Nachfrage zweifle, aber weiß, wie begrenzt das Angebot ist, mache ich mir eigentlich auch keine Sorgen, dass wir mit unserem Konzept keine Masse erreichen.“

Inspiriert wurdest du in den USA, in London hast du dann selbst in eine Raw-Food-Küche hineingeschaut, um dir das nötige Know-How anzueignen. Hinkt Deutschland in Sachen gesunder Ernährung etwas hinterher?

„Wenn man das gastronomische Angebot in deutschen Städten mit dem in New York oder London vergleicht, muss man natürlich sagen, dass wir in Sachen Health Food weit hinterher sind. Es fällt den Deutschen offenbar immer noch schwer, gesunde Ernährung in einem modernen Rahmen zu präsentieren und diese so für eine größere Zielgruppe attraktiver zu machen. Bei uns wird gesunde Ernährung oft mit ‚öko’ oder ‚alternativ’ gleichgesetzt oder automatisch mit sehr dogmatischen Ernährungsansätzen in Verbindung gebracht. Dass es auch eine Art von gesunder Küche gibt, die durchaus kreativ, schmackhaft und attraktiv ist, ist vor allem der breiten Masse in Deutschland noch vollkommen fremd. Zudem ist es schade, dass die Deutschen selten bereit sind, für hochwertige Inhaltsstoffe und gute Qualität im Food-Bereich auch mehr Geld auszugeben. Es sollte doch eigentlich nichts Wichtigeres geben als die eigene Gesundheit. Den Deutschen das Thema gesunde Ernährung im Alltag näherzubringen und das Thema ‚Health Food’ als eine der ersten in Deutschland in einem ganzheitlichen zeitgemäßen Konzept zu etablieren ist eine Herausforderung, der ich mich gerne stelle und die mich stark motiviert.“

Was ist eigentlich so gut an Raw Food?

„Da die Lebensmittel der Raw-Food-Küche nicht erhitzt werden, bleiben alle Nährstoffe, Enzyme und Vitamine enthalten. Unser Konzept basiert jedoch nicht auf Raw Food, sondern auf einer nährstoffreichen Zusammenstellung der Zutaten, nicht raw oder vegan, aber natürlich jederzeit frei von Zusatzstoffen.“

Hast du Partner, mit denen du dein Deli umsetzt oder wuppst du alles alleine?

„Die Idee zu Laura’s Deli stammt von mir und ich bin alleinige Eigentümerin des Restaurants. Trotzdem hatte ich das große Glück, eine meiner ältesten Freundinnen, Amei, so sehr für meine Idee begeistern zu können, dass sie Ihren Job aufgegeben hat und mich beim Aufbau von Laura’s Deli von Anfang an in allen Bereichen unterstützt hat.

Wie teilt ihr euch auf?

„Sie ist im laufenden Geschäft meine zweite Hand und Vertretung und hält mir in allen Lebenslagen den Rücken frei. Ohne sie wäre ich sicher nicht in der Lage gewesen, das Ganze zu stemmen. In einer solchen Phase jemanden zu finden, der einem so bedingungslos zur Seite steht und dem man hundertprozentig vertrauen kann, betrachte ich als das größte Geschenk und bin unendlich dankbar. Während ich stark in das Produkt und das operative Geschäft involviert bin, nimmt Amei mir unter anderem Personalorganisation, Buchhaltung, Warenbestellung und viele administrative Dinge ab, für die mir oft die Zeit fehlt. Sie ist unheimlich strukturiert und organisiert, während bei mir oft eher das kreative Chaos herrscht. So ergänzen wir uns optimal und machen Laura’s Deli gemeinsam zu dem, was es ist.“

Wie hast du die Gründung finanziert?

„Ich hatte das große Glück, jemanden so sehr für mein Konzept zu begeistern, dass ich es privat finanzieren konnte.“

Einen Businessplan schreiben, eine Location und Händler finden und so viel mehr, das vor einer Eröffnung ansteht. Welche Aufgabe war die schwerste und welche hattest du überhaupt nicht auf dem Schirm, als du losgelegt hast?

„Ich glaube, dass es die größte Herausforderung war, für ein solches Konzept einen Koch zu finden, der sich so mit meiner Idee und meinem Produkt identifiziert, dass er die Speisekarte auch genauso umsetzt, wie ich sie mir vorgestellt habe. Zum Glück habe ich diese Person gefunden. Die Suche nach dem richtigen Personal ist ohnehin ein schwieriges und entscheidendes Thema in der Gastronomie und ich bin sehr froh, dass wir gute Leute gefunden haben, denen wir vertrauen können. Natürlich gibt es auch noch hunderte andere Aufgaben, die man nicht vorhergesehen hat, aber am Ende haben wir sie ja zum Glück alle gemeistert. Und wir meistern täglich weitere.“

Hast du vielleicht ein schnelles Rezept für den Office-Alltag für uns?

„Unser absoluter Bestseller ist der Quinoa-Salat mit Avocado, Radieschen und Granatapfel. Der ist unkompliziert und liefert sowohl Vitamin C als auch die wichtigen Fette und viel Eiweiß. Das Dressing mache ich mit Tahini, Olivenöl, ein wenig Zitrone und Misopaste. Ich koche zu Hause häufig eine größere Menge Quinoa vor und benutze diesen dann für alles Mögliche als Grundlage. Als süßen Snack für zwischendurch kann man auch Chiapudding abends super vorbereiten und am nächsten Tag mit ins Büro nehmen. Einfach Chiasamen über Nacht in Mandelmilch einweichen und mit Zimt, Ahornsirup und frischen Beeren süßen.“

 

Artikelbilder: Laura Koerver

 

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