Wie präsent sind Frauen und Männer eigentlich auf den deutschen Bildschirmen? Wie alt sind sie, in welchen Funktionen sind sie sichtbar – und wie sieht es im Kinderfernsehen aus? Mit diesen Fragen beschäftigt sich eine neue Studie, die von Maria Furtwängler initiiert und gestern in Berlin vorgestellt wurde.
Frauen: Wenn im TV, dann nur im Alter unter 30
Schlank, unter 30 Jahren und kein Stück älter. Das sind Frauen in ihren besten Jahren. Ab Mitte 30 wird es mit ihrer Attraktivität schon schwieriger, von Frauen über 50 müssen wir gar nicht mehr reden. Traurig, aber wahr: Ganz genau dieses Bild wird uns im deutschen TV und Film übermittelt. Das war eines der Kernergebnisse der Studie, initiiert von Maria Furtwänglers Stiftung MaLisa, die gestern auf der Pressekonferenz vorgestellt wurden.
Und das Schockierendste an der ganzen Pressekonferenz war, dass niemand über die Ergebnisse wirklich schockiert war. Es schien, als wäre das sowieso schon klar gewesen. Als hätten das auch schon alle im Raum ohne Studie gewusst. Und irgendwie ist es ja auch genau so gewesen. Denn nein, in den letzten Jahren hat sich an der Geschlechterverteilung im Fernsehen einfach fast gar nichts getan.
Männer erklären die Welt
Das macht uns wütend. Wütend, weil wir von Diversität in Unternehmen sprechen, in Vorständen und überall anders. Dabei aber vielleicht die wichtigste Frage oftmals vergessen: Wie sollen wir etwas an den ungleichen Verhältnissen zwischen den Geschlechtern verändern, wenn uns die Medien in Endlosschleife noch immer ein althergebrachtes Bild zeigen? Wenn auch der nächsten Generation kein diverses Bild in den Medien gezeigt wird?
Auch, wenn es allein die Soaps schaffen, ein ausgeglichenes Verhältnis von Frauen und Männer zu zeigen, kommen im Durchschnitt über alle Kinofilme und Fernsehprogramme hinweg auf eine Frau zwei Männer. Auch in der TV-Information ist das Verhältnis extrem unausgeglichen. Moderatoren, Sprecher und Experten sind alle überwiegend männlich. Ja, damit ist es offiziell: Männer erklären uns die Welt. Einmal mehr …
Solange wir selbst mit diesem Bild bisher scheinbar irgendwie leben und uns damit arrangieren konnten, sollten wir zumindest an die künftigen Generationen denken. Wir kennen den Spruch „The future is female“, dabei sollten wir im ersten Schritt an „The future is equal“ denken. Und das ist bisher noch lange nicht gesichert. Denn im Kinderfernsehen kommen, egal ob Lizenzprogramm oder Eigenproduktion, auf eine weibliche Figur sogar drei männliche. In der Fantasiewelt ist der Unterschied am stärksten. Dort besteht ein Verhältnis von eins zu neun. Und das ist der eigentliche Schock: Denn, was wollen wir den Kindern denn vermitteln? Den Jungs gehört die Welt? Wenigstens hier sollte es doch allen Beteiligten wichtig sein, dass ein ausgeglichenes Verhältnis herrscht. Aber ausreichend gute Vorbilder für Mädchen? Fehlanzeige.
Quelle aller Grafiken: MaLisa Stiftung
Auf der Suche nach Lösungen
„Wir sollten uns der Macht von Bildern immer bewusst sein“, so Maria Furtwängler gestern auf der Pressekonferenz. „Ganz besonders, wenn es um das Kinderfernsehen geht.“ Finden wir auch. Und hoffen, dass es einfach an der Zeit war, diese Missverhältnisse mit Fakten zu untermauern. Die letzte Untersuchung dieser Art wurde schließlich in den 90ern erhoben. Genauso wie sich Diversität nicht in den Unternehmen und Vorständen von einem Tag auf den anderen herbei schnipsen lässt, ist das auch auf den deutschen Bildschirmen nicht zu erwarten.
Natürlich wurde gestern nach Lösungen gesucht. Nach Wegen, wie wir das TV- und Filmprogramm diverser gestalten können. Und man hatte zumindest das Gefühl, dass sich die VertreterInnen der Sender und Chefinnen der Filmförderungen, die gestern auf dem Podium saßen, ihrer Verantwortung bewusst waren. Eine Quote für das deutsche TV und Film wurde nicht ganz ausgeschlossen, zudem darüber geredet, dass sich mehr und mehr Produktionsfirmen zu verpflichten, auch Regisseurinnen für Projekte vorzuschlagen. Um das Ungleichgewicht in der TV-Information aufzuwiegen, plant Maria Furtwängler zudem langfristig, eine Expertinnen-Datenbank aufzubauen, angelehnt am amerikanischen Beispiel „SheSource“.
„Wir sind eine Vermittlungsagentur für Geschlechterbilder“, sagte Karola Wille, Ard-Vorsitzende und Mdr-Intendantin auf dem Podium. Eine Erkenntnis, die einiges verspricht. Die uns das Gefühl gibt, dass sich die Sender bewusst sind, was sie machen und wie sie entscheiden. Das Einzige, was jetzt noch fehlt, sind Taten. Denn sonst bleiben wir an dem jetzigen Punkt stehen und brauchen vielleicht noch zwei weitere Generationen, um das zu verstehen.
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